Darkstars Fantasy News


9. Mai 2010

Interview mit Horst Gotta von Splitter

Category: Interviews – Darkstar – 15:23

Splitter - Götterdämmerung PreludeDa gestern Gratis-Comic-Tag war, passt das folgende Interview wunderbar zu diesem Wochenende. Der Splitter Verlag hat sich in den letzten Jahren mit wundervoll aufgemachten Comicalben, von denen nicht wenige phantastische Geschichten erzählen, einen Namen gemacht.

Als langjähriger Comic-Fan freut es mich, dass Horst Gotta Zeit gefunden hat, sich mit mir  über Splitter, das Verlagsprogramm und über die Produktion von Comics zu unterhalten.

Interview mit Horst Gotta von SPLITTER

Splitter - Die DruidenVielleicht sollten wir so beginnen: Was macht deiner Meinung nach generell einen guten Comic aus?

Die Bezeichnung „gut” wird auf Leserseite grundsätzlich sehr subjektiv gesehen und da ist eine Definition aus Verlegermund fast schon problematisch. Wir selbst aber zurren die Qualitätsfestlegung intern anhand von möglichst vielen „objektiven Bewertungskriterien” fest. Dabei ist vorrangig gut, was die jeweilige Erwartungshaltung erfüllt. Fantasy-Geschichten sollten deshalb auch viel Phantasie versprühen.

Splitter - StormDabei suchen wir vorrangig Titel aus, die einmal die klassischen Klischees erfüllen aber andererseits (zur Abwechselung) auch Titel, die das unerwartete ansprechen. Sowie auf andere Genres übertragen, bedeutet dies, dass SF irgendwie mit Zukunfts-Techniken zu tun haben muss; ein Krimi muss spannend sein; ein History-Album muss einen aktiv in die jeweilige Zeit entführen. And so on…. and so on .. Das hört sich jetzt alles nicht sonderlich überraschend und schon gar nicht feinsinnig an, aber für den Großteil des laufenden Programms setzen wir voll auf die Gängigkeit der eingekauften Artikel. Das, was dem Leser auch Spaß macht, ist in unseren Augen gut.

Ein weiterer wichtiger Punkt für einen Alben-Verlag, der bevorzugt großformatige „Bildbände” herausbringt, sind dann natürlich auch die handwerklich sichtbaren Kriterien, wie die zeichnerische Qualität und der Aufwand innerhalb der Arbeit, dessen Wirkung nicht unerheblich ist. Viele unserer Alben werden auch deswegen gekauft, weil sie viel visuellen Spaß fürs Geld beinhalten.

Splitter - ArawnUnd was ist für dich der besondere Reiz an frankobelgischen Comics?

Ganz vorrangig liebe ich die Orientierung auf das (ich nenne es immer so) Autorencomic. Der Künstler steht mit seinem Werk im Vordergrund. Sei es die persönliche Note, die immer mitschwingt oder einfach nur das Gefühl, dass Qualität entsteht und nicht eine Massenproduktion, die sonst eher in großen Studios oder unter Zeit- und Gelddruck einer wöchentlichen oder monatlichen Produktion anfällt.

Viele Comicalben konzentrieren sich auf ein phantastisches Setting. Was begeistert so viele Leser – und Autoren/Zeichner – deiner Meinung nach am Fantasy-Genre?

Splitter - YtahqZuerst hatten wir vor ein paar Jahren in dem Segment ganz einfach eine gewisse Lücke. Die Begeisterung (zumindest die bei den Splitter-Produkten) fußt auf dem Wiedererstarken eines vorher fast beerdigen Genres. Und das, weil andere Verlage vorher mit Nachdruck aus diesem Segment ausgestiegen sind … Unabhängig davon aber ist gerade der Fantasy-Bereich natürlich schon immer sehr lebhaft und hat so viele Spielarten. „Wahrscheinlich” ist also diese Freiheit der Ursprung für gute Ideen und dann natürlich auch für die Begeisterung der Leser.

Wie hat sich das Fantasy-Genre in den letzten Jahren aus deinem Blickwinkel? Und welche Trend siehst du für die nähere Zukunft?

Ein große Änderung sehe ich nicht. Aber du sprichst das Genre wohl eher im allgemeinen an, und natürlich gibt es in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Spielebranche, mit fortschreitender Technik auch neue Möglichkeiten, die zwar vor vielen Jahren vielleicht schon in den Köpfen der Macher schlummerten, jedoch nicht so einfach umzusetzen waren. Allein hier wird eine ganze neue Ära entstehen, die mit der heutigen „Unterhaltungsindustrie” nicht vergleichbar ist. … Wobei diese Entwicklung – im direkten Vergleich – eher wenig Einfluss auf den Comic nehmen wird.

