Darkstars Fantasy News


7. Oktober 2009

Paranormale Fantasy-Selektion Frühjahr/Sommer 2009

Category: News,Rezensionen,Romane – Darkstar – 13:29

Santa OliviaIm Mai hat hwm zum ersten Mal hier auf meinem Webblog ihre persönlichen Fantasy Lese-Highlights vorgestellt. Damals hatte ich darauf hingewiesen, dass ich sehr dankbar bin, dass hwm als Gast-Bloggerin – voraussichtlich quartalsweise – ein bisschen über die Neuerscheinungen auf dem englischsprachigen Markt plaudert; das ist nämlich ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, dass ich aber aus diversen Gründen in den letzten beiden Jahren sträflich vernachlässigen musste. Seit hwms letztem Gastblog ist etwas mehr Zeit als üblich vergangen – ein Fakt, der auch auf mein Konto ging. Deshalb bin ich froh, dass ich heute ihre Urban Fantasy-Selektion für den Zeitraum Frühjahr/Sommer 2009 mit euch teilen kann. Zunächst aber stellt sich die Rezensentin mit ihren eigenen Worten vor:

Hallo allerseits!

Vielleicht kennen mich manche von euch durch meine Rezensionstätigkeit auf amazon.de. Ich bin eine Mittzwanzigerin, komme aus Österreich und bin leidenschaftliche, wenn auch kritische Fantasyleserin. Ich habe nichts mit dem Verlagswesen oder dem Buchhandel zu tun und bezahle all meine Bücher aus eigener Tasche.

Anfang des Jahres hat mich Darkstar dazu eingeladen, ein paar meiner Entdeckungen und Favoriten hier vorzustellen. Bei der Gestaltung und Auswahl ließ er mir weitgehend freie Hand. Beides befindet sich noch im Entwicklungsstadium. In diesem Quartal ist es mir zwar gelungen, doch es ist nicht leicht, immer mindestens sechs aktuelle Romane zu finden, von denen ich vollkommen überzeugt bin.

Teils liegt das daran, dass ich viel Fantasy lese und kritisch geworden bin. Außerdem stehen mir nicht immer die neuesten Bücher zur Verfügung, da ich auch auf mein Budget achten muss – oder ich entdecke sie erst Monate nach ihrem Erscheinen. Es kann also sein, dass ich euch Bücher vorstellen werde, die es schon im gebunden Format gibt und als Taschenbuch neu herauskommen oder etwas ältere, die ich in der früheren Auswahl übersehen habe. Ich hoffe, ihr findet auch so etwas Lesenswertes.

Viel Spaß beim Lesen und Entdecken,

hwm

Hwm’s Paranormale Fantasyauswahl: Frühjahr/Sommer 2009

Norse CodeTitel: Norse Code
Autor: Greg van Eekout
Genre: Paranormale Fantasy
TB; Seitenanzahl: 292
Erscheinungsdatum: 19.05.2009
hwm’s Bewertung: 8 von 10 Sternen
Reihe: Einzelband

Als Kind verschlang ich massenweise Märchen, Fabeln und Mythen – kein Wunder, dass ich beim Fantasygenre landete. Am meisten beflügelten die nordischen Mythen meine Vorstellungskraft – die Geschichten von Odin Einauge, dem hinterlistigen Loki, dem Fenriswolf und natürlich dem Weltenende Ragnarok, an dem die Götter in ihre letzte Schlacht ziehen würden. Offensichtlich erging es Greg van Eekout ähnlich und er verarbeitete diese Mythen in seinem ungewöhnlichen Paranormalen Fantasybuch Norse Code.

