4. Oktober 2020
Ihr möchtet das Interview auf Deutsch lesen? Einfach hier klicken!
Greg Howards THE WHISPERS has been definitely one of my reading highlights this year. The story is deeply touching, the characters a well fleshed out and relatable and the writing is excellent.
THE WHISPERS is about eleven year old Riley. He’s intending to go on a quest, finding the Whisperers: magical being that dwell deep in the forest and are capable of (more…)
11. November 2019
Im Oktober diesen Jahres hat die amerikanische Jugendbuchautorin Karen M. McManus Deutschland besucht. Nicht zuletzt, weil ihr im vergangenen Jahr erschienener Krimi “One of us is lying” für den Deutschen Jugendbuchpreis nominiert wurde.
Während der Frankfurter Buchmesse durfte ich McManus zu einem Interview treffen. Offen unterhielt sie sich mit mir über das Schreiben, über die anstehende Verfilmung ihres ersten Romans und natürlich über ihr aktuelles Buch Two Can Keep A Secret …
Interview mit Karen M. McManus
In Ihren beiden bisher veröffentlichten Romanen geht es um das Bewahren und Lüften von Geheimnissen. Wie gut sind Sie selbst darin?
Ich bin hervorragend darin, Geheimnisse zu bewahren, wirklich.
In der Buchbranche muss man das wohl auch sein. Es gibt so viele Dinge, über die man nicht sprechen darf. Gerade wurden Details zu meinem übernächsten Roman bekannt gegeben – und auf diesen Informationen habe ich schon ewig wie auf glühenden Kohlen gesessen.
ONE OF US IS LYING wurde von einem Song aus dem Soundtrack zum 80er Jahre-Film The Breakfast Club inspiriert. Wie war das bei TWO CAN KEEP A SECRET?
Da kamen unterschiedliche Inspirationen zusammen. Zunächst kam das Setting. Ich hatte wirklich große Lust darauf, einen Krimi in einer Kleinstadt in New England anzusiedeln. In einer solchen wuchs ich nämlich selbst auf. Ich liebe dieses Motiv der scheinbar perfekten Stadt, unter deren Oberfläche es gewaltig brodelt.
Dann erinnere ich mich daran, eine Folge von Unsolved Mysteries gesehen zu haben, eine Doku-Serie, die ich sehr gern schaue.
Es ging um einen Teenager, der bereits viele Jahre lang vermisst wurde. Die Folge konzentrierte sich auf die Eltern, die ihr Kind verloren hatten – sie brach einem wirklich das Herz.
Die Eltern hatten inzwischen andere Kinder. Das brachte mich zum Nachdenken darüber, wie es wohl wäre, im Schatten von jemandem aufzuwachsen, den man nie kennen gelernt hat. Sei es nun die eigene Mutter, Schwester oder Cousine.
Das war der Ausgangspunkt für Ellory – ein junges Mädchen, das nie seiner Tante begegnet ist und deren Mutter nach dem ungeklärten Verschwinden der eigenen Zwillingsschwester nie wieder dieselbe war.
War es leichter, dieses Mal nur aus der Sicht zweier Figuren zu schreiben statt aus der von vieren?
Oh ja, allerdings!
Es gab eine Zeit, in der ich mit dem Gedanken spielte, Ezra und Mia – zwei wichtigen Nebenfiguren – ebenfalls eigene Kapitel einzuräumen. Aber dann begriff ich, dass das für die Geschichte nicht zwangsläufig notwendig war und dann sollte man das auch nicht machen. Zumal man sich so auch einiges an Arbeit erspart, weil man dann für diese Figuren nicht ganz so komplexe Storybögen und Hintergrundgeschichten entwickeln muss.
Dennoch war ich froh, dass die beiden einen so großen Part in der Geschichte einnehmen, weil sie queer sind.
Unter meinen Lesern gibt es sehr viele LGBTler und es ist mir wichtig, dass sie Figuren in meinen Büchern finden, mit denen sie sich verbunden fühlen.
Kommen in ihren kommenden Büchern also auch queere Figuren vor?
Allerdings!
Was war das seltsamste Thema, über das Sie bisher recherchiert haben?
Darüber muss ich nachdenken …
Auf alle Fälle habe ich extreme viel darüber recherchiert, wie man einen Vergnügungspark zum Thema Halloween führen würde. Dieses Setting sollte in TWO CAN KEEP A SECRET eigentlich eine größere Rolle spielen.
