Darkstars Fantasy News


17. Mai 2015

Interview mit Carrie Jones & Steven E. Wedel
zu ihrem Roman “SPIRIT – Du gehörst mir”

Category: Interviews – Darkstar – 10:00

SpiritVor ein paar Tagen ist “SPIRIT – Du gehörst mir” erschienen – der erste gemeinsame Roman der beiden US-Autoren Carrie Jones (Flüsterndes Gold) und Steven E. Wedel (Inheritance): eine packende Geistergeschichte im modernen Maine, die abwechselnd aus der Sicht zweier Teenager erzählt wird.

Mehr über den Roman erfahrt ihr in meiner Review – und natürlich im folgenden Interview mit Carrie und Steve, die so nett waren, mir diverse Fragen rund um ihr gemeinsames Projekt zu beantworten.

Interview mit Carrie Jones & Steven E. Wedel

Hallo Carrie, hallo Steve, welche Schlüsselwörter und welche Farben beschreiben die Atmosphäre von SPIRT am besten?

Steve: Das ist eine Frage, die mir noch nie gestellt wurde!

Das Schlüsselwort wäre denke ich “Familie”. Das Element der erweiterten Familie spielt eine große Rolle, denn hier geht es um einen Cousin und seine Cousine, um Großeltern, um Alans Suche nach dem Erbe seines Vaters und Aimees Verbindung zu ihrer verstorbenen Mutter.

Farben? Vermutlich sehr viel Grau und Schwarz, aber auch eine warme, freundliche Farbe, die sich nicht unterdrücken lässt – vielleicht ein helles Orange.

Carrie: Familie. Furcht. Diese beiden Worte, aus den Gründen, die Steve gerade erklärt hat.

Sowohl Aimee als auch Alan bedeuten ihre Familien sehr viel und das Risiko, Menschen zu verletzen, die man liebt, treibt die Handlung voran. Für beide erstreckt sich meiner Ansicht nach das Wort “Familie” über ihre Verwandten hinaus.

Was Aimee angeht, so würden alle Farben der Welt für sie stehen. Sie ist eine Künstlerin. Aber zum Zeitpunkt der Handlung ist ihr Innenleben von Dunkelheit überflutet, die nur von winzigen Stückchen Licht durchbrochen wird.

Es gibt also dieses Schwarze Loch, das all die anderen Farben verschluckt hat. Es gibt im Buch aber auch Momente, wo das Grün der Wälder von MAine und das Blaugrau des Flusses dominiert.

Was mögt ihr an Alan und Aimee am liebsten?

Steve: Aufgeben ist für sie nie eine Option. Menschen brauchen Hilfe, und sie zögern nicht zu versuchen, diese zu gewähren.

Carrie: Es ist toll, wie sehr sie sich um andere kümmern und wie heldenhaft sie sich verhalten: bis hin zur Selbstaufopferung. Und dabei sind sie sehr ehrlich.

Kommen queere Charaktere im Buch vor?

Steve: Nein, ich glaube nicht. Die Version, die veröffentlicht wurde, ist ein bisschen kürzer als das ursprüngliche Manuskript, in dem es ein paar weitere Nebenfiguren gab. Es ist möglich, dass eine oder zwei davon queer sind. Allerdings liegt die Arbeit am Buch schon eine ganz schöne Weile zurück (Anm.: die Originalausgabe wurde bereits 2011 in den USA veröffentlicht). Der einzige gestrichene Charakter, an den ich mich erinnere, ist Rusty, ein Nerd, und Alans einziger Freund.

Carrie:Für mich war Aimee beim Schreiben nicht 100% hetero. Ihre Mutter übrigens auch nicht. Steve weiß das nur nicht, weil es in dieser Geschichte keine Rolle spielt. Ich bin nicht gerade überragend gut, wenn es um Label bzgl. der Sexualität von Figuren geht. Davon abgesehen: Ich vermisse Rusty.

Moment mal, Alans einziger Freund wurde aus dem Roman gestrichen?!?

Steve: Es geschah, um die Geschichte etwas gleichmäßiger zu machen. Der Lektor hatte das Gefühl, dass die Stellen mit Rusty nicht wirklich zum dramatischen Teil der Geschichte beitrugen. Der Leser verliert nicht viel durch das Kürzen von Rusty. Für mich bekam man durch Rusty einfach einen Einblick darauf, wie Alan mit gleichaltrigen Jungs umgeht. Aber dass er keine anderen Freunde findet, macht die Schnelligkeit, mit der er sich mit Aimee anfreundet, glaubhafter, denke ich.

Das ist vermutlich richtig. Was hat euch dazu bewegt, diese Geschichte zu schreiben?

Steve: Daumenschrauben. Carrie weiß wirklich, wie man mit ihnen umgeht.

