Darkstars Fantasy News


29. Januar 2011

Die Herren von Winterfell – Die Neuausgabe

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 12:30

Die Herren von Winterfell (2010)Inzwischen habe ich sie durch, die vollständig überarbeitete Neuausgabe von “Die Herren von Winterfell“, die vor einigen Wochen bei Blanvalet erschienen ist. Und natürlich war es großartig, sich erneut nach Westeros zu begeben, wo sich beinahe unbemerkt im eisigen Norden eine unheimliche Gefahr zusammenbraut, während im Süden des Kontinents zahllose Parteien Ränke schmieden, um den Thron der Sieben Königslande an sich zu reissen.

Über den Inhalt brauche ich hier vermutlich nicht mehr viel zu verraten; und wer “Die Herren von Winterfell” wider Erwarten doch nicht kennt, der sei auf meine Rezension hier verwiesen.  Konzentrieren wir uns im Folgenden also komplett auf die Pros & Kontras der Neuausgabe.

Zugegeben, die nicht mehr zeitgemäßen und teilweise nicht nur extrem unpassenden, sondern auch recht – nunja – abschreckenden Titelbilder der ersten Auflage allein rechtfertigen bereits eine Neuauflage der Saga in ansprechendem Gewand.

Leider gibt es hier bereits einen kleinen Kritikpunkt: Das Cover zeigt – an sich eine wirklich super Idee – das Wappen der Starks, umschlungen von kleinen Drachen. Das Wappen der Starks wird im Buch beschrieben als “ein grauer Schattenwolf auf eisweisem Feld”. Die Titelillustration zeigt uns allerdings einen pergamentfarbenen Schattenwolf auf schwarzem Feld. Ich will hier kein Fass aufmachen und auch nicht Kleinlich sein, aber George R. R. Martins Epos hat eine Fanbase, die sehr akkribisch sein kann. Eine Fanbase, die auf Internetseiten über Jahre sämtliche Andeutungen aus den Büchern gefiltert und interpretiert, sämtliche Prophezeiungen zu deuten versucht hat. Das sollte Blanvalet wissen und in Anbetracht dieser Tatsache ist es doch verwunderlich, dass man sich bei der Titelgestaltung nicht genauer an die literarische Vorlage gehalten hat.

Ansonsten allerdings ist die Taschenbuchauflage sehr, sehr schön gelungen; der Umschlag fühlt sich leicht gummiartig an, der ungewohnt, aber – wie ich persönlich finde – extrem nett in der Hand liegt.

Auf den Umschlagsinnenseiten ist die zweiteilige Karte von Westeros abgebildet (vorne im Buch der Norden, hinten im Buch der Süden), etwas stilisierter als man sie aus dem Original kennt und in Brauntönen eingefärbt: Gelungen!

Nun zur Übersetzung. Es handelt sich auch weiterhin um die Übersetzung von Jörn Ingwersen, die von Sigrun Zühlke “vollständig durchgesehen und überarbeitet” wurde. Nun muss man sagen, dass die alte Übersetzung eigentlich gar nicht so schlecht wie ihr Ruf war. Finde ich jedenfalls.

Mit das größte Problem seinerzeit war freilich sicher, dass Ingwersen die eine Hälfte der Namen und Begriffe übersetzte (z. B. das Bluttor und das Hügelland), andere jedoch einfach im Original beließ (ob es sich nun um das Schwert Ice, die Hauptstadt Kings Landing oder die Adelsfamilie der Greyjoys handelte).

In der Neuübersetzung machte man sich also daran, dieses Manko zu beheben. Man hat sich dafür entschieden, sämtliche Namen einzudeutschen. Das erscheint schon allein aufgrund der Tatsache verwunderlich, dass HBO die Romane ja opulent als TV-Serie verfilmt; sollte die auch nach Deutschland kommen (was ich stark hoffe), gehe ich allerdings davon aus, dass man die englischen Namen der Figuren und Orte beibehält, was wiederum dazu führt, das Buchvorlage und Serienadaption in der deutschen Synchro voneinander abweichen. So löblich ich das Eindeutschen also einerseits finde, so sehr verwundert es mich in diesem Fall.

Am schwersten dürften es die Fans haben, sich an die neuen Namen zu gewöhnen. Wenn aus Ice nun Eis wird, aus Dragonstone Drachenstein und aus den Iron Islands die Eiseninseln, dann ist das kein Problem. Wenn aus dem Hause Greyjoy nun das Haus Graufreud wird, aus den Lannisters die Lennisters (häh?) und aus Jon Snow Jon Schnee, aus Highgarden Rosengarten und aus Daenerys Stormborn Daenerys Sturmtochter wird, dann ist das schon seltsamer. Aber, soviel sei verraten, man gewöhnt sich daran, wenn man sich erstmal eingelesen hat. (Bleibt die Frage, warum die Pools allerdings weiterhin die Pools blieben).