Splitter - Kai Meyers WolkenvolkMit „Das Wolkenvolk” habt ihr euch meines Wissens an eure erste Eigenproduktion gewagt. Wie kam das?

Das Wolkenvolk war nicht unsere zuerst gestartet Eigenproduktion, aber sie ist die zuerst veröffentlichte :-).  Diese Trilogie war von Anfang an am produktivsten umzusetzen und hat deshalb als erste den Weg zum Markt gefunden. Zustande gekommen ist die Serie, weil Kai Meyer, Ralf Schlüter, Yann Krehl und die Macher von Splitter sich gegenseitig (teils über Ecken) kannten und sich dies bei der Suche nach einem Thema und dem passenden Team sofort anbot.

Von der Idee zum Comic – Kannst du uns ein bisschen einen Einblick in die Entwicklung und die Erstellung eines Comicalbums geben?

Splitter - Ritter des verlorenen LandesDie Entstehung eines Comics ist so individuell, dass es keine streng einzuhaltende Formel gibt, aber „sehr häufig” geht das so: zuerst wird ein Handlungsplot geschrieben, der die Figuren und die Story umreißt; darauf aufbauend wird ein Skript erstellt, in dem die Seiteneinteilung und die gesprochenen Texte eingearbeitet werden. Damit wäre die eigentliche Arbeit des Ideenbringers und Texters (meist ein und dieselbe Person) abgeschlossen und der Zeichner baut daraufhin aus dem Skript Scripple-Seiten in Comicform.

Diese Scripples können schon exakt ausgearbeitet sein, oder auch nur in reduzierter Ausführung (z. B. in Strichmännchenform) vorliegen. Daraufhin erfolgt die Ausarbeitung in Bleistift, die ebenfalls mal perfekt oder auch mal nur angedeutet daherkommt. Auf dieser Basis folgt dann meist das Absegnen aller Beteiligten zur fertigen Ausführung. Die Bleistift-Reinzeichnung wird eventuell verfeinert, oder es wird eine Tuscheversion davon erstellt (mit Blauandrucken, per Leuchtkasten etc.) und diese Vorlage geht in die Koloration. Bei Seide und Schwert wurden bisher auch die logische Trennung von Bleistift, Tusche und Farbe auch von drei Künstlern ausgeführt (von Ralf, Dirk und von mir). Das dritte Album jedoch wird die Farbe direkt auf dem Bleistift haben.

Wie seid ihr ausgerechnet auf diesen Kai-Meyer-Roman gekommen? Hätte sich nicht eines seiner Werke mit einem europäischen Setting eher angeboten?

Wie oben schon angesprochen: Seide und Schwert passte perfekt in die Fantasy-Lücke und alle Beteiligten waren auch von Anfang an von Idee begeistert, die Grundidee des Wolkenvolkes in gezeichneter Form aufleben zu lassen.

Splitter - Seide und SchwertSeid ihr mit der bisherigen Resonanz zufrieden?

Ja, Seide und Schwert erfüllt im Verkauf alle realistischen Vorstellungen. Es ist einer unserer gut laufenden Titeln und die Resonanz fast zu 100% positiv. … Natürlich bleibt das grundsätzliche Problem erhalten, dass die Verkaufszahlen in Deutschland nicht „zum Leben” ausreichen. Wir hoffen natürlich bald eine Lizenz außerhalb unserer Grenzen zu verkaufen.

Was sind deiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen der Romanvorlage und den Comics?

Die optische Aufbereitung… nur die optische Aufbereitung ist anders! Ansonsten herrscht ein großer Gleichklang zwischen der Romanvorlage und dem Comic. Kai Meyer wollte das so und achtet mit „strengem” Auge darauf. Er ist von Seite zu Seite in die Entstehung involviert und wir möchten auch, dass er unsere Entwürfe mit der Ideenwelt in seinem Kopf abgleicht. Gerade aktuell hatte Ralf die Steinernen Riesen ein Spur zu klein umgesetzt und wurde sofort darüber informiert. Alles in allem bekommt der Leser der Romanvorlage somit so etwas, wie eine erweiterte Interpretation, aber trotzdem folgt  inhaltlich alles den gleichen Grund-Gedanken Kai Meyers.

Werden noch weitere (Kai Meyer)-Romanadaptionen folgen?

Ja! So ist es zumindest geplant! Es bleibt nur die Grundproblematik, dass die Umsetzungen immer aufwändig und langwierig sind. Aber der Verlag und Kai wollen diesen Weg weiter gemeinsam beschreiten.