Ernsthaft, ich bin ein großer Fan von Der Exorzist und habe viel über dämonische Besessenheit und Exorzismus in verschiedenen Kulturen gelesen. Ich wollte ein Buch über diese Themen schreiben und ein Freund und ich haben uns über die Geisterkrankheit der Navajo-Indianer unterhalten. Dann traf ich Carrie und alles nahm seinen Lauf …

Und wie kam es, dass Du diese Geschichte mit ihr zusammen schreiben wolltest?

Steve: Ich hab sie mit Schokoriegeln bestochen. Wir trafen uns auf einer Convention in Oklahoma und haben uns sofort gut verstanden. Wir haben Witze darüber gemacht, ein Buch zusammen zu schreiben; aber nach der Convention sind wir in Kontakt geblieben – und unterhielten uns weiter darüber. Und als nächstes haben wir es dann einfach getan. Wir schrieben den ersten Entwurf innerhalb eines Monats.

After ObsessionWie gelingt es zwei Autoren, gemeinsam ein Buch zu schreiben? Gab es Zeiten, an denen ihr euch am liebsten gegenseitig umgebracht hättet, weil ihr nicht einer Meinung ward?

Steve: Kann sein, dass sie mich zwischendurch gern ermordet hätte, aber sie ist viel zu nett, dass jemals zuzugeben. Mir ging es zu keiner Zeit so. Inzwischen haben wir übrigens bereits vier Bücher zusammen geschrieben und das hat außerordentlich viel Spaß gemacht.

Wir machen keine Outlines, deshalb wissen wir nie, was der andere schreiben wird, bis wir es lesen.

Carrie: Ich will ständig Leute umbringen. Nein! Das ist eine Lüge. Ich will einfach nur Steve umbringen. (grinst)

Dadurch, dass wir die Geschichte nicht durchplotten, und uns gegenseitig Kapitel via eMail hin und herschicken, wird das Schreiben zum Abenteuer. Die Kapitel des jeweils anderen bringt dich dazu, in eine Richtung zu gehen, die du als Autor allein vielleicht nie eingeschlagen hättest. Man probiert Sachen aus, die man vorher noch nicht ausprobiert hat und dadurch bekommt man die Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln.

Außerdem ist das wie ein Puzzle. Du stehst vor einem neuen Kapitel und fragst Dich: “Wie gehe ich damit um? Wie um Himmelswillen sollen sie es überleben, gemeinsam mit diesem rasenden Hamster in einem Aufzug festzustecken?” (grinst wieder) . . .

Inwiefern unterscheidet sich SPIRIT von den Romanen, die ihr getrennt voneinander schreibt?

Steve: Nun, was mich angeht, so hatte es zu diesem Zeitpunkt ein viel erfreulicheres Ende als viele der Bücher, die ich für ein erwachsenes Publikum geschrieben habe. Es war zudem mein erster Versuch, aus der Ich-Perspektive zu schreiben, und dann auch noch in der Gegenwart, und es dauerte eine Weile, bis ich mich daran gewöhnt hatte.

Carrie: Ich probiere als Autorin sehr viele unterschiedliche Sachen aus. Ich begann als Poetin und als Zeitschriften-Lektorin, Journalistin für den Sport-Teil und Kolumnistin.

Inzwischen schreibe ich Bilderbücher über Spione – und zwar geschichtliche Sachbücher, keine Fiction – und Jugendbücher sowohl ohne als auch mit phantastischen Themen. Ich schreibe Fantasy für Kinder. Die Romane mit Steven sind sich inhaltlich insgesamt ähnlicher als die restlichen meiner Werke und ein wenig angsteinflößender.

Nun, zumindest sind sie angsteinflößender als die Bilderbücher.

Wonach sucht ihr selbst in Büchern oder in der Popkultur?

Steve: Dem Unerwarteten. Einer der Gründe, weshalb ich George R.R. Martin’s Lied von Eis und Feuer liebe ist, weil es ihm gelingt, dass einem Figuren ans Herz wachsen und er diese dann umbringt. Wer sonst macht das? Ich meine, es ist logisch, aber unerwartet, und gut geschrieben.

Carrie: Ich bringe ständig Leute um. Ich mag es, wenn Autoren das nicht tun. Ich habe das Gefühl, dass ich nach etwas anderen Überraschungen suche als Steve. Ich mag die Überraschung, die aus einem Satz heraus entsteht, der anders endet als man das erwartet hätte. Ein Richtungswechsel, der aus dem Nichts kommt. Eine Phrase, die Emotionen oder Pathos auslöst, eine Stimme, die stark und wild und frei ist.

Was macht am meisten Spaß daran, für Jugendliche zu schreiben?

Steve: In der Schulbibliothek der Highschool, an der ich unterrichte, kann man sich tatsächlich die Jugendbücher ausleihen, die ich schreibe, so dass meine Schüler sie lesen können. Das ist ziemlich cool.

