Ihr habt sicher schon das „Sagaverse“-Banner auf der rechten Seitenleiste von meinem Blog entdeckt. Sagaverse ist ein neues Browser-Game in der Tradition von Rollenspiel-Büchern. Als Spieler taucht man ein in die Welt der Wikinger und kann, basierend auf den Entscheidungen, die man trifft, seine ganz eigene Saga erleben. Eine jede Geschichte beginnt auf einem norwegischen Hof zur Zeiten der Wikinger. Es ist eine unsichere Zeit: Lokale Herrscher teilen das Land unter sich auf. Doch es gibt einen, der das gesamte Land mit seinen Truppen überrollt und es an sich reißen will: König Harald Strubbelkopf. Bald wird auch der Spieler mit den Auswirkungen dieser Entwicklung konfrontiert. Was wird er tun? Kämpfen? Sich dem König anschließen? Oder vielleicht einfach eine ganz eigene, andere Geschichte schreiben?
Entlang einer epischen Geschichte entwickelt man seinen Charakter zum Bauern, Plünderer, Berserker, Zauberer, Skalde oder Priester – die Entscheidungen des Spielers entscheiden. In Sagaverse führen viele Wege zum Ziel – und danach immer weiter. Denn die Welt von Sagaverse wird ständig weiterentwickelt und vergrößert.
Ein ambitioniertes Projekt, das auch denen Spaß machen könnte, die mit World of Warcraft & Co. nichts am Hut haben. Weil’s auch mir sehr gut gefällt, habe ich mich Nils Kreutzer, dem Erfinder und Macher von SAGAVERSE, im Rahmen eines Interviews über seine Spielwelt unterhalten.
Interview mit Nils Kreutzer zum Browser-Rollenspielgame SAGAVERSE
Was ist das Sagaverse?
Das Sagaverse ist eine historisch orientierte Spielwelt, die etwa um das Jahr 870 in Nordeuropa angesiedelt ist – es geht also um die Anfänge der Wikingerzeit. Man beginnt das Spiel auf einem Bauernhof in Norwegen, das in dieser Zeit noch aus vielen unabhängigen Kleinkönigreichen besteht. Harald Schönhaar – zu dieser Zeit noch Strubbelkopf genannt – will das ganze Land unter seine Führung bringen und besiegt König um König. Doch seine Gegner schließen sich zusammen: die entscheidende Schlacht steht bevor. Der Charakter gerät in die Wirren des Krieges – kämpft er mit Harald oder macht er sein eigenes Ding?
Die Story lässt dem Spieler sehr viel Freiheit – aber untereinander konkurrieren die Spieler um Ruhmpunkte in den ganz unterschiedlichen Bereichen Kampf, Religion, Kunst, Reichtum und Magie. Je nachdem, wie man das Spiel spielt, erlangt man Ruhm in den unterschiedlichen Bereichen. Technisch gesehen ist Sagaverse ein browserbasiertes Spielbuch-Textadventure als freie Spielwelt mit charakterentwickelnder Quest. Ein Stück weit eine eierlegende Wollmilchsau – kurzum: Sagaverse ist das Spiel, das ich selber gerne als Browserspiel spielen würde.
Hinter dem Projekt stehst du als Ein-Mann-Union. Kannst Du Dich selbst kurz vorstellen und uns verraten, wie man es schafft, ein Browsergame allein auf die Füße zu stellen?
Das stimmt ja nicht so ganz – ohne die Unterstützung von einer Menge Leuten wäre ich nie so weit gekommen. Allen voran muss ich da meiner Frau Jessica danken, die es tatsächlich für eine gute Idee hielt (und immer noch tut), dass ich bis jetzt fast zwei Jahre Arbeitszeit in ein Browserspiel stecke, von dem ich nicht weiß, ob ich eines Tages davon die Miete zahlen kann. Einfach weil es das ist, was ich schon immer mal machen wollte. Das ist perfektes Teamwork, auf einer Ebene, die über das Projekt hinausgeht. Außerdem ist sie natürlich meine schärfste Kritikerin. :) Was gut ist! Wenn mir jemand sagt, das Spiel ist toll oder mies, hilft das nicht. Es ist viel besser, wenn jemand sagt, das und das ist gut, aber jenes total mies, das kannst du besser. Dann heißt es für mich – zurück an den Rechner. Nicht aufgeben, an sich und die Sache glauben, es besser machen.