Splitter - GarulfoUnd wie sieht es mit weiteren eigenen Produktionen von Splitter aus?

Vor dem Wolkenvolk war schon das Perry-Album in Arbeit. Es ist durch die Arbeitsbelastung im Verlag (Dirk Schulz und ich haben daran gearbeitet) einfach noch nicht fertig und die höchste Dramatik kam nun auch noch hinzu, dass unser Freund und Autor Robert Feldhoff letztes Jahr gestorben ist. Die Story schrieb er aber vorher „bewusst” noch fertig und wir wollen das Werk quasi „posthum” auch irgendwann abschließen.

In Frankreich ist eine Adaption der Bestseller-Romane von Robin Hobb über den Weitseher Fitz erschienen. Wäre das nicht etwas für euer Programm?

Ja natürlich…  als wir aber das erste mal über den Titel mit dem Lizenzgeber sprachen, war nicht klar, wie es im Original weitergehen würde. Es kam auch  – soviel mir im Moment einfällt – deswegen zu einem Zeichnerwechsel… mehr weiß ich im Moment nicht darüber… schau’n mer mal!  ;-)

Splitter - Die Legende der DrachenritterWelche Highlights erwarten uns denn noch in den folgenden Monaten?

Viele Highlights!  :-) Die Planung für den neuen Katalog schließen wir noch im Mai ab. Danach wird recht schnell bekannt gegeben, wohin die Reise geht. Vorab verraten wir traditionell eher nichts – der jeweilig neue Katalog ist somit auch schon so etwas, wie eine Kult-Bibel geworden und wir wollen die Vorfreude darauf nicht trüben.

Wenn allgemeinere Formulierungen auch erlaubt sind? Wir werden neben Comanche einen weiteren Western starten, wir werden „unsere” Alt-Stars, wie Jodorowsky, Gimenez und Arleston wieder mit Neustarts ins Rennen schicken. Wie überhaupt die Autorenpflege bei Splitter ein große Rolle spielt (Neues von Vincent, Sokal, Lamontagne etc. etc.). Alle Langläufer, wie Ythaq; Yiu, Legende der Drachenritter, Marlysa, Storm, Kreuzzug, Dunkler Turm etc. werden fortgesetzt und es gibt viele viele Neustarts von großen Jungtalenten.

Splitter - ComancheHast du persönlich einen Lieblingscomic?

Aktuell ist das ganz klar der laufende Western Comanche. Mit dieser Serie bin ich groß geworden und mit meinem Engagement beim Restaurieren mancher Original-Seiten schließt sich für mich der Kreis zu manchem meiner Träume. Es ist mir eine Herzensangelegenheit hierfür übersetzen, lettern. layouten, retuschieren und illustrieren zu dürfen.

Wenn du eine fiktive Figur aus einem beliebigen Comic treffen könntest. Wer wäre das, und warum?

Veronique aus meiner Lieblings-SF-Serie Valerian und Veronique. Das wäre „saugxxxx”, wenn sie mich mal mit da hoch nehmen würde, hoch zu den Sternen … und ich an ihrer Seite die Shinguz   und die Ureinwohner von Alflolol kennenlernen, sowie die Weltraumstadt Central-City betreten könnte.

Viele junge Leute träumen davon, Comiczeichner zu werden. Fällt dir ein guter Ratschlag ein, den du ihnen mit auf den Weg geben möchtest?

Splitter - KreuzzugDran bleiben… immer dran bleiben! Ohne viel Engagement ist man in Deutschland aufgeschmissen. Natürlich hilft einem auch Talent weiter und das ist in vielen Bereichen auch Voraussetzung, aber das Dran bleiben ist existenziell wichtig. Dabei sollte man immer alle Hemmungen fallen lassen und möglichst viel seiner Ideen und Arbeiten präsentieren (am besten nur die Besten! :-) ). Aber natürlich ab und an auch auf die Verlage hören… zumindest auf diejenigen, bei denen man wirklich verlegt werden möchte! ;-)

Vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Alles Gute für dich sowohl beruflich als auch privat!

Ich danke Dir und den Fantasy-News-Lesern für das Interesse an unserer Arbeit.   :-)

Die Website von Splitter – natürlich mit ausführlichen Infos zum Programm – findet ihr hier!

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2 Comments »

  1. Danke, das war echt interessant. :)

    Kommentar by Jessi — 9. Mai 2010 @ 18:04

  2. Schönes Interview!

    Kommentar by Ralf — 12. Mai 2010 @ 10:30

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