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7. Dezember 2009

Marion Zimmer Bradley: Die Herrin von Avalon

Category: Hörbücher,Rezensionen – Darkstar – 18:20

die-herrin-von-avalon.jpgMarion Zimmer Bradley hat zu ihren Lebzeiten Duzente von Büchern geschrieben. Neben ihren Geschichten rund um den Planeten Darkover sind aber ihre Romane um Avalon, die sagenumwobene keltische Insel der Priesterinnen vom See, Herzstück ihres Schaffens. Dieses mystische Eiland hat sie erstmals besucht in ihrem größten Publikums-Erfolg Die Nebel von Avalon. Das Buch, das den Sagenkreis um Camelot und die Ritter der Tafelrunde aus Sicht der beteiligten Frauen erzählt, gilt zu Recht als Meilenstein der Artus-Romane. Morgaine, der Halbschwester König Artus’ und der letzten Hohenpriesterin von Avalon, widmete sie über tausend Seiten und empfand das schlussendlich wohl zu Recht auch als ausreichend. Nicht loslassen wollte sie jedoch ihre Vision des keltischen Britanniens und die mythische Insel der Nebel. Nach Avalon und in die Welt der Priesterinnen der Muttergöttin kehrte sie mehrere Male zurück.

Die Herrin von Avalon ist weniger ein Roman im klassischen Sinn als vielmehr eine Sammlung von drei Novellen. Im Mittelpunkt der einzelnen Erzählungen stehen jeweils eine Hohepriesterin von Avalon sowie eine junge Frau, für die die Herrin vom See mütterliche Gefühle hegt. Außerdem kommt der Verteidigung Britanniens gegen die Sachsen große Bedeutung zu.

Die Novellen verbinden Zimmer Bradleys tragischen Roman Die Wälder von Albion mit ihrem Meisterwerk Die Nebel von Avalon. Die erste Erzählung berichtet von Caillean, der ersten Hohepriesterin der Heiligen Insel. Sie hat ihr Amt von Eilan, der Hauptfigur der Wälder übernommen und zieht deren Sohn Gawen auf. Die abschließende Novelle schildert die Jugendjahre von Viviane, die in den Nebeln eine zentrale Rolle als Herrin vom See spielt.
Insgesamt richtet sich deshalb Die Herrin von Avalon primär an ein Publikum, das bereits zumindest ein anderes Buch von Zimmer Bradley kennt und neugierig auf mehr ist. Die Autorin, die die Novellen gemeinsam mit ihrer Schwägerin und Schriftsteller-Kollegin Diana Paxson verfasst hat, entführt die Leserschaft gekonnt in die faszinierende, mythische Welt des vorchristlichen Britanniens; sie erzählt von starken Frauenfiguren, mystischen Bräuchen und Ritualen und dem erbitterten Kampf der Briten um ihre Heimat.

Sehr schön ist, dass man sich dazu entschlossen hat, die Hörbuchumsetzung ein weiteres mal von Anna Thalbach einlesen zu lassen. Thalbach hatte bereits mit ihrer Mutter Katharina Die Nebel von Avalon eingelesen sowie im Alleingang Die Wälder von Albion. Sie liest gewohnt gefühlvoll und mit Gespür für die Figuren und verkörpert so souverän sowohl die junge Frau als auch die alte Priesterin oder den Krieger – manchmal vielleicht eine Spur zu hauchig, nie aber unpassend. Unterstützt wird sie in dieser sogenannten inszenierten Lesung von etwas, das ich hier in Ermangelung eines besseren Ausdrucks mal Special Effects nennen möchte: Die Erzählung wird an einzelnen Stellen mit Schlachtenlärm, Hall und Instrumentalstücken untermalt – allerdings weit seltener, als das in den Nebeln oder den Wäldern der Fall war.
Ärgerlich ist, dass man sich dazu entschlossen hat, Die Herrin von Avalon dergestalt zu kürzen, als dass die erste Novelle um Caillean und Eilans Sohn Gawen nicht eingelesen wurde. Gerade deren Geschichte ist jedoch für die Avalon-Saga von zentraler Bedeutung. Nicht nur, dass sie von der Ankunft der Priesterinnen auf der Insel der Apfelbäume berichtet. In ihr erfährt man auch, wie und warum die Priesterinnen das Eiland in den schützenden Nebeln der Zeit verborgen haben.

Auf die zweite Novelle, Diernas Geschichte, hätte man meiner Meinung nach eher verzichten können. Zwar gibt es auch hier eine Quer-Verbindung zu einem Avalon-Roman (Dierna ist eine Nebenfigur in Die Priesterin von Avalon), aber insgesamt ist die Erzählung für den Zyklus an sich kaum von Bedeutung. Trotzdem nimmt sie immerhin die Hälfte der Laufzeit des Hörbuchs ein.

Auf Vivianes Geschichte hingegen freuen sich sicher die Leserinnen und Leser der Nebel von Avalon am meisten. Wie wurde das Mädchen vom Land zu einer der bedeutendsten Hohepriesterinnen, die Avalon jemals hatte? Wie sah die Jugend der stahlharten Frau aus, die die politischen Geschicke von Britannien im Artus-Roman so geschickt manipuliert und dennoch eine charismatische, mitunter auch warmherzige Persönlichkeit ist? Ihre Geschichte macht deutlich, dass Viviane zu ihrer eigenen Mutter ein ähnliches Verhältnis hatte, wie es später ihre Ziehtochter Morgaine zu ihr haben soll. Zudem offenbart die Novelle, wie Talisien zum Merlin von Britannien wurde.

Insgesamt betrachtet gibt es deshalb eindeutig Punktabzug für das Ignorieren der Geschichte von Caillean. Das Hörbuch an sich ist aber wirklich stimmungsvoll interpretiert. Da die Erzählungen, wenn sie auch beliebiger und weniger spannend als die anderen Romane des Zyklus sind, ihre Zuhörer mitnehmen auf die ersehnte Reise nach Avalon, kann Die Herrin von Avalon all jenen durchaus empfohlen werden, die (wie ich) von Marion Zimmer Bradleys Geschichten um die Priesterinnen vom See nicht genug bekommen können!

Bei Audible downloaden bzw. in die Hörprobe reinhören: hier!

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2 Comments »

  1. Hi Christian,

    ich weiß nicht, ob Du es gesehen hast, Deborah J. Ross schreibt derzeit viel über MZB auf Book View Cafe:

    Meeting Marion
    http://blog.bookviewcafe.com/2009/12/01/meeting-marion/

    Welcome to Darkover
    http://blog.bookviewcafe.com/2009/12/08/welcome-to-darkover/

    Gruß,
    Teich

    Kommentar by TD — 8. Dezember 2009 @ 11:35

  2. Hallo!

    Danke für den Tipp.
    Dass Deborah Ross fleissig auf Bookviewcafe postet, habe ich schon entdeckt (dank Livejournal), aber der Meeting-Marion-Beitrag ging an mir vorbei.

    Danke dir!

    Übrigens übersetze ich gerade ein Interview mit Deborah Ross und ihren Status als Erbin von Darkover.

    Kommentar by Darkstar — 8. Dezember 2009 @ 13:59

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