Zudem mag ich es, dass es im Jugendbuch eine gewisse Art Unschuld gibt – selbst wenn die Charaktere wirklich Schreckliches durchstehen müssen, behalten sie eine gewisse Art Hoffnung, die Erwachsenen verloren gegangen zu sein scheint.

Carrie: Jugendliche an sich. Sie sind brilliant und großartig und enthusiastisch und voller Leidenschaft und Hoffnungen und sie haben echt Hirn. Letzteres lässt mich jetzt vermutlich wie ein hungriger Zombie klingen, aber was ich damit meine ist, dass Jugendliche so intelligent sind: Sie lieben, was sie lieben. Sie hassen, was sie hassen. Und sie sind nicht schüchtern und teilen das der Welt auch mit. Diese Wahrhaftigkeit ist es, die ich so schätze und wegen der ich mich so geehrt und verdammt glücklich schätze, für Jugendliche zu schreiben.

Was ist das Verrückteste, über dass ihr jemals recherchiert habt?

Steve: Hm, schwierig. Psychologische Kriegsführung? Nein. Ich vermute, die Möglichkeit, menschliche Emotionen in Glasbehältern zu fangen, und zwar mittels Hilfe von Bärenfett und Elektroschocks.

Carrie: So viele Sachen!

Die Körperübernahme durch Aliens. Wie man Bomben macht. Wie man Meth macht. Wie sich Hamster fortpflanzen. Hasenfäkalien. Ich schwöre, das FBI hält mich unter genauer Beobachtung.

Steve, hast du eine Erklärung dafür, warum Du so gern über so dunkle Themen schreibst wie etwa denen in deiner Novelle Inheritance, in der eine Mutter sich an den Vergewaltigern ihrer Tochter grausam rächt?

Steve: Traurigerweise wurde diese Geschichte von einer wahren Begebenheit inspiriert. Was die Mutter erlebt, als sie nach Hause kommt, ist das, was jemandem passiert ist, den ich kenne. Nur, dass sie nicht auf die gleiche Weise reagiert hat wie meine Figur.

Was den Rest der Handlung angeht: der basiert darauf, was viel zu viele Frauen und Mädchen in gewalttätigen Beziehungen aushalten. Eigentlich bin ich ein ziemlich fröhlicher, normaler Kerl. Vielleicht auch, weil ich meine inneren Dämonen beim Schreiben verarbeite.

Carrie, verrätst Du uns, woran Du gerade arbeitest?

Carrie: Derzeit bin ich für sechs Bücher unter Vertrag.

Zwei davon sind Jugendbücher für Tor. Ich überarbeite gerade die Endfassung des ersten, in dem es um ein Mädchen geht, das bei einem Highschool-Basketballspiel erfährt, dass eine riesige Alien-Angriffswelle auf sie zurollt. Das Mädchen und seine Freunde werden in das ganze Durcheinander verwickelt.

Darüber hinaus arbeite ich an einer dreiteiligen Kinderbuchserie für Bloomsbury, in der es um ein Mädchen geht, das die Zeit anhalten kann. Ihre neuen besten Freunde sind ein Junge, der von Trollen aufgezogen wurde, der letzte Elf und ein Zwerg, der ein unausstehlicher Angeber und Aufschneider ist. Gemeinsam müssen sie eine magische Stadt vor einem Dämon beschützen, der früher selbst mal ein Zeit-Stopper war.

Und dann arbeite ich nebenher noch ab und an einem Fantasybuch für Jugendliche, in der die Hauptfigur die letzte Herrin vom See ist – und ihre Klasse vor einem Skelettfresser retten muss – und an einem romantischen Jugendbuch, das in Nashville, USA spielt. Rassissmus spielt darin eine große Rolle.

Wenn ihr einen fiktiven Charakter für einen Abend treffen könntet: Wer wäre das und warum?

Steve: Aus meinen eigenen Büchern wäre das Josef Ulrik. Aus den Büchern anderer … entweder Steinbecks Tom Joad oder Dickens David Copperfield, der, natürlich, einfach Dickens selbst ist.

Carrie: Das ist die schwierigste Frage im ganzen Universum!

Doctor Who. Ich weiß, das ist ein TV-Charakter, aber es gibt auch Bücher über ihn.

Oh! Und Captain Kirk und Spock! Weil ich wissen will, ob die beiden ein Pärchen sind und weil ich meine allererste Geschichte über die beiden geschrieben habe. Damals war ich in der vierten Klasse und natürlich haben sich beide in meiner Geschichte in mich verliebt.

Vielen Dank!

Hier geht’s zu den Websites der Autoren: Carrie Jones & Steven E. Wedel

Meine Review zu SPIRIT – DU GEHÖRST MIR findet ihr hier.

Meine Review zu FLÜSTERNDES GOLD findet ihr hier.

Ein älteres Interview mit Carrie Jones findet ihr hier.

Und falls ihr auf das Buch neugierig geworden seid:

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