Über einige Übertragungen ins Deutsche stolpert man aber auch nach dem zwanzigsten Lesen noch, weil diese, oft nur halb übersetzt, einfach schrecklich klingen. Ein paar Beispiele gefällig:

Aus Seagard wird Seegart, aus der Eyrie wird Hohenehr.

Besonders schlimm ist aber für mein Stilempfinden, wenn Kings Landing nun Königsmund wird, aus Lannisport Lennishort und – sorry, hier kringeln sich mir die Fußnägel hoch – aus Casterly Rock nun Casterlystein!

Martin hat sich für seine Serie von den britischen Rosenkriegen inspirieren lassen und die ganzen Anreden und höfischen Umgangsformen (Ser Jaime, z. B.) sind doch arg ans Britische angelegt. Hier hätte man entweder konsequent auch sämtliche Anreden übersetzen müssen oder man hätte eben sämtliche Namen und Ortsbezeichnungen im Englischen belassen, bzw. nur die geändert, wo es augenscheinlich gewesen war.

Und warum Handschuhe aus Moleskin in der neuen Übersetzung nun Handschuhe aus Hirschleder sind, begreife ich auch nicht. Klar, Handschuhe aus Moleskin war schon ein sehr übler Patzer in der ursprünglichen deutschen Übersetzung, aber moleskin ist eben Maulwurfsleder und nicht Hirschleder.

Wer zudem gehofft hat, die deutsche Neuausgabe würde nun die englische Originalausgabe des ersten Bandes ebenfalls komplett enthalten, wird leider enttäuscht. “Die Herren von Winterfell” enthält erneut nur die erste Hälfte von “Game of Thrones”. Schade, aber durchaus vertretbar, vermutlich sind die Lizenzrechte für die Saga nicht gerade billig.

Schön wäre es allerdings gewesen, wenn man – vielleicht sogar in Zusammenarbeit mit den zahlreichen Fans, die das u. U. sogar für einen Apfel und ein Ei gemacht hätten – ein bisschen Bonus-Material ins Buch gepackt hätte, um jenen Lesern, die die Erstausgabe bereits besitzen, einen weiteren Anreiz zu bieten, bei der Neuausgabe zuzuschlagen.

Alles in Allem kommt es bei der Neuausgabe der “Herren von Winterfell” vermutlich darauf an, welcher Leser-Gruppe man angehört, ob sich die Neuanschaffung lohnt:

Hardcore-Fans werden vermutlich ohnehin bereits aus Sammelleidenschaft zuschlagen.

Für neue Leser, die die Saga bis jetzt noch nicht kennen, stellt die Neuausgabe definitiv ein perfekter Start dar, um zuzugreifen.

Fans, die die alten Ausgaben besitzen, sollten abwägen, ob sich für sie der Kauf definitiv lohnt. Oder ob sie vielleicht einfach auf die “Ausgabe zur TV-Serie” warten, der doch wahrscheinlich auch irgendwann noch kommt.

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9 Comments »

  1. Ich weiss nicht … Graufreude, Königsmund, Lennisters. Hört sich schrecklich an. In einer Geschichte, die klar einen englischen Bezug hat, finde ich eine solche Übersetzung schrecklich

    Kommentar by Peter Segmüller — 29. Januar 2011 @ 13:08

  2. Stimme euch da zu 100% zu.
    Die alte Übersetzung fand ich eigentlich recht gelungen, eben weil Namen usw. in der Regel nicht eingedeutscht wurden. Neuübersetzung sind anscheinend öfters Quark (siehe auch Wolfgang Krege – Herr der Ringe)

    Das neue Cover, und die ganze Aufmachung finde ich deutlich besser als die alten Blanvalet Ausgaben, schön gemacht. Schade dass die englische Bände immer noch aufgeteilt werden. Ich lese zwar mittlerweile quasi nur noch im Original, aber deutsche Hardcoverbände in mindestens obiger Aufmachung, komplett Analog zum Original und in gescheiter Übersetzung, würde ich mir sogar kaufen.
    Auf die eventuellen Bücher zum Film würde ich jedenfalls nicht warten, da wird das Cover vermutlich ehr grässlich werden.

    Kommentar by Sebert — 29. Januar 2011 @ 14:03

  3. Ich habe die alten Ausgaben zuhause und habe ohnehin an eine Art re-read gedacht. Bisher war ich aber nicht sicher, ob ich da nicht doch die neuen Bände daneben stelle. Wenn ich nun aber lese, was Du schreibst … ähm also ich glaube nicht, dass ich mich daran gewöhnen kann. Die Übersetzung von Casterly Rock hat mich zum Lachen gebracht ;)

    Kommentar by Soleil — 29. Januar 2011 @ 17:23

  4. Wie gesagt, wer die Bücher noch nicht hat und kennt, dem würde ich schon zur neuen Ausgabe raten. Wer jedoch die alten kennt, der wird sich zunächst schwer tun.
    So schlimm ist es nicht, nur halt sehr ungewohnt!
    Und man hätte halt bei ner Neuauflage wesentlich mehr raußholen können.

