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5. September 2009

Interview mit Maite Carranza

Category: Interviews – Darkstar – 13:00

Der Klan der WölfinDie Entdeckung von Maite Carranza war für mich ein kleiner Glücksgriff. Denn eigentlich bin ich nur durch Zufall auf das Hörbuch “Der Klan der Wölfin” gestolpert, den Anfang ihrer Trilogie um den Krieg der Hexen. Die Reihe erzählt eine Coming of Age-Geschichte vor dem Hintergrund der uralten Feindschaft der unsterblichen, grausamen Odish-Hexen gegen die sterblichen Omar-Hexen. Eine Geschichte mit viel Magie weitab von Harry Potter, mit vor allem weiblichen Figuren und einem interessanten mediterranen Setting (samt Ausflug nach Grönland). Die Romane haben mir so gut gefallen, dass ich über den Berlin Verlag versucht habe, ein Interview mit Maite Carranza zu bekommen. Und der Verlag hat mir tatsächlich helfen können. Danke dafür!

Interview mit Maite Carranza

Liebe Maite Carranza, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Vielleicht könntest Du Dich eingangs kurz selbst vorstellen?

Ich bin eine Geschichtenerzählerin. Ich bin eine Lehrerin. Ich bin eine Mutter. Ich bin eine Reisende. Ich liebe Bücher, Filme, Berge und ich schwimme jeden Tag. Das ist mein Leben.

Für die, die deine Krieg der Hexen-Trilogie noch nicht gelesen haben: Gib ihnen doch ein Gefühl dafür und ein paar Tipps, worum es in diesen Büchern geht.

Es ist eine moderne Hexengeschichte, ein aufregendes Abenteuer, zugleich episch und romantisch. Es ist aber auch eine Familiengeschichte. Die Handlung dreht sich um die Beziehung von Frauen aus drei verschiedenen Generationen: einem jungen Mädchen (der Hauptfigur), ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Wie alle Familien verbirgt auch diese schreckliche Geheimnisse.

Während ich das zweite Buch der Trilogie gelesen habe, bekam ich das Gefühl, dass du den übergeordneten Handlungsstrang der Reihe bereits früh durchgeplant haben musst. Als du also den zweiten und dritten Teil geschrieben hast, verlief da alles nach Plan?Die Eiswüste (Hörbuch)

Sicher. Im Großen und Ganzen entwickelte sich die Struktur wie geplant, aber einige Charaktere veränderte ich noch, vor allem Christine Olav. Sie entwickelten ein Eigenleben und zwangen mich, ihre wahren Geschichten zu schreiben. Ich fügte auch einige neue Begebenheiten ein und ich bereiste einige Länder, obwohl ich das ursprünglich nicht vor hatte.

Obwohl Hexerei eine große Rolle in der Trilogie spielt, ist sie weit davon entfernt, eine Harry Potter-Kopie zu sein. In deiner Welt scheint es bis auf einige Ausnahmen das Privileg der Frauen zu sein, Zauberei zu praktizieren. Wie kommt das?

Ich glaube nicht, dass Zauberkraft ein Privileg von Frauen ist, sondern ihr Fluch – und Tausende von Frauen aus ganz Europa mussten deshalb sterben. Über diese wollte ich schreiben. In Spanien ist Zauberei traditionell weiblich.

Was fasziniert dich an Hexen?

Sie sind die einzigen Phantasiegestalten, die es tatsächlich gegeben hat. Oder ist dir ein anderes Fabelwesen bekannt, das man verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt hat?

Wie ist die Idee entstanden, aus Erzebet Bathory eine Odish zu machen?

Die Odish entwickelte ich zuerst und stieß später aus Zufall auf Erzebet Bathory. Ich erkannte, dass sie sich wirklich sehr odish verhalten hat und ich entschloss mich dazu, sie ein Teil meiner Erzählung werden zu lassen. Sie ermordete 650 junge Mädchen, um deren Blut zu trinken und darin zu baden, weil sie jung, schön und unsterblich sein wollte. Wie meine Odish!

