Ganz frisch in die Läden gekommen ist Nina Blazons neuer historischer Jugendroman “Wolfszeit“. Darin geht sie dem Mysterium um die Bestie vom Gévaudan nach – jener legendären Mordserie vor einigen hundert Jahren in der Auvergne, deren Täter bis heute nicht eindeutig identifiziert werden konnte.
Höchste Zeit also für ein neues Interview mit der talentierten Autorin. Nina Blazon hat sehr ausführlich aus dem Nähkästchen geplaudert.
Interview mit Nina Blazon zu “Wolfszeit”
Liebe Nina, versuch doch bitte, uns in ein paar Schlagworten ein Gefühl dafür zu vermitteln, was uns in WOLFSZEIT erwartet.
Versailles und Paris im 18. Jahrhundert, Ludwig XV, die junge Marie-Jeanne Bécu (die später als Madame du Barry, Mätresse des Königs, in die Geschichte einging). Eine dramatische Hochzeit, Intrigen bei Hofe und bürgerliche Karrieristen, die über Leichen gehen, um gesellschaftlich aufzusteigen.
Und als Gegensatz dazu: Südfrankreich, wilde Gebirgslandschaften, keltische Bräuche, schwarze Madonnen in den Kirchen, dramatische Familienkonflikte, eine verbotene Liebe zwischen den Ständen, mysteriöse Morde, Wolfsjagden und viel akribische Ermittlungsarbeit.
Kurz gesagt: Aufklärung contra Aberglaube, wilde Gebirgslandschaften contra poliertes Versailler Parkett, poetische Märchen contra martialische Morde, das Helle und das Dunkle …
Zu deinem neuen historischen Roman haben Dich die Ereignisse um die Bestie vom Gévaudan inspiriert. Du bist nicht die erste Künstlerin, die sich mit diesem Stoff auseinandersetzt. Weshalb hast Du trotzdem beschlossen, dich diesem Thema zu widmen?
Diese Frage müsste man sich eigentlich immer stellen, wenn man als Autor einen historischen Stoff wählt – denn natürlich gibt es immer schon Bearbeitungen dazu (als ich über Katharina die Große schrieb, gab es allein in Deutschland mehrere Dutzend Romane und Verfilmungen).
Im Fall der Bestie kann man die hierzulande bekannten Bearbeitungen allerdings an einer Hand abzählen (in Frankreich sieht das natürlich ganz anders aus, dort gibt es zahlreiche Bestien-Bücher, mehrere Künstler haben sie auch als Graphic Novel verewigt). Mich hat einfach der Kriminalfall sehr interessiert, der “französische Jack the Ripper”, die Frage nach Gut und Böse, und auch die politische Dimension der Bestienjagd – das Verhältnis England/Frankreich, Zensur und Medien in der damaligen Zeit. Und natürlich die vielen Theorien französischer Forscher.
Inwiefern unterscheidet sich dein Roman von anderen Werken über dieses Thema?
Oh, da müsste ich jetzt so einiges spoilern, aber ich versuche zumindest mal einen kleinen Überblick zu geben:
„Wolfszeit“ ist ein rein historischer Roman und zudem ein Jugendbuch ohne Fantasy-Anteile. Es ist die Geschichte von Thomas Auvray, einem Bürgerlichen, der von einer Karriere als Wissenschaftler träumt und alles daransetzen muss, um eine Heirat abzuwenden, die sein Vater für ihn aus Kalkül arrangiert hat. Es gelingt ihm, sich einer Delegation von Ludwig XV anzuschließen, die ins Gévaudan reist, um die Bestie zu erlegen. Thomas, der sein Leben in Studierstuben verbracht hat und als echte Stadtpflanze nicht einmal richtig reiten kann, wird vor Ort schnell zum Schreiber degradiert, der den Verwaltungskram regeln darf (Pferde mieten für die Jagdhelfer, Quartiere organisieren, gemahlenes Glas für die Giftköder bestellen, die ganze Logistik hinter der Jagd eben – war übrigens auch spannend zu sehen, was hinter so einer Aktion alles steckte!). Aber er ist fest entschlossen, die Morde aufzuklären. Während die königlichen Jäger eine Wolfshatz nach der anderen veranstalten, ermittelt Thomas auf eigene Faust in den Dörfern.
Es ist also eine klassische Ermittlergeschichte mit viel Psychologie, Tatortanalyse und Forensik (an die Möglichkeiten im 18. Jahrhundert angepasst). Thomas tastet sich dabei Stück für Stück durch die verschiedenen wissenschaftlichen Theorien und Forschungsergebnisse der letzten zweihundert Jahre. Bei den Geschehnissen im Gévaudan versuche ich das historische Gefüge so wenig wie möglich zu berühren und meine fiktiven Personen möglichst unauffällig einzupassen. Es war Kniffelarbeit, Geschichten wie die Verhaftung von Jean Chastel und seinen Söhnen so zu begründen, dass Zeugenaussagen in den Gerichtsakten zur Interaktion mit den erfundenen Figuren passen.
Und last, but not least ist “Wolfszeit” ein Buch über Märchen und Legenden geworden. Da die Bestiengeschichte im Lauf der Jahrhunderte auch zu einer “Mär” geworden ist, passte es gut, die keltischen Wurzeln der Region ins Spiel zu bringen, die okzitanische Sprache und viele Märchenmotive.
Im Bereich Erwachsenenbuch hat Markus Heitz das Thema interpretiert (mit einer Äbtissin in einer Hauptrolle und dem historisch verbürgten Bestienjäger Jean Chastel in einer anderen) und um den Fantasy-Anteil “Werwolf” ergänzt. Seine Handlung spielt parallel auch in der Jetztzeit und ist (wenn ich den Leserstimmen glaube) sehr actionbetont. Bei Lynn Ravens Dark-Fantasy-Roman sagt ebenfalls schon der Buchtitel “Werwolf”, worum es geht. Sie setzt die Geschehnisse Jahre nach dem Fall der Bestie an und verlegt die übernatürliche Handlung in die Pyrenäen.
Der Film, der das Thema hierzulande überhaupt erst bekannt machte, ist “Pakt der Wölfe”. Er folgt den wichtigsten historischen Eckdaten wie z.B. den Jagden der Dragoner und der Episode mit dem schwarzen Wolf von Chazes, der am Königshof als Bestie präsentiert wurde. Bei dem nicht-fiktiven Teil der Auflösung stützt sich der Filmemacher auf eine wissenschaftliche These aus dem 19