Norse Code spielt mit der Idee, wie sich diese Götter am Weltenende verhalten würden. Den nordischen Mythen nach würde ja ein Großteil von ihnen sterben (Odin wird von Fenrir gefressen, Thor von der Midgardschlange getötet), während andere überleben und die Welt neu besiedeln würden. Über andere wiederum besagen die Prophezeiungen nichts. Würden sie versuchen Ragnarok herbeizueilen, zu verhindern oder würden sie sich stoisch ihrem Schicksal überlassen? Hermod ist einer jener Asen, die ihr Schicksal nicht kennen. Seit er daran gescheitert ist seinen Bruder Baldr aus Helheim zurückzubringen und damit Ragnarok frühzeitig abzuwenden, durchstreift er die Menschenwelt und will nichts mehr mit seiner Sippschaft zu tun haben. Doch die Zeichen, dass Ragnarok sich nähert, häufen sich und so gleichmütig wie er sich gerne gibt, ist Hermod nicht.

Mist ist weder edelmütig noch nonchalant. Sie und ihre Schwester Lili kamen bei einem Schusswechsel ums Leben und während sie selbst als Valkyrie wieder zum Leben erwachte, musste Lili ins Totenreich Helheim. Als Valkyrie muss Mist Männer für die letzte Schlacht gewinnen – doch die Arbeit ist ernüchternd. Also pfeift Mist auf ihren Job bei Norse Code und macht sich auf die Suche nach dem Gott Hermod. Denn dieser Ase ist der einzige, dem es je gelungen ist aus Helheim zurückzukehren und Mist will ihre Schwester aus den Klauen Hels befreien.

Norse Code ist ein erfreulich eigenwilliges Buch, das mit dem Grundmaterial hervorragend umzugehen weiß. Eekhout setzt die nordischen Mythen sehr plastisch um, weiß wann er detailgetreu sein muss und wann er ihnen überraschende Wendungen geben kann. Mit Hermod ist dem Autor ein verschrobener, eigenbrötlerischer Hauptcharakter gelungen, den man einfach lieb gewinnen muss. Mist hingegen, machte dem Autor einige Schwierigkeiten. Sie wirkt nicht ganz so rund wie Hermod.
Die Handlung schreitet zügig voran, gegen Ende überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und man stolpert von einer überdimensionalen Actionszene in die nächste. Eekhout tut sein Bestes, muss er den nordischen Mythen doch treu bleiben. Allerdings ist manchmal es zuviel des Guten. Norse Code gut und gerne weitere 300 Seiten Material vertragen, insbesondere bei der Charakterentwicklung.

Alles in allem handelt es sich um einen gelungenen Debütroman, den ich an jedem Paranormalen Fantasyleser weiterempfehlen würde. Immerhin gibt es hier weder Vampire, noch Werwölfe oder Dämonen und das ist ein nicht zu unterschätzender Bonusfaktor ;-)

*** 

I am not a serial killerTitel: I Am Not A Serial Killer
Dt. Titel: Ich bin kein Serienkiller
Autor: Dan Wells
Genre: Psychologischer Horror, YA
TB; Seitenanzahl: 292
Erscheinungsdatum: UK: 05.03.2009, USA: April 2010
hwm’s Bewertung: 9 von 10 Sternen
Reihe: I Am Not A Serial Killer, Mr. Monster, …

Psychologischer Horror findet sich normalerweise nicht in meinem Lesestapel. Dan Wells habe ich entdeckt, weil er zusammen mit Brandon Sanderson (Warbreaker) einen erstklassigen Podcast für angehende Autoren betreibt. Auch wenn Horror nicht zu meiner üblichen Lektüre gehört, wurde meine Neugier geweckt. Zum Glück, ansonsten wäre mir eine fantastische Geschichte entgangen.

John Wayne Cleaver ist 15 Jahre alt und sich ziemlich sicher, dass es sein Schicksal ist, ein Serienmörder zu werden. Deswegen hat er eine Reihe von Regeln aufgestellt, die ihn daran hindern sollen. Er geht Tieren aus dem Weg, vermeidet Konfrontationen und hat einen Alibifreund. Nur weil John ein Soziopath ist, alle Früherkennungsmerkmale eines Serienmörders aufweist und sich sein Name sich mit drei verschiedenen Serienmördern in Verbindung bringen lässt, heißt dass nicht, dass er selbst einer werden möchte.