Der Fluch der OdiDu hast dich dafür entschieden, deine Geschichte in der realen Welt anzusiedeln. Im Verlauf der Trilogie besuchen wir Spanien, Ungarn, Island, Italien und sogar Südamerika. Fandest du das faszinierender als ein eigenständiges Universum zu erschaffen, wie es viele andere Fantasyautoren tun?

An der Uni habe ich Anthropologie studiert und halte unsere Welt für ebenso interessant, überraschend und aufregend wie eine Fantasywelt. Ich habe über Kulturen, die Hexerei praktizierten, recherchiert und versucht, über sie zu schreiben: Inuits, Sami und andere alte Kulturen, die sich uralte Verhaltensweisen bewahrt haben.
Das war so viel faszinierender, als selbst eine neue Welt zu erschaffen!

Glaubst du, dass deine Leser aus verschiedenen Teilen der Welt sich voneinander unterscheiden?

Sie sind beides gleichzeitig. Meiner Erfahrung nach hat jeder schon einmal von Hexen gehört. Hexen sind universell und sie sind der Schlüssel zum Erfolg der Bücher.

War of the Witches 02Der Fluch der Odi beendet die Geschichte von Anaíd (oder jedenfalls sieht es so aus). Ist das richtig? Und könntest du dir vorstellen, deine Figuren und diese Welt eines Tages noch mal zu besuchen?

Die Geschichte ist definitiv zu Ende, denn der Krieg der Hexen ist vorbei. Aber ein Leser hat mal vorgeschlagen, ich solle über die Vergangenheit von Demeter, Anaíds Großmutter, schreiben. Das halte ich für eine gute Idee. Sollte ich in Zukunft noch einmal das Gefühl haben, etwas über Hexen und ihre magische Welt sagen zu wollen, habe ich einen Charakter, über den ich dann schreiben kann.

Gibt es in deinen Büchern eine Szene, auf die du besonders stolz bist?

Ich bin stolz auf die Szene um das Treffen auf Kreta. Während ich das letzte Buch schrieb, hatte ich das Gefühl, die Geschichte würde noch eine Szene brauchen, die dem Plot eine neue Richtung geben würde, denn mit der Opferhaltung der Omar war ich nicht zufrieden. Plötzlich, eines Nachmittags, schrieb ich dieses Kapitel, ohne es vorher geplant zu haben und fand dadurch die Bedeutung der Omar-Geschichte. Ich erkannte, dass sie falsch lagen, weil sie in Furcht vor den Odish lebten und sich weigerten zu kämpfen. Die wahre Bedeutung der Ankunft der Auserwählten ist nicht das Ausmaß ihrer Macht, sondern dass dadurch die Mentalität ihres Stammes sich veränderte. Als ich das erkannte, war das wie eine Offenbarung.

Gefallen dir die Titelbilder der deutschen Ausgaben deiner Romane? Und wie wichtig denkst du ist ein Titelbild heutzutage?

Heutzutage sind Bilder und die Umschlaggestaltung sehr wichtige Konzepte. Ich liebe die deutschen Cover! Sie deuten Mystery an, Abenteuer und Fantasy. Sie sprechen mich an.

Maite Carranza Spanisches CoverWas plant die Autorin Maite Carranza sonst so momentan?

Gerade ist ein neuer Roman von mir erschienen. Es ist eine humorvolle, magische Geschichte um ein Mädchen und einen Jungen, die einen Sommer lang in Irland einen Englisch-Sprachkurs machen. Es geht um Liebe, Feen und Missverständnisse. Dem Feedback der Leser nach fanden diese den Roman lustig. Ich brauchte etwas zum Lachen, nachdem ich drei Jahre über so ein ernstes Thema wie Hexerei geschrieben hatte.

Vielleicht könntest du uns ein bisschen über deine Arbeitsweise erzählen, wenn du an einem Roman arbeitest. Wie sieht ein durchschnittlicher Tag dann aus?