Aber ich sollte mich ja vorstellen. Ich heiße Nils Kreutzer, wurde 1976 in Kiel geboren und bin schon frühzeitig mit Computerspielen (Atari, Amiga, C64, PC…) und Rollenspielen in Kontakt gekommen (als D&D damals rauskam, musste mein großer Bruder das unbedingt ausprobieren). Bis zu meinem Architektur-Studium hatte ich dann schon einige LAN-Partys und unzählige Stunden als Rollen-Spielleiter hinter mir.
Zum Rollenspiel hatte ich dann im Studium nicht mehr die Zeit, da habe ich dann verstärkt Forenrollenspiele und Spielbücher ausprobiert. Nach meinem Studium habe ich dann 2007 ein Praktikum bei der Spieleschmiede Radon Labs in Berlin gemacht. Das war schon ein Traum: den Tag über an Spielen arbeiten und abends noch mit den Kollegen zocken. Leider ist das als Praktikant eine brotlose Kunst, und so musste ich am Ende meines Ersparten dann erstmal jobben gehen und bin in einem Kino gelandet. Nebenher habe ich mir PHP beigebracht und ein Fernstudium zum Multimedia-Designer gemacht. Als ich dann zum Vollzeit-Theaterleiter aufstieg, hatte ich für solche Dinge leider erstmal keine Zeit mehr. 2009, nach der Geburt meines Sohnes, haben meine Frau und ich dann zusammen beschlossen, dass die Zeit gekommen war, meine Sagaverse-Idee in die Realität umzusetzen.
Was hat Dich zu Sagaverse inspiriert?
Seit meinem Praktikum bei Radon Labs wollte ich ein eigenes Spiel machen. Dabei dachte ich anfangs an andere Genres und andere Umsetzungen – die üblichen Verdächtigen eben: Fantasy, Sci-Fi, oder Dark Future als grafisches 1st oder 3rd-Person-Game. Ich konnte lange auf der Idee herumdenken und kam schließlich zu dem Schluss, dass ich so ein Projekt in grafischer Umsetzung niemals alleine durchziehen könnte.
So sollte es also ein textbasiertes Spiel mit gemalten Bildern werden. Aber welches Genre passt zu so etwas am besten? Wie der Zufall so wollte, konnte ich zu dieser Zeit bei einer zweiwöchigen Island-Exkursion dabei sein. Ein wunderschönes Land, definitiv eine Reise wert. Und wie sich herausstellte auch ein Land mit einer sehr reichhaltigen mittelalterlichen Literatur, den Sagas. Da kommen Trolle, Geister und Berserker in Geschichten vor, die alle in einem historischen Kontext spielen.
Klar haben sich bereits viele Fantasy-Autoren, allen voran natürlich Tolkien, aus diesem reichhaltigen Sagenschatz bedient. Aber ein historisches Game-Setting, das gleichzeitig Fantasie-Elemente aufweist, gibt es in der Wikingerzeit noch nicht (zumindest ich habe davon noch nicht gehört). Sozusagen “Urban Fantasy” bei den Wikingern. Und durch meinen Vater (der emeritierter Professor für Skandinavistik ist) habe ich kostenlosen Zugang zu allen Übersetzungen der alten Sagas (ja, du bekommst die Bücher eines Tages zurück…). Das passte alles irgendwie.
Ein bisschen scheint das Game mich an die Rollenspiel-Bücher der 80er Jahre zu erinnern. Ist das Zufall?