Die guten Vorsätze halten, bis eine Mordserie das verschlafene Örtchen in Panik versetzt und John sein inneres Monster freilässt um den Mörder zu schnappen.

I Am Not A Serialkiller kann man sich als eine Mischung zwischen Dexter, Six Feet Under und dem Besten von Wolfgang Hohlbein vorstellen.
Getragen wird die Geschichte vom Ich-Erzähler John Wayne Cleaver, einem faszinierenden Charakter. Er ist Soziopath mit hohem Aggressionspotential und sich dessen bewusst. John versucht seine fehlende Empathie, sein fehlendes Gespür für normale menschliche Interaktionen durch Logik wettzumachen und seine Aggressionen im Zaum zu halten. Dieser oftmals scheiternde Kampf eine, wenn schon nicht normale, möglichst harmlose Fassade aufzubauen, erweckt wiederum Empathie im Leser. Umso schockierender sind die Szenen in denen Johns Triebe, die er „Mr. Monster“ getauft hat, mit ihm durchgehen. Man weiß zwar, dass er kein netter Junge ist, aber seine normalerweise kontrollierten Gedanken in diesen Momenten zu lesen, ließ mir die Schauer über den Rücken fahren. Interessant sind auch die Reaktionen seiner Umwelt, die überforderte Mutter, der ahnungslose Alibifreund, der besorgte Psychiater. Alles in allem handelt es sich auch bei den Nebenfiguren um runde, vielschichtige Charaktere.
Die Handlung beginnt als eine Leiche in das Beerdigungsinstitut eingeliefert wird und John, der gerne im Familienunternehmen mithilft, entdeckt, dass dem Toten eine Niere fehlt. Wenige Tage darauf wird eine weitere Leiche mit entwendeten Organen gefunden und John ist sich sicher: in seiner verschlafenen Ortschaft geht ein Serienmörder um! Ich möchte nicht zuviel verraten, aber dieser Serienkiller hat einen paranormalen Hintergrund.
Schließlich stellt sich die Frage, wer das wahre Monster ist. John, der all seine Regeln über den Haufen geworfen hat um den Mörder zu schnappen oder der Mörder.

Handlungs- und Spannungsbogen sind charakterorientiert. Es gibt kaum Actionszenen, fast die ganze Spannung basiert auf persönlichen Dramen. Dafür ist diese Art von Spannung umso höher.

I Am Not A Serialkiller habe ich hier vorgestellt, weil es sich erstens um eine packende, charakterorientierte Geschichte handelt und zweitens, weil es sich als Psychologischer Horror, Thriller oder gruselige Paranormale Fantasy lesen lässt und Erwachsene und Jugendliche gleichermaßen anspricht.

*** 

Santa OliviaTitel: Santa Olivia
Autor: Jacqueline Carey
Genre: Paranormale Fantasy
TB; Seitenanzahl: 352
Erscheinungsdatum: UK29.5.2009
hwm’s Bewertung: 9 von 10 Sternen
Reihe: derzeitiger Status ist Einzelband

Jeder Autor möchte eine erfolgreiche Reihe schreiben. Dieser Traum wird alsbald zum Albtraum, wenn jeder Versuch etwas anderes zu veröffentlichen im Vergleich ein kommerzieller Misserfolg wird. Jacqueline Carey kennt dieses Problem. Während sich ihre Kushiel-Reihe und deren Ableger höchster Beliebtheit erfreuen, entwickelte sich ihre High Fantasy Dilogie Banewreaker, Godslayer zum Reinfall. Auch mich konnte diese Dilogie nicht überzeugen.

Santa Olivia stellt also den zweiten Versuch Careys dar, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Abgesehen davon, dass es sich um mutige, Grenzen auslotende und hervorragend geschriebene Geschichten handelt, haben Santa Olivia und die Kushiel Reihe wenig gemein.

