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29. April 2009

Fables (Band 8): Arabische Nächte (und Tage)

Category: Comics,Rezensionen – Darkstar – 20:39

FablesFabletown ist ein kleiner Stadtteil von New York wo sich, unbemerkt von der restlichen Menschheit, eine Vielzahl unterschiedlicher Märchenfiguren nach ihrer Vertreibung aus ihrer eigentlichen Heimat über die Jahrhunderte eine neue Existenz aufgebaut haben. Denn das berühmte „glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ hat sich als nicht ganz so langfristig herausgestellt, wie sich das die unsterblichen Märchenfiguren gewünscht hätten.

Nicht nur, dass ein mächtiger Feind sie in die Menschenwelt ins Exil getrieben hat. Sie haben zudem feststellen müssen, dass es so etwas wie die ewige Liebe nur in den seltensten Fällen gibt. Prince Charming beispielsweise, ein waschechter Märchenprinz, ist zwar ein umwerfender Charmeur, nimmt es mit der Treue aber nicht allzu genau. Er legt die Mädels reihenweise flach und kann auf mehrere gescheiterte Ehen, unter anderem mit Schneewittchen und Cinderella zurückblicken. Ansonsten haben sie sich mit der modernen Realität Amerikas bestens arrangiert. Sie üben moderne Berufe aus und nicht wenige träumen von der Erfüllung des amerikanischen Traums: das auch sie plötzlich wieder reich und berühmt werden.

Im mittlerweile achten Sammelband der süchtig machenden Serie „Fables“ erleben die Einwohner von Fabletown einen wahren Kulturschock. Eine Delegation arabischer Märchenfiguren trifft nämlich in New York ein, um mit der abendländischen Verwandtschaft eine schlagkräftige Allianz zu schließen, damit man dem „Feind“ mit vereinten Kräften etwas entgegenzusetzen hat, wenn er denn kommt.
Das Schmieden eines starken Bündnisses verläuft jedoch alles andere als einfach. Das liegt sicher nicht zuletzt daran, dass Prince Charming seine neue Rolle als Bürgermeister nicht ganz so trefflich ausfüllen kann, wie das vielleicht notwendig wäre. Außerdem hilft es freilich nicht, dass Sklavenhaltung in den arabischen Märchenländern zum guten Ton gehört – in Fabletown jedoch großes Missfallen nach sich zieht.
Beauty, inzwischen Vize-Bürgermeisterin von Fabletown, geht die Sache jedenfalls kräftig an die Nieren. Da ist es dumm, dass sie auch keine Hilfe von ihrer ehemaligen Vorgängerin erhalten kann, denn Snow White musste nach der Geburt ihrer nur halbmenschlichen Kinder auf die Farm ziehen – einen abgeschotteten Bereich, in dem die nicht-menschlichen Märchenfiguren versteckt vor der Öffentlichkeit in unserer Realität Unterschlupf gefunden haben. Als dann Kalif Sinbad, Anführer der arabischen Delegation, erfreulicherweise immer mehr Gefallen am westlichen Lebensstil findet, dreht sein Wesir durch lässt einen Flaschengeist frei – und das ist, schenkt man den Worten von Frau Totenkinder, der inzwischen rehabilitierten bösen Hexe glauben „ein aggressiver Akt. Als würde ein Diplomat einen Koffer mit Kernwaffen zum Treffen der UN mitbringen“ …

Die von Bill Willingham erdachte und geschriebene Serie „Fables“ hat inzwischen zu Recht Kultstatus erreicht. Die Idee, die der Serie zu Grunde liegt, ist einerseits ganz simpel, bietet andererseits aufgrund der Fülle an Vorlagen, aus der sie schöpfen kann, unerschöpfliche Möglichkeiten. Willingham gelingt es konsequent, das auch auszunutzen. So schafft er eine eigenwillige Urban Fantasy-Comic-Serie, die eine ganz eigene, stimmige Atmosphäre hat und mit so manchem wohlbekannten Märchenplot kokettiert, ihn karikiert oder eine Hommage daran bildet. Zudem nutzen die Verantwortlichen die Reihe immer wieder, um Zeitgeschehen, Moralvorstellungen oder Weltanschauungen zu kommentieren.

Woher Willingham und sein Team für „Arabische Nächte (und Tage)“ ihre Inspiration gezogen haben, lässt sich unschwer erkennen. In dem mehr oder minder in sich abgeschlossenen Handlungsbogen wird mit den Oststaaten abgerechnet, und da die Comicreihe aus Amerika stammt, wird von Anfang an sehr klar und deutlich gemacht, wer in dem Konflikt der Kulturen „die Guten“ sind. Trotz offensichtlicher Polarisation übertreiben es Willingham und Co. jedoch dem Himmel sei Dank nicht allzu sehr mit ihrer Schwarz-Weiß-Malerei. Auch sollte man davon absehen, den Sammelband als politische Metapher zu lesen, sondern sich vielmehr einfach von den netten Ideen und verrückten Verwicklungen, die der Clash der Kulturen mit sich bringt, unerhalten lassen.

Über dieses zentrale Thema hinaus werden die bisherigen Handlungsstränge der Serie natürlich ebenfalls weitergeführt. Und als Dreingabe gibt es dann noch einen Zweiteiler, „Die Ballade von Rodney und June“, der mit der eigentlichen Fables-Serie nur bedingt zu tun hat. Er erzählt die bittersüße, tragische Geschichte von zwei Holzfiguren, die sich danach sehnen, zu richtigen Menschen zu werden. Ihr Wunsch wird ihnen zwar erfüllt. Den Preis, den sie dafür zahlen müssen, ist jedoch ein gewaltiger.

Insgesamt sechs US-Einzelhefte finden sich in diesem Sammelband wieder, der randvoll bepackt ist mit witzigen und traurigen, immer unterhaltsamen Abenteuern über ein paar Charaktere abseits der Normalität – kurz mit Geschichten über Märchenfiguren wie du und ich.

Fakten:

Titel: Arabische Nächte (und Tage)
Reihe: Fables (Band 8)
Autor: Bill Willingham
Zeichner: Mark Buckingham u. a.
Verlag: Panini Comics
Aufmachung: Softcover mit Klappumschlag
Preis: 16,95 EUR

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Ein Kommentar »

  1. Hach, da spare ich ja grade drauf hin…

    Apropos, dein Fables Drabble ist fertig :) Siehe LJ

    Kommentar by Kerimaya — 8. Mai 2009 @ 10:18

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