„Das Ende der Welt“ ist der dritte Band, den die DC 100%-Reihe „Wonder Woman“ widmet. Bereits das Cover verrät es: Der Sammelband, der die US-Hefte nr. 20 bis 25 enthält, scheint unter dem Motto „Wonder Woman meets Xena“ stehen:
Gail Simone entführt die Amazonenprinzessin in winterliche, nordische Gefilde, ins Reich keltisch-germanischer Legenden. Dort trifft sie nicht nur auf den Helden Beowulf, sondern muss sich auch einer Legion Untoter stellen. Das Problem: Ihr Lasso gehorcht ihr nicht und auch ihre Kräfte scheinen sie verlassen zu haben. Was ist geschehen? Diana weiß nicht, dass sie ihr Abenteuer in eisiger Kälte nicht in ihrem wirklichen Körper erlebt – der liegt in einem von einer zwielichtigen Gestalt erzeugten künstlichen Koma. Damit nicht genug, während Diana durch eine archaische Welt irrt und bald erfährt, dass der große Antagonist, dem sie sich stellen soll, kein anderer ist als der Teufel selbst, hat ihr Vorgesetzter beim Amt für Metawesen-Belange Lunte gerochen. Er ahnt zwar nicht, dass seine Angestellte „Diana Prince“ die Geheimidentität von „Wonder Woman“ selbst ist, vermutet jedoch, dass sie eine Amazone ist. Und auf dieses Volk ist Amerika seit dem Angriff der Amazonen auf Washington alles andere als gut zu sprechen …
Die diesmal sehr Phantastik-lastige Storyline macht wirklich Laune. Gail Simone hat „Wonder Woman“ nach dem zwar nicht schlechten, aber irgendwie doch holprigen Neustart der Serie durch den US-Verlag DC die dringend benötigte, storytechnische Stabilität, nicht zuletzt auch in der Qualität, wieder verliehen. Auch wenn ich persönlich finde, dass ihre Geschichten (noch) nicht an die von Phil Jimenez („Paradise Lost“) und Greg Rucka („Down to Earth“) herankommen, verstehe ich, warum Simone von den Wonder Woman-Fans momentan begeistert gefeiert wird. Ihr gelingt es, die unterschiedlichen Aspekte, die Wonder Woman ausmachen, unter einen Hut zu bekommen: sowohl ihre Sanftheit als auch ihre kriegerische Natur; ihre Wurzeln in der Mythologie sowie das Potential, dass in ihr steckt. Besser als jeder andere Superheld eignet sich die Amazone dafür, Geschichten in phantastischen Dimensionen zu erzählen – wie eben jene hier, in der die wilde, kämpferische Seite Dianas eindrucksvoll zur Schau gestellt wird. Simone macht deutlich, dass die Heldin mehr ist als ein heißes Comic-Babe mit schwarzer Lockenmähne. Ein bisschen mehr erhoffe ich mir in zusätzlichen Heften noch von der zwischenmenschlichen Komponente. Ja, Diana zeigt sich endlich einem potentiellen Lover offen gegenüber, und das gelingt der Skriptautorin auch sehr gut (in „Das Ende der Welt“ gibt es eine Sequenz, in dem Diana ihren Geliebten ihrer Mutter auf der Paradiesinsel vorstellt: eines der Highlights des Bandes!). Schmerzlich vermisst wird doch eine etwas ausführlichere Interaktion Dianas mit ihrem Spiegel-Zwilling Donna oder ihrem einstigen Sidekick Cassie und manche in der Story aufgegriffenen Themen wirken – zumindest jetzt – etwas unvollendet. Zudem habe ich rein persönlich Probleme mit Dianas Entscheidung, eine Geheimidentität anzunehmen. Seit ihrem Reboot durch Perez hat sich die Amazone immer gerade dadurch ausgezeichnet, eben keine zu haben …
Wo Simone wieder punktet, ist im humoristischen Bereich: Der Sammelband enthält nämlich außer „Das Ende der Welt“ noch einen Zweiteiler, in dem es Diana mit einer Filmcrew zu tun bekommt, die einen Wonder Woman-Blockbuster drehen will. Die Sequenzen am Set sind herrlich komisch, wenn Simone einstige Ursprungsmythen der Superheldin noch einmal hervorkramt, Diana darüber jedoch nur völlig sprachlos den Kopf schütteln kann. Außerdem ist der Zweiteiler natürlich eine sehr gelungene Anspielung auf die heiß erwartete „Wonder Woman“-Hollywood-Verfilmung, die nach mehreren Jahren in der Planung auf unbestimmte Zeit wieder auf Eis gelegt wurde.
Ebenso überzeugend wie die Storyline des Sammelbandes sind übrigens die Zeichnungen, die diesmal von Aaron Lopestrie („Das Ende der Welt“) und (ein wenig schwächer) Bernard Chang („Ein Stern am Himmel“) stammen. Die sind dynamisch, detailreich und setzen die epische Storyline perfekt um.
Insgesamt ist „Wonder Woman – Das Ende der Welt“ ein wirklich rundum gelungener Storyband auf 128 Seiten, der sowohl die Serienübergreifende Handlung langsam voran bringt als auch zwei in sich abgeschlossene Geschichten erzählt, die sich auch für Quereinsteiger eignen.
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