    Andererseits: Sicher wird DANCE irgendwann auch nur in der neuen Übersetzung erscheinen, dann lohnt sich die Anschaffung vielleicht doch ,-)

    Kommentar by Darkstar — 29. Januar 2011 @ 18:20

  5. Moleskin [m??l sk?n] (der oder das, englisch für ‘Maulwurfsfell’), auch Englischleder oder Pilot(-stoff), ist ein schwerer, robuster Baumwollstoff in Atlasbindung mit hoher Schuss- und geringer Kettdichte. Die Kette besteht meist aus gezwirntem, der Schuss aus weich gedrehtem Garn. Nach dem Weben wird er im Gegensatz zum Deutschleder linksseitig geschmirgelt und aufgeraut, was ihm eine weiche, an Wildleder oder Samt erinnernde Oberfläche und Griff verleiht. Insbesondere in England ist Moleskin auch noch als wärmerer und robuster Arbeitsanzugstoff für das Landleben beliebt. Der heute selten gewordene Moleskin wird überwiegend zu strapazierfähiger warmer Berufskleidung verarbeitet. Die Bundeswehr nutzte Moleskinbekleidung zur Ausstattung ihrer Soldaten, so waren bspw. die alten Oliv-Uniformteile aus Moleskin gefertigt.

    Kommentar by Olaf — 30. Januar 2011 @ 09:25

  6. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die alte Übersetzung vor einigen Jahren mal angefangen hatte, aber völlig frustriert zur Seite geworfen habe weil ich sie völlig daneben fand. Mein Stilempfinden haben die ganzen englischen Ausdrücke, die einfach nicht übersetzt wurden (z.B. das erwähnte Moleskin) so fürchterlich gestört, dass ich das Buch nach 30 Seiten aufgegeben und verschenkt habe. Von daher finde ich eine neue Übersetzung, die sich zumindest Mühe gibt Ortsnamen etc. einzudeutschen, grunsätzlich nicht schlecht. Sollte ich dem Buch aber je noch eine neue Chance geben, dann lese ich sowieso die englische Version.

    Neben der Übersetzung hatten mich aber auch die fürchterlich kurzen Kapitel gestört, weil ich immer das Gefühl hatte, ein Drehbuch zu lesen und keinen Roman. Daher freue ich mich sehr auf die Serie. Die Vorlage an sich scheint ja schon fast wie für eine Verfilmung gemacht.

    Kommentar by Steffi — 30. Januar 2011 @ 09:57

  7. Ohje, also die Übersetzungen klingen ja teilweise schon wirklich arg bedenklich. Ich würde eigentlich jedem empfehlen, der Englisch kann, die Bücher im Original zu lesen. Da geht nichts von der großartigen Sprache George R. R. Martins verloren und man muss sich nicht mit den seltsamen Übersetzungen auseinandersetzen.

    Kommentar by Shae — 30. Januar 2011 @ 20:45

  8. Ich kann die Bedenken verstehen bezüglich der Übersetzung und stimme auch nicht mit allen Entscheidungen der Bearbeiterin überein, muss aber doch mal eine Lanze brechen für die, die dem ganzen Übersetzungsdilemma gegenüberstehen, den Übersetzern und Bearbeitern. Wie man es auch macht, ist es schließlich nichts für so manchen Leser. Martin hat seine Namen leider zufällig so angelegt, dass es zum Übersetzungs-Dilemma kommen muss. Zieht man es voll durch, klingt es für viele deutsch-altbacken, macht man es uneinheitlich, ist es auch nicht ideal, lässt man alles, wirkt es auch wieder uninspiriert. Dass Lannister zu Lennister wurde, ist einfach eine phonetische Anpassung, die sicher nicht zwangsläufig nötig gewesen wäre, aber nachvollziehbar.
    Und alles wegen der TV-Serie jetzt englisch zu lassen, finde ich auch fragwürdig.
    Ich habe mich auch schon mal mit der reihenweisen Übersetzung von Fantasy-Ortsnamen rumgeschlagen und kann nur sagen, dass das nicht ohne ist.

    Kommentar by Anja — 31. Januar 2011 @ 09:58

  9. […] hat Blanvalet zwei Mal George R. R. Martins beliebten Serienauftakt “Die Herren von Winterfell” zur Verlosung bereit […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Noch ein Gewinnspiel zum Nautilus-Jubiläum | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy - ein Fantasy Blog — 16. Juli 2012 @ 14:19

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