Dazu muss ich sagen, dass mir Settings nicht leicht fallen. Figuren, Dialoge und der Plot – das ja. Aber Settings. Puh! Da muss ich wirklich viel Zeit und Arbeit reinstecken.
Ellory arbeitet im Buch auf diesem makabren Vergnügungspark. In welcher Attraktion hätten Sie auf der Fright Farm gearbeitet?
Haha! Definitiv im Geisterhaus.
Sie haben einmal gesagt, Sie mögen den Ratschlag, man solle das Buch schreiben, das einem selbst Angst einjagt. Inwiefern haben Ihre Bücher Ihnen Angst eingejagt?
Ich mag diesen Spruch, weil er für mich bedeutet, dass man sich aus seiner eigenen Komfortzone herausbewegt.
Als mir die Idee zu ONE OF US IS LYING kam, hatte ich noch nie einen Krimi geschrieben. Ich hatte noch kein Manuskript mit vier Point of View-Figuren geschrieben. Ich hatte noch nicht einmal etwas mit zwei Point of View-Figuren geschrieben.
Ich saß da und hab mich gefragt: Kann ich das wirklich schaffen? Wem mache ich eigentlich etwas vor? Das wird entweder das Beste, was ich bisher geschrieben habe, oder ein absolutes Desaster.
Ich glaube, sich darauf einzulassen, dass das, was man erschaffen könnte, sich als Desaster herausstellt, ist eine gute Sache. Denn es wirkt befreien. Und in diesem Fall ging es gut aus.
Was TWO CAN KEEP A SECRET angeht:
Noch nie zuvor hatte ich einen so vielschichtigen Krimiplot aufgebaut. Es gibt acht unterschiedliche Mystery-Plots. Ist das zu viel, habe ich mich gefragt. Aber ich wollte es unbedingt ausprobieren und sehen, ob mir das gelingen könnte. In kreativer Hinsicht ist das ein guter Weg.
Bis zu welchem Zeitpunkt im Veröffentlichungsprozess waren Sie denn verängstigt?
Es ist immer schwierig zu sagen, wann ein Buch “fertig” ist.
Für ONE OF US IS LYING, mein erstes veröffentlichtes Buch, hatte ich Kritikpartner. Diese hatten auch meine anderen beiden, unveröffentlichten Bücher gelesen.
Und diesmal verhielten sie sich ganz anders. Sie baten mich darum, ihnen neue Kapitel zu schicken, denn ich teilte das Manuskript mit ihnen während des Schreibens nach und nach. Sie haben so stark auf die Figuren reagiert und sich auf das Buch eingelassen und das hat mir das Gefühl vermittelt: Okay, vielleicht schreibe ich da gerade etwas, das Potential hat. Denn es fühlte sich ganz anders an als vorher.
Und Ihr zweites veröffentlichtes Buch: War das Schreiben leichter oder schwerer?
Es war schwieriger, denn ein zweites Buch ist für viele AutorInnen ein anstrengenderes Unterfangen. Oftmals ist es das erste Mal, dass man unter Vertrag schreibt und mit einer Deadline arbeitet. Und zu wissen, dass man gerade etwas schreibt, was wirklich jemand lesen wird, wirkt sich auch ganz schön auf die Psyche aus.
Es war also in der Hinsicht leichter, als dass ich wusste, was auf mich zukam. Aber auch schwieriger, weil ich immer noch neu im Geschäft und dabei war, meine eigene Stimme zu finden und meinen eigenen Schreibprozess – aber unter viel größerer Beobachtung.
Was mögen Sie daran, Kriminalromane für Jugendliche zu schreiben?
Ein anderer Spruch, den ich mag ist: Schreib das Buch, das du selbst gern lesen würdest.
Als Teenager hätte ich meine Bücher wirklich gemocht. Ich liebte Krimis und damals gab es nicht so viele, die auf mein Alter zugeschnitten waren.
Und ich mag das Alter der Protagonisten. Zu dieser Zeit im Leben entwickelt man seine persönliche Sicht von der Welt und sucht nach dem eigenen Platz darin. Es geht also viel um das Innenleben der Figuren.
Wenn man darauf noch einen Krimiplot packt, der von der äußeren Handlung dominiert wird, ergibt das einen sehr spannenden Mix.
Sie bezeichnen sich selbst sowohl als Planerin als auch als Drauflos-Schreiberin. Wie ist letzteres bei einem Krimi überhaupt möglich?