Santa Olivia einzuordnen ist nicht leicht – es ist ein Schmelztigel verschiedenster Einflüsse: Nah-Zukunft, postapokalyptische, militärische Science Fiction, Dystopie, Superhelden Comics und Boxerstory gehen Hand in Hand mit Paranormalen Fantasyelementen. Unterschwellig werden allerlei brisante Themen behandelt – von Fremden- und Immigrationspolitik über Sexualität, Machtmissbrauch u.v.m. Für wen ist diese mutige, wenn auch seltsame Mixtur geeignet? Für jeden, der wie ich gerne Paranormale Fantasy liest, Neuem aufgeschlossen ist und eine hervorragende Geschichte genießen will. Santa Olivia mag mehr Science Fiction Elemente enthalten, liest sich aber wie Paranormale Fantasy bzw. wie PF, die sich nicht von den Zwängen des Genres unterwirft.

Um die Pandemie, die weltweit Millionen von Menschen hinwegraffte, einzugrenzen, wurde zwischen Mexiko und den USA eine Militärzone eingerichtet. Niemand weiß, dass es dort noch Zivilisten gibt, Einheimische, die vom Militär mit eiserner Hand regiert werden und als Dienstboten und zur Unterhaltung missbraucht werden. Die einzige Möglichkeit zu entkommen ist einen Boxwettkampf gegen den derzeit herrschenden Militärchampion zu gewinnen – ein Unterfangen, das noch niemandem gelungen ist.

In diese Hölle auf Erden wird ein Kind ohne Furcht geboren. Loups Vater war ein entflohenes, genetisches Experiment, designt um als perfekte Waffe zu dienen, ihre Mutter eine mittellose Einheimische. Loup hat alle Stärken ihres Vaters geerbt und all seine Schwächen. Tagtäglich sieht sie die Grausamkeit und Willkür des Militärs und beschließt schlussendlich etwas dagegen zu unternehmen. Im Namen Santa Olivias, dem Patron ihrer Heimatstadt, wird sie zur Rächerin, bis ihr das Schicksal einen Strich durch die Rechnung macht.

Im Gegensatz zu der Kushiel-Trilogie wird Santa Olivia in der Dritten Person erzählt. Mit Loup Garou, der Hauptfigur ist Carey ein Kunststück gelungen. Loup ist genetisch bedingt furchtlos, auch andere Gefühle wie Neid oder Hass sind davon betroffen. Besonders deutlich wird dieser Unterschied in den Szenen, die aus ihrer Sicht erzählt werden. Immer würde diese Erzählperspektive jedoch nicht funktionieren. Deswegen wird der Großteil aus der Sicht anderer erzählt. Sie transportieren jene Emotionen, die Loup fehlen, für Spannung und eine ausgewogene Geschichte allerdings notwendig sind. Damit entsteht auch etwas Distanz zur Hauptfigur. Für Leser/innen von Paranormaler Fantasy, die zumeist tief in die emotionalen Wirrungen des Protagonisten eintauchen, kann das ungewohnt sein.

Im Rahmen einer Paranormalen Fantasy und für jemanden wie mich, der kaum Science Fiction liest, ist das Setting neu und aufregend. Die Autorin hat ihr „Was wäre wenn“-Szenario gut durchdacht. Politische Themen durchziehen das ganze Buch, wirken allerdings nie erdrückend.

Das einzige Problem, das ich mit Santa Olivia hatte war das Ende, das etwas zu glatt geriet. Nach allem, was Loup durchmachen musste, fielen ihr in den letzten paar Seiten alle Dinge zu rasch und zu einfach in den Schoß. Hier hatte ich mir mehr erhofft.

Falls Carey beschließt aus diesem Buch eine Reihe zu machen, werde ich sie mir aber auf jeden Fall zulegen. Santa Olivia kann als Einzelband funktionieren, auf den allerdings weitere Bände folgen könnten. Nicht alle Handlungsfäden werden am Ende abgeschlossen.

Weiters gelesen: Turn Coat von Jim Butcher, White Witch, Black Curse von Kim Harrison, Blue Diablo von Ann Aguirre, Ghost Ocean von S.M. Peters, Red-headed Stepchild von Jaye Wells, Mark of the Demon von Diana Rowland

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