Seit mehreren Monaten lebt die siebzehnjährige Aura Institoris bereits in jenem abgeschiedenen schweizer Mädchenpensionat, in das ihr Vater Nestor sie völlig unvermittelt gesteckt hat. Obwohl sie ständig wachsam ist, hat sie noch keine Möglichkeit zur Flucht gefunden. Dass sie nicht bleiben will, steht für sie unumstößlich fest. Schließlich hat sie kurz nach ihrer Ankunft im Internat erfahren, dass jemand einen Mörder auf ihren Vater angesetzt hat und auch ihr, Aura, nach dem Leben trachtet.
Als ihr eines Nachts überraschend die Flucht gelingt, ahnt Aura noch nicht, dass sie dadurch vom Regen in die Traufe gerät. Denn jener geheimnisvolle Kutscher, auf dessen Wagen sie sich versteckt und der sie unwissentlich aus den Pensionatsmauern schmuggelt, hat Verbindungen zu jenem Mann, der sowohl sie als auch ihren Vater tot sehen will. Wie Nestor sucht er nach dem Schlüssel zur Unsterblichkeit, und eine Möglichkeit, diese zu gewinnen, scheint das Opfern unschuldiger Jungfrauen zu sein.
Die zweite Folge der “Alchemistin” wirkt deutlich temporeicher und stringenter als sein Vorgänger. Das liegt vermutlich daran, dass die Ausgangssituation inzwischen etabliert und die Handlung richtig ins Rollen gekommen ist. Zudem tut es dem Hörspiel gut, dass der Part das Erzählers nicht allzu sehr aufgesplittert wurde, sondern über weite Strecken neben dem Erzähler Friedhelm Ptok die Figur Aura das Voice Over zur Handlung liefert.
Diese an sich ist sehr spannend und nichts für zarte Gemüter. Da es gleich an mehreren Stellen des Hörspiels um nichts Geringeres geht als um Leben und Tod und die Protagonisten bei der Wahl ihrer Waffen in den zahlreichen Kampfszenen nicht gerade zimperlich sind, geht es des öfteren doch recht brutal zur Sache. Die exzellente Vertonung und die erfolgreichen Mühen, eine glaubhafte – und dadurch manchmal fast abstoßende – Geräuschkulisse zu schaffen, verstärken diesen Eindruck noch und unterstreichen eindrucksvoll, dass sich die Reihe natürlich nicht um Unterhaltung für Kinder oder junge Heranwachsende eignet.
Wie bereits bei der Auftaktepisode der “Alchemistin” glänzen die Sprecher durch die Bank regelrecht. Selbst bei den vielen actionreichen Szenen, wenn die Gefahr zur Übertreibung besonders groß ist, wirkt das Hörspiel nie unglaubwürdig. Hier haben Christian Hagitte und Simon Bertling von der Regie ein extra Lob verdient.
Auch das Filmorchester Berlin, welches zusammen mit dem Hochmeisterchor Berlin unter der Leitung von Hagitte für die musikalische Untermalung zuständig ist, liefert eine eindringliche und beeindruckende Leistung ab, die nicht unwesentlich zum düster-mystischen Feeling beiträgt.
Aufgrund des Tempos der Handlung und der gesteigerten atmosphärischen Dichte toppt “Das Erbe des Gilgamesch” noch den “Stein der Weisen” und macht Lust auf die weiteren Folgen des Achtteilers.