Ich habe mich so bezeichnet, weil ich bei ONE OF US IS LYING wirklich einfach drauflos geschrieben habe. Es gab kein Outline, keinen großen Plot.
Das hat funktioniert, auch wenn ich natürlich später noch einmal das Manuskript durchgehen musste, um Hinweise einzustreuen. Denn als ich den Roman schrieb, dachte ich nicht wie eine Krimi-Autorin. Beim Schreiben war es für mich eher eine Charakterstudie.
Ich muss dazu sagen, dass dieses Buch für mich wie ein Blitzeinschlag war. Es war auf einmal in meinem Kopf. Von A bis Z.
Bei TWO CAN KEEP A SECRET war das ganz anders. Die Grundidee war da – aber die musste ich ganz schön pflegen.
Anfangs versuchte ich, das Buch genau so zu schreiben wie ich es bei ONE OF US IS LYING gemacht hatte, weil ich dachte, so arbeite ich nun mal. Ich schreibe und entdecke alles weitere in dieser Phase. Aber das war nicht der Fall.
Ich habe es mehrfach umschreiben müssen. Und so bin ich zum Plotten gekommen. Als ich im zweiten Entwurf feststeckte und mir eingestehen musste, dass das Manuskript einfach nicht funktionierte, begriff ich, dass ich anders vorgehen musste. Ich legte den Text zur Seite und habe ein sehr ausführliches Outline geschrieben. Und danach floss das Schreiben wieder.
Also mache ich es jetzt immer so.
ONE OF US IS NEXT, die Fortsetzung von ONE OF US IS LYING, habe ich sehr ausführlich geplottet und das Schreiben fiel mir leicht.
Und mein übernächstes Buch, THE COUSINS, war ein weiterer Blitzeinschlag. Trotzdem habe ich es vor dem Schreiben vollständig ausgeplottet, weil dieses Vorgehen sich für mich einfach auszahlt.
ONE OF US IS LYING wird vielleicht eine TV-Serie. Was können Sie uns darüber schon verraten?
Der US-Sender NBC hat die Rechte erworben und eine Pilotfolge für die Serie bestellt.
Zum Zeitpunkt dieses Interviews (Buchmesse-Freitag) casten wir noch die Schauspieler. Im November soll aber bereits gedreht werden. Und Jennifer Morrison (Emma Swann aus Once Upon A Time) wird Regie führen.
Das ist natürlich sehr aufregend, aber man muss schauen, wie es dann weitergeht, denn so ist eben der Ablauf in der Branche: ein Pilot wird gedreht, der Sender schaut ihn sich an, hat vielleicht Änderungswünsche. Dann muss man abwarten, ob der Sender die Serie auch tatsächlich beauftragt.
Falls es dazu kommt, soll die Serie auf Peacock laufen, der eigenen Streamingplattform von NBC, die im Frühjahr 2020 an den Start geht. Wenn aus ONE OF US IS LYING eine Serie werden sollte, läuft sie vermutlich frühestens im Herbst 2020 an.
Haben Sie eigene Lieblingsserien?
Sogar viele. Pretty Little Liars zum Beispiel oder Gossip Girl.
Und ich habe Twin Peaks geliebt, was auch eine Art Inspiration für TWO CAN KEEP A SECRET war.
In ihrem nächsten Roman geht es um das Spiel Wahrheit oder Pflicht. Für was würden Sie sich entscheiden?
Pflicht. Wie vermutlich die meisten Leute.
Es ist viel weniger beängstigend, etwas zu tun als etwas von sich preiszugeben.
Wann wussten Sie, dass Sie Autorin werden wollten?
Mit dem Schreiben fing ich ungefähr mit acht Jahren an. Ich erzählte jedem, dass ich eines Tages Autorin werden wollte. Das blieb bis zur Highschool so.
Da gab ich es dann für eine Weile auf. Ich empfand es als schwierig und vielleicht fühlte es sich auch sehr einsam an in einer Zeit in meinem Leben, in dem mir Treffen mit Freunden usw. wichtiger waren. Ich glaubte damals auch nicht, dass Autorin ein richtiger Beruf sei und ich damit wirklich Geld verdienen könnte.
Ich dachte lange nicht darüber nach – und dann las ich DIE TRIBUTE VON PANEM als Erwachsene und das hat mich richtiggehend inspiriert.
Zum ersten Mal seit Jahren wollte ich auch selbst wieder etwas schaffen. Also schrieb ich mein erstes Buch – einen richtig schlechten PANEM-Abklatsch.