Ich schreibe auch Drehbücher, dadurch benutze ich die gleiche Technik wie wenn ich einen Film entwickeln würde. Ich schreibe ein Exposé, ein Treatment und danach teile ich all meine Informationen in Kapitel ein. Erst wenn ich diese Struktur habe, die Plots, kann ich die Charaktere klar und deutlich vor mir sehen, sie hören und das Buch schreiben.
An einem normalen Tag stehe ich um 7 Uhr morgens auf und kümmere mich um die üblichen Haushaltsaufgaben, dann bringe ich meine Kinder in die Schule. Um 8:30 Uhr gehe ich Schwimmen und um 9:30 Uhr sitze ich auf meinem Stuhl, um für die nächsten sechs Stunden (jedenfalls ungefähr) zu Schreiben. Danach, so um 16:30 Uhr, bin ich wieder die perfekte Mutter und Hausfrau und fahre wieder zur Schule! Ich kümmere mich um die Hausaufgaben (die meines Sohnes, nicht meine) und mache das Abendessen.

War of the WitchesGibt es etwas, dass du bei der Arbeit an einem Roman absolut nicht ausstehen kannst?

Lärm.

Was ist deiner Meinung nach das Schlüsselelement, um lebendige Welten und glaubhafte Charaktere zu schaffen?

Die Figuren müssen komplex sein, um glaubwürdig zu erscheinen.

Hat dich dein Herausgeber jemals darum gebeten oder von dir verlangt, drastische Änderungen an einem Manuskript vorzunehmen?

Ein solches Erlebnis hatte ich mal, als ich ein Drehbuch geschrieben habe. Ich habe viele Dinge geändert, weil Regisseure, Produzenten und Schauspieler ihre eigene Meinung zu dem Film hatten. Einmal hat mich ein Produzent darum gebeten, das Geschlecht der Hauptfigur zu ändern. Er wollte einen Jungen haben, kein Mädchen. Das war zu viel für mich und ich hab den Auftrag an den Nagel gehängt.

Weißt du noch, worum es in deiner ersten Geschichte (oder deinem ersten Roman) ging? Und wie hast du bemerkt, Talent für das Schreiben zu haben?

Mein erster Roman war eine humorvolle Geschichte für Kinder und handelte von einem Jungen und einem Mädchen, die während eines verrückten Trips nach Kathmandu reisen. Er war erfolgreich und ich erhielt den Kritiker-Preis Katalinischer Jugendbücher. Das war der wichtigste Moment in meinem Berufsleben. Es waren die Kritiker, nicht ich selbst, die befanden, dass ich Talent zum Schreiben habe.

Wenn du einen fiktiven Charakter (aus deinen Büchern oder denen eines anderen) treffen könntest, wer wäre das und warum?

Julien Sorel. Er ist der Hauptcharakter von Le rouge et la noir, ein Roman von Stendhal. Ich habe ihn gelesen, als ich jung war und er faszinierte mich, weil er ein ambitionierter Latin Lover ohne Skrupel war.

Gibt es einen Roman (von einem anderen Autor), von dem du dir wünscht, du hättest ihn geschrieben?

Ali y Nino. Ein historischer Roman von Kurban Said, der während des ersten Weltkriegs spielt. Er ist so frisch, so poetisch und so bewegend … wundervoll!

Die Eiswüste (Spanien)Gibt es eine Frage, die du schon immer gern in einem Interview gestellt bekommen hättest, die bisher aber nie aufgetaucht ist? Wenn ja, wie lautet diese Frage und bitte verrate uns auch die Antwort darauf.

Niemand hat mich jemals gefragt, ob mein Leben als Autor anders wäre, wenn ich ein Mann wäre. Meine Antwort ist: JA, ABSOLUT! Manchmal vergleiche ich mein Leben mit männlichen Schriftstellerkollegen und dann werde ich neidisch. Sie müssen sich nicht um Probleme kümmern, die nichts mit dem Schreiben zu tun haben. Sie alle haben fantastische Frauen, die sich um die sämtliche Schwierigkeiten kümmern, sei es den Haushalt betreffen, körperliche, geistige oder familiäre. Ich bin stolz darauf, eine Frau zu sein, aber es ist so ermüdend!

Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast! Für die berufliche und private Zukunft alles Liebe und viel Erfolg!

Meine Rezensionen zu

Der Klan der Wölfin

Die Eiswüste

Der Fluch der Odi

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