Nein, absolut kein Zufall. Spielbücher haben mich schon immer besonders fasziniert, und ich habe mittlerweile eine große Sammlung. Die Klassiker habe ich fast komplett beisammen: die Fighting Fantasy-Reihe, “Einsamer Wolf“, die “1000-Gefahren“-Reihe (“Insel der 1000 Gefahren” war mein erstes Spielbuch) und viele, viele weitere Bücher. Aber erst als ich auf die – leider bis heute unvollendete – “Sagaland“-Reihe (“fabled lands” im Original, von Dave Morris und Jamie Thomson) stieß, kam ich auf die Idee für Sagaverse. Die Spielmechanik in “Sagaland” ist für Spielbücher bahnbrechend – anstatt eine kontinuierliche Geschichte mit mehreren Verästelungen zu lesen, bereist man in “Sagaland” einen Abschnitt der Weltkarte von “Sagaland”.
Die Serie hat natürlich auch ihre Schwächen. So verzichten die Bücher leider komplett auf eine weiterführende Geschichte. Das wollte ich mit Sagaverse besser machen: es sollte virtuelle Welt sein, aber trotzdem eine kontinuierliche Geschichte haben.
Was erwartet den Spieler in Sagaverse? Richtet sich das Game auch an Phantastik-Begeisterte, die mit üblichen Browsergames weniger anfangen möchten?
Jeder Spieler erlebt im Sagaverse eine einzigartige Geschichte, die sich in ganz verschiedene Richtungen entwickelt. Ja klar, werden jetzt einige denken – aber letztlich muss ich doch immer dieses und jenes machen. Nein. Wie funktioniert das? Die persönliche Geschichte des Charakters baut sich aus Modulen zusammen, in denen man wiederum verschiedene Wege gehen kann. Es gibt dabei nicht den “richtigen” oder “falschen” Weg, es beeinflusst vor allem den Lebensweg des Charakters, seine “Saga”, die sozusagen alles mitschreibt.
Das ist leider sehr aufwendig zu programmieren, und so wird die persönliche Geschichte der Charaktere immer nur Stück für Stück weitererzählt werden. Immer wenn ein Teil fertig ist, geht es ein Stück weiter. In der Zwischenzeit kann man die Welt bereisen und Handeln, Gegenstände bauen, Ruhm verdienen…
Woher hast Du Deine Ideen für die Welt geschöpft?
Die meisten Ideen kommen direkt aus den Sagas. Da gibt es wirklich unzählige Geschichten und Charaktere, die man fast eins zu eins übernehmen kann. Es sind aber auch einige moderne Anspielungen im Spiel vorhanden, wobei ich natürlich immer darauf achte, dass alles auch in die Zeit passt. Internetrecherche zu speziellen Themen, nordische Märchenbücher und natürlich meine weit schweifende Phantasie sind weitere Quellen für die Begegnungen im Sagaverse.
Wie wird es mit Sagaverse weiter gehen?
Zunächst werden natürlich ständig weitere Inhalte nachgeliefert. Ich plane, das Gebiet, das man im Spiel bereisen kann, auf das tatsächlich von den historischen Wikingern bereiste Gebiet auszudehnen. So kann ich die Geschichten, die in den Sagas erzählt werden, an ihren korrekten Handlungsplätzen spielen lassen.
Wird Sagaverse auch wirtschaftlich ein Erfolg, wird es irgendwann auch weitere historische und zukünftige/phantastische Welten geben – Steinzeit, Römer, die 80er (gibt es so etwas eigentlich schon?), Dark Future, Sci-Fi…
Das werde ich natürlich nur mit der Hilfe weiterer Autoren und Künstler schaffen. Wir werden sehen. Ständig in Bewegung die Zukunft ist.
Vielen Dank!
Die Website von Sagaverse findet ihr hier!
Go, Nils, go!!! ;) Klingt nach ner super Sache! Glückwunsch!!
Kommentar by Peggy — 6. September 2011 @ 20:36