Natürlich war das Manuskript nicht veröffentlichbar. Aber dadurch fand ich zurück zum Schreiben.
Sie sagen, Schreiben fühlte sich einsam an. In ihrem Nachwort erwähnen Sie andere Jugendbuchautorinnen. Ist Schreiben also nicht mehr einsam?
Das war für mich wirklich der Game Changer!
Als ich in Higschool war, kannte ich niemanden sonst, der auch schrieb. Es gab niemandem, mit dem ich darüber reden konnte, wenn das Schreiben gerade anstrengend war, oder wenn ich irgendwo feststeckte oder wenn ich einfach nur ein bisschen Ermutigung und Unterstützung gebraucht hätte.
Als ich mich auf Twitter anmeldete und mit all diesen anderen Autorinnen und Autoren in Kontakt trat, änderte sich das alles. Wir tauschten Texte miteinander, unterstützten uns – ich wurde zu einem Teil einer Community. Plötzlich war ich als Autorin nicht mehr einsam. Natürlich schreibt man immer noch für sich allein an der Tastatur – aber man ist nicht mehr allein.
Sie unterstützen sich also gegenseitig?
Ich hatte das große Glück, gleich zu Beginn ein paar sehr gute Freundschaften zu knüpfen. Es handelt sich dabei um Autor*innen, die ich nicht nur persönlich mag, sondern deren Geschichten ich ebenfalls liebe, und das ist echt wichtig. Außerdem haben wir eine ähnliche Art, Kritik zu äußern, das hilft auch.
Es gibt drei oder vier Leute, mit denen ich fast von Anfang an zusammenarbeite – und inzwischen sind wir alle veröffentlicht. Wir haben zusammen angefangen und das Schreibbusiness gemeinsam entdeckt. Jetzt arbeitet jeder an seinem zweiten, dritten oder vierten Buch! Wir haben leider nicht mehr die Zeit, alles voneinander zu lesen, aber wir sind immer noch füreinander da.
Last but not least: Wenn Sie vier fiktive Figuren aussuchen dürften, mit denen Sie zum Nachsitzen müssten, für wen würden Sie sich entscheiden?
Oh wow! Mal sehen …
Okay, Katniss Everdeen müsste unbedingt mitkommen. Nicht nur ist sie einfach großartig. Wenn irgendwas aus dem Ruder laufen würde, hätte ich sie gern an meiner Seite.
Und dann noch Simon aus Love, Simon. Er ist einfach ein Schatz und ich würde gern mit ihm Zeit verbringen.
Außerdem liebe ich die Elias & Laia-Reihe von Sabaa Tahir. Sie entwickelt unglaubliche Figuren wie zum Beispiel Helene – die würde ich gern näher kennen lernen.
Und als letztes entscheide ich mich für Miss Marple, einfach weil ich ein riesiger Agatha Christie-Fan bin und gern einen Blick in ihren Kopf werfen würde.
Vielen Dank!
Karen McManus’ Website findet ihr hier.
Meine Rezensionen zu ihren Büchern:
One of us is lying
Two can keep a secret
Vielen Dank an den cbj Verlag für das Möglich-Machen des Interviews!
12. Oktober 2019
Im Juni erschien der neue Roman der österreichischen Autorin Katharina V. Haderer. Mit DAS SCHWERT DER TOTENGÖTTIN eröffnet Kathi eine neue Dark Fantasy-Trilogie “Black Alchemy” um einen Gardisten und eine “Waldhexe”.
Bevor ich die Autorin im nachfolgenden Interview selbst zu Wort kommen lasse, möchte ich noch die Verlagsbeschreibung mit euch teilen:
Das Schwert der Totengöttin
Willkommen in Tradea – wo sich die Toten aus ihren Gräbern erheben!
Als Sergent Erik Zejn degradiert und von der Hauptstadt ins Vorland versetzt wird, rechnet er mit Ereignislosigkeit und Langeweile. Doch dann erheben sich die Toten aus den Gräbern und greifen die Lebenden an.
Zejn steht vor der größten Herausforderung seines Lebens: Um die Menschen zu retten, muss er herausfinden, wie er die Toten für immer zurück unter die Erde schicken kann. Die Einzige, die mehr über die unheimlichen Vorgänge zu wissen scheint, ist die Kräuterhexe Mirage, doch Zejn ist sich sicher, dass man ihr nicht trauen kann.
Mirage ist keine Hexe, sondern Alchemistin und versucht alles, um die Bedrohung aufzuhalten. Nur deshalb ist sie immer in der Nähe, wenn die Toten erwachen. Schnell beginnt die Bevölkerung zu glauben, dass sie für die Angriffe verantwortlich ist und wendet sich gegen sie. Wenn Mirage sich selbst retten will, muss sie ihre Unschuld beweisen und die Toten für immer zurück unter die Erde bringen.
Weder Zejn noch Mirage ahnen, dass die Toten nicht ihre einzigen Feinde sind.
Ein detail- und facettenreicher Weltenentwurf, ambivalente Figuren und ein düsteres magisches Abenteuer: der Auftakt zur packenden Fantasy-Saga „Black Alchemy“ von Katharina V. Haderer.
Interview mit Katharina V. Haderer
Liebe Kathi, welche Farben und Schlagworte fangen für dich die Atmosphäre von DAS SCHWERT DER TOTENGÖTTIN ein?
Schwarz, Violett, Grau, Dunkelgrün.
Nebel, Magie, Untote, Intrigen, Zusammenhalt, Miss- und Vertrauen.
Was hat Dich zur Handlung des Buches inspiriert?
Was den Beginn gemacht hat, kann ich im Nachhinein gar nicht sagen. Den Beginn eines Buches macht meist die Idee einer Szene. Bis genügend Stoff beisammen ist, können aber Jahre verstreichen.
Ich habe diverse Male versucht, Das Schwert der Totengöttin zu beginnen, und kein Prolog, kein Kapitel hat sich richtig angefühlt, ja, selbst die Namen fühlten sich falsch an.
Dann kam der Tag, an dem ich den ersten Absatz schrieb, der noch heute das Buch einleitet – und das ist bei mir äußerst selten, denn meistens schreibe ich die ersten paar Kapitel diverse Male neu, nachdem ich das Buch beendet habe. Doch dieser Anfang hat gepasst. “Etwas fehlte.” Die ersten zweihundert Seiten habe ich in ungefähr einem Monat geschrieben. Es war wie ein Sog.
Bei einer Szene weiß ich allerdings ziemlich genau, woher ich inspiriert wurde. Mirage steigt in einen Kessel herab, aus dem sich ein See zurückgezogen hat, und legt eine Stadt frei. Ich habe etwas ähnliches in dem Computerspiel “The Witcher 3” gespielt (oder war es der zweite Teil?) und fand die Atmosphäre der freigelegten Stadt so großartig, dass ich unbedingt eine derartige Szene mit meiner Protagonistin einfangen wollte.
Das Dorf und der dort gelegene See hält auch eine wichtige Rolle in der gesamten Trilogie inne.
Was magst Du an Deinen beiden Hauptfiguren am liebsten?
Erstens, dass sie so gegensätzlich sind.
Zweitens, dass sie stur sind.
Und drittens, das beide am Ende des Tages das Herz am rechten Fleck haben, auch wenn sie Entscheidungen meist mit unterschiedlichem Ausgang treffen.
Sergent Zejn ist ein typischer Vertreter seiner Gattung, ein Militärmann, ein Verfechter der Ordnung, und gerade anfangs will er sich selbst dann an Gesetze halten, wenn sie keinen Sinn machen.
Die Alchemistin Mirage ist ein Freigeist, der sich oftmals absichtlich unbeliebt macht, bloß damit niemand eine Erwartungshaltung an sie stellt. Sie gibt es anfangs nicht zu, aber dass sie die Dorfbewohner als Hexe bezichtigen, verletzt sie. Sie ist opportunistisch und egozentrisch und steht damit im krassen Gegensatz zu Erik Zejn, der von sich nur noch als Ordnungsorgan denkt und nicht länger als Mensch mit Bedürfnissen.
Mit der Zeit rütteln sie sich gegenseitig wach – und holen sich dabei die einige oder andere blutige Nase.
Deine Geschichten spielen in einer düsteren Fantasywelt. Recherchierst du viel? Wie wichtig ist dir Worldbuilding?
Ich versuche natürlich, dass sich diese mittelalterlich anmutende Welt möglichst rund anfühlt. Dabei geht aber für mich persönlich das Feeling über die historische Korrektheit.
Wer historisch korrekt will, ist mit einem historischen Roman besser bedient. Schließlich ist meine Welt ja auch nicht DAS europäische Mittelalter.
