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24. November 2008

Garth Nix: Schwarzer Montag
Die Schlüssel zum Königreich – Teil 1

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 22:06

Schwarzer MontagWenn die Hauptfigur einer auf sieben Teile angelegte Jugendbuchserie ein eher schmächtiger Waisenjunge ist, der eines Tages entdeckt, dass neben seiner Realität noch eine andere, magische Welt existiert und dass er als deren Retter auserkoren ist, dann drängt sich ein Vergleich zu J. K. Rowlings “Harry Potter”-Büchern förmlich auf. Liest man jedoch die ersten paar Seiten von “Schwarzer Montag”, dem Auftaktband von Garth Nix Reihe um die “Schlüssel zum Königreich”, wird einem sehr schnell klar, dass Harry und Arthur viel weniger gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Denn anders als Harry, der von heute auf morgen in der zauberhaften Schulwelt von Hogwarts willkommen geheißen wird, stirbt Arthur am Anfang des Romans beinahe bei einem schweren Asthma-Anfalls – und wird nur dadurch gerettet, dass der pure Zufall ihn dazu ausersieht, der Reformator der geheimnisvollen Welt des “Hauses” – Mittelpunkt aller Schöpfung – zu werden. Zu diesem Zweck erhält er einen wie ein Minutenzeiger einer Uhr gestalteten Schlüssel, der es ihm ermöglicht, Dinge zu tun, die eigentlich unmöglich sein sollten: Der Schlüssel erleichtert dem schwer asthmakranken Arthur nicht nur das Atmen, er verschließt auch Türen, heilt Wunden, erweist sich als leistungsstarke Waffe und sogar als Flugobjekt. Recht schnell stellt Arthur jedoch fest, dass nicht alle Wesen aus der Parallelwelt des “Hauses” davon begeistert sind, dass er den Schlüssel erhalten hat. Herr Montag, der ursprüngliche Besitzer des Minutenzeigers, hetzt seine Handlanger auf den Jungen, um das Artefakt zurückzuerobern. Bald sieht sich Arthur von hundsgesichtigen Schlägern und engelhaften Wesen mit Flammenschwertern verfolgt. Als die zwielichtigen Gesellen dann auch noch eine gefährliche Seuche in Arthurs Welt einschleppen, ist für diesen das Maß voll. Er dringt in die Welt des “Hauses” ein, um ein Heilmittel zu finden, Herrn Montag zu stellen und dem Spuk um ihn herum endlich ein Ende zu bereiten.

Ähnlich wie Philip Pullmann im “Goldenen Kompass” greift Garth Nix mehr oder weniger subtil die Themen Religion und Freier Wille in seiner Erzählung auf. Das von der “Architektin” entworfene “Haus” und die von ihr geschaffenen “Sekundären Welten” sind schon recht deutliche Anspielung auf christlichen Schöpfungsmythen, vor allem wenn der “Alte” aus dem Kohlenkeller noch ins Spiel kommt. Aber die Bibel ist nicht die einzige Quelle, von der sich der australische Autor hat inspirieren lassen. Für den geheimnisvollen “Pfeiffer”, der Kinder in das “Haus” gebracht hat, stand wohl der Rattenfänger von Hameln Pate und auch wenn Arthur Penhaligon, als er das Haus betritt gänzlich andere Erfahrungen macht als seinerzeit die junge Alice nach ihrem Sturz durch ein Kaninchenloch, so findet sich der junge Protagonist doch in einem verwirrend-verrückten Wunderland wieder, im dem die Gesetze der Logik völlig außer Kraft gesetzt sind. Über das “Haus” regiert jedoch keine Herzkönigin, sondern sieben – nicht weniger biestige – Treuhänder, die diese Aufgabe von der “Architektin” übernommen haben, die vor langer Zeit verschwunden ist. Für ihre Stellvertreter hat sie zwar ein Vermächtnis zurückgelassen, das diese anleiten soll, doch über die Jahrtausende sind die Treuhänder – der Schwarze Montag, der Grimmige Dienstag und die anderen Morgigen Tage – schwach und korrupt geworden. Sie missbrauchen die Schlüssel, die sie erhalten haben und reformieren das “Haus” – und die “Sekundären Reiche” – nach eigenem Wohl und Weh.

Nix fabuliert richtig schön drauf los, wenn er von der kunterbunt-gefährlichen Welt des “Hauses” berichtet: da gibt es Aufzüge, die in Baumstämmen enden, Uhr-Männchen, die wie durchgeknallte Gewalttäter durch die Gegend streifen, sprechende Frösche, Unmengen an Papierakten und eine “unmögliche Treppe”. Gottlob gibt es da noch Susi Türkisblau, eines der wenigen Kinder im “Haus”, die – zunächst unfreiwillig, dann bewusst – zu Arthurs Touristenführer und Helfer wird. Der weiß bald nich mehr, wo ihm der Kopf steht, und dadurch wird seine Quest auch für den Leser zu einem furiosen Abenteuertripp.

Die Taschenbuchausgabe aus dem Bastei Lübbe-Verlag ist übrigens sehr schön gestaltet. Besonders erfreulich dabei ist, dass sowohl das Nachwort von Michael Peinkofer als vor allem auch die zahlreichen illustrativen Bleistiftzeichnungen von Daniel Ernle in dieser Auflage enthalten sind.

Obwohl “Schwarzer Montag” – dem Alter seines Protagonisten entsprechend – eher jugendorientierte Fantasy ist, legt Garth Nix mit dem Auftaktband seines Siebenteilers einen spannenden Roman vor, der einen Einblick auf einen obskur-skurillen Kosmos gewährt, von dem wir noch lange nicht alles gesehen haben und der sicher auch unter älteren und erwachsenen Lesern seine Anhänger finden wird.

Fakten:

Titel: Schwarzer Montag
Autorin: Garth Nix
Reihe: Die Schlüssel zum Königreich, Band 1 (von 7)
Original-Titel: Mister Monday
Übersetzung: Axel Franken
Verlag: Bastei-Lübbe, Oktober 2008
Aufmachung: Taschenbuch, 350 Seiten
Preis: € 8,95

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