Ich schreibe mittlerweile das 10. Buch in diesem Universum – 14 mit Büchern, die nie veröffentlicht wurden. Das Ganze zieht sich durch die diversen Zeiten und Kulturen, von denen ich natürlich Elemente der unseren entlehne, dann aber auch wieder zu entfremden versuche. z.B. gab es zwischen den Heißen Ländern und Aurora niemals einen Rassenkrieg, weswegen dunkle Hautfarbe kein Thema ist, schon gar nicht in der multikulturellen Stadt Tradea.
Ich möchte einen Ritter mit gilebretischer Herkunft schreiben können, ohne dass er sich rechtfertigen muss, wie er dazu gekommen ist.
Hat dich das Schreiben dieses Buches auf eine Art und Weise gefordert, wie das zuvor noch nicht der Fall gewesen ist?
Puh, das ist eine schwierige Frage. Die Trilogie hat wieder mal mehrere Handlungsstränge (warum kannst du dich nicht einfach halten, Kathi!) und eine Zeit lang bin ich verzweifelt, weil ich ein Ende im Kopf hatte, das sich aber nicht richtig angefühlt hat, weswegen ich beim dritten Roman eine Blockade hatte.
Das war so lange, bis ich einen Freund gebeten hatte, sich meine Ideen anzuhören, und er berechtigterweise die Frage nach dem Motiv eines Bösewichts gestellt hat. Daraufhin musste ich das Ende umstellen, und so fühlt es sich richtig an. Das kann allerdings immer passieren. Ich merke es anhand dessen, dass ich nicht richtig weiter komme.
Ein kleiner Ausblick in die Zukunft: Woran arbeitest Du?
Momentan arbeite ich sowohl am Abschluss meiner “Drachen von Talanis“-Trilogie “Red Scales” sowie am “Black Alchemy“-Abschlussband.
Als nächstes erscheint von mir der zweite Teil nach “Dem Schwert der Totengöttin” – er heißt “Der Garten der schwarzen Lilien“.
Nachdem das Artefakt verschwunden ist, das den Totenaufmarsch vor Tradea zu verantworten hat, haben die Protagonisten Mirage und Zejn ein loses Bündnis geschlossen, um das Artefakt zurückzubekommen. Dabei tauchen sie tiefer in die düsteren Seiten Tradeas ein – und nehmen Kontakt mit der Diebesgilde auf.
Und die Off Topic-Frage: Wenn du eine fiktive oder historische Persönlichkeit auf einen Nachmittagsplausch einladen könntest, für wen würdest du dich entscheiden?
Jesus.
Mich würde interessieren, wie der wirklich so war, und ob er etwas mit der Ikone des Christentums gemein hat, zu der er stilisiert worden ist.
Vielen Dank!
Die Website der Autorin: Katharina V. Haderer
Mehr zum Roman und eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagswebsite.
Eine dunkle Märchenkurzgeschichte von Katharina ist auch in meiner neuen Anthologie Durch Eiswüsten und Flammenmeere enthalten.
3. Oktober 2019
Wenn ihr mir auf Instagram folgt, wisst ihr, dass ich mich bereits seit einer ganzen Weile auf den neuen Roman von Stephan R. Bellem freue.
Nicht nur, weil Stephan in den vergangenen Jahren gleichermaßen zu einem wunderbaren Freund und inspirierenden Schreibbuddy geworden ist, sondern auch, weil ich die Geschichte, an die er sich diesmal gewagt hat, ebenso spannend wie bewegend finde.
Im nachfolgenden Interview gibt er uns einen Vorgeschmack darauf, was uns in RUF DER RUSALKA erwartet.
Vorher aber noch fix die Verlagsbeschreibung:
Lewis hat sich geschworen, es nie wieder zu tun. Doch der faszinierenden Fremden kann er nicht widerstehen. Als Londons größter Ermittler soll er den Mord an ihrer Freundin aufklären.
Aber mit jedem Schritt holen ihn die Bilder seiner Vergangenheit wieder ein und drohen, ihn unter sich zu begraben.
Wäre da nicht die Frau an der Themse. Kann sie ihn vor sich selbst retten?
Kate kann endlich der Eintönigkeit Manchesters entkommen und wagt sich nach London, um ihrem Traum nachzujagen: der nächsten großen Story. Und was wäre größer als ein Serienmörder?
Aber die Morde sind erst der Anfang. Kate und Lewis tauchen ein in eine Welt der Geheimgesellschaften und okkulten Rituale. Können sie die Vernichtung Londons noch aufhalten?
Lieber Stephan, welche Farben und Schlagworte fangen für dich die Atmosphäre von RUF DER RUSALKA ein?
Nebel, Selbstzweifel, Grau, Hoffnung, wärmendes Licht.
Was hat Dich zur Handlung des Buches inspiriert?
Die Rusalka selbst. Also die slawische Sage.
Ich mochte die tiefe Melancholie, die der Sagenfigur anhaftet. Und ich wollte diese Stimmung auf London übertragen, mit seinen Gaslaternen (obwohl die zu jener Zeit schon großflächig durch elektrische Lampen ersetzt wurden).
Was magst du an deinen Hauptfiguren am liebsten?
Lewis ist ein nüchterner Analytiker, der mit sich selbst einfach nicht ins Reine kommt. Er verzweifelt letztlich am eigenen Intellekt und der Grausamkeit der Welt, die er nicht ändern kann. Diese Hilflosigkeit mit unserer Umwelt, die fühlen wir (glaube ich) alle zuweilen.
Ich mag an ihm, dass er dennoch nicht aufgibt und schließlich einsieht, dass er nicht verleugnen kann, wer er ist.
Und Kate?
Tja, sie ist ein wenig der Gegenentwurf zu Lewis. Oder vielleicht auch nur eine optimistischere Version von ihm. Sie ist nicht bereit, sich mit Konventionen abzugeben und sich von ihnen einschränken zu lassen. Sie nimmt ihr Leben selbst in die Hand und kämpft entschlossen gegen alle Widerstände. Das finde ich so bewundernswert an ihr. Sie trifft auf ein Problem, doch anstelle daran zu verzweifeln, versucht sie, eine Lösung zu finden.
Lewis kennt die Lösung oft schon, verzweifelt aber an dem Problem, das Weichei. ;)
Deine Geschichte spielt diesmal nicht in einer Fantasy-Welt, sondern in London. Wie wichtig war die Recherche und wie sah die aus?
Nun, es war klar, dass ich den historischen Kontext möglichst korrekt abbilden wollte. Also habe ich eine ganze Menge recherchiert.
Bspw. gab es die Hunderasse des Berner Sennenhunds noch nicht, da sie erst nach 1900 festgelegt wurde. Vermutlich stammten die ersten Exemplare aber aus Dürrbach in der Schweiz. Daher gelten die Dürrbächler auch (soweit ich das gefunden habe) als Vorfahren der Berner Sennen. Und die Hunderasse hat es mir einfach angetan.
In einer frühen Version hatte ich vor, real existierende Zeitungsnamen zu verwenden und deren Chefredakteure. Am Ende bin ich aber davon abgekommen. Hier habe ich quasi die Recherche ignoriert und der Phantastik den Vorzug gegeben. Es erschien mir einfach besser, da ich so keine Persönlichkeitsrechte verletzen konnte, auch wenn die realen Personen schon eine Weile nicht mehr leben.
Stadtpläne, Lebenshaltungskosten, Mode, Technik – man fällt da schnell in einen Kaninchenbau. Für Kates Artikel auf dem Buchcover habe ich mehr als eine Stunde britische Schulpflicht usw. nachgeschlagen.
Sogar das versuchte Attentat auf den deutschen Kaiser 1883 gab es wirklich. Allerdings habe ich mir da mehr Freiheiten genommen.
Und der Komponist Antonín Dvorák kam zu jener Zeit gerade tatsächlich aus den USA zurück. Vielleicht hat er ja tatsächlich Halt in London gemacht?
Hat dich das Schreiben dieses Buches auf eine Art und Weise gefordert, wie das zuvor noch nicht der Fall gewesen ist?
Oh ja! Diesmal habe ich deutlich mehr im Voraus geplant. Das war deutlich außerhalb meiner Komfortzone, aber ich finde, es hat sich gelohnt.
Ein kleiner Ausblick in die Zukunft: Wirst du der Welt und/oder den Charakteren, die du für dein Buch geschaffen hast, irgendwann noch einmal einen Besuch abstatten?
Ah, die Frage, nach der Fortsetzung. Nun, »Ruf der Rusalka« ist ein Einzelband.
Würde ich gerne zurück nach London? Keine Frage! Aber wenn, dann wäre auch das wieder ein Einzelband, den man unabhängig von der Rusalka lesen könnte. Aber die Frage entscheide ohnehin nicht ich, sondern die Leser. ;)
Ansonsten arbeite ich auch an ein paar anderen Ideen, von denen aber noch keine spruchreif ist. Von High Fantasy bis zu Near Future ist das alles dabei. Mich auf ein Genre festlegen war noch nie meine Stärke
Vielen Dank!
Stephan Bellem im Internet: Instagram, Website
Das Buch bestellen: Drachenmond Verlag
19. Mai 2019
Mit Die Töchter von Ilian meldet sich Jenny-Mai Nuyen (Nijura – Das Erbe der Elfenkrone) in der High Fantasy zurück.
Ihr ca. 650 Seiten starker Einzelband hebt sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich deutlich von der Konkurrenz ab: Magische Gegenstände, die an Kraft gewinnen, wenn sie verschenkt werden, aber schwächer werden, wenn man sie raubt; eine Hochkultur, die im Matriarchat lebt – und ein wunderbarer Stil.
Mich hat das Buch umgehauen. Deshalb habe ich mich auch besonders darüber gefreut, die junge Autorin in Berlin zum Interview zu treffen. (more…)
1. Mai 2019
„Ich habe nicht das
Gefühl, alles erreicht zu haben, was in mir steckt.“
Christopher Paolini hat 2019 mit Die Gabel, die Hexe und der Wurm nicht nur einen neuen Roman veröffentlicht. Um mit seinen Fans zu sprechen hat er zudem im März die Leipziger Buchmesse besucht. Und ich durfte den Eragon-Autor zum Interview treffen.
Die Gabel, die Hexe und der Wurm ist ein Sammelband mehrerer Geschichten bzw. Kurzromane von Paolini, die allesamt in der Eragon-Welt spielen und nach seinem großen Epos angesiedelt sind. (Man kann die Geschichten übrigens auch lesen, wenn man die ursprüngliche Fantasy-Saga nicht gelesen hat).
Ich habe die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, ihn zu fragen, wie es war, nach einigen Jahren Pause wieder in seine Welt einzutauchen, wie es ist, weltweit Fans (und Kritiker) zu haben und überhaupt, wie das bei ihm mit dem Schreiben so ist.
Hoffentlich habt ihr beim Lesen des Interviews ähnlich viel Spaß wie ich beim Führen.
(more…)
2. April 2018
Vor zehn Jahren an Ostern erschien auf diesem Blog das erste Interview!
Elisabeth Waters, langjährige Assistentin und Freundin von Marion Zimmer Bradley stellte sich sehr ausführlich meinen Fragen.
Zur Feier des Tage gibt’s deshalb heute nochmal einen Repost. Viel Spaß! (more…)
14. Januar 2018
Wenn das alte Jahr stirbt und der Winter beginnt, zieht der König der Kobolde aus, um sich eine neue Braut zu suchen …
Im Dezember erschien S. Jae-Jones mystischer Fantasy-Roman WINTERSONG auf Deutsch. Darin geht es um Liesl, eine junge Frau im 19. Jahrhundert, die sich aufmacht, gegen den gleichsam faszinierenden wie finsteren König der Kobolde anzutreten, bevor ihre Welt in einen ewigen Winter fällt.
Wintersong ist ihr Debütroman. Die Amerikanerin hat auch asiatische Wurzeln, bezeichnet sich selbst als Adrenalinjunkie und spricht im nachfolgenden Interview sowohl über die Entstehung ihres Romans als auch darüber, woran sie gerade arbeitet – und was sie beim Schreiben nicht ausstehen kann. (more…)
In February Shadowsong will be released, sequel to S. Jae-Jones spellbinding debut novel Wintersong.
The novels are about a young Girl, Liesl, in 19th century Bavaria, who’s following the mysterious king of goblins into his dark and glittering undergrond kingdom.
Due to Wintersongs german release, the author took time to talk about writing her debut novel and Research as well as writing and Fantasy novels in general. (more…)
10. Dezember 2017
Gerade ist bei Penhaligon mit Der Erbe der Schatten das große Finale von Robin Hobbs Bestseller-Trilogie Die Chronik der Weitseher erschienen.
Bereits seit seiner US-Erstveröffentlichung 1995 begeistert die Saga um den königlichen Bastard Fitz, der zum Assassinen und Spion ausgebildet wird, weltweit die Leser.
Dank der freundlichen Unterstützung durch Penhaligon konnten meine Kollegin Kat und ich ein ausführliches Skype-Interview mit der Bestsellerautorin führen: über die Weitseher-Saga, das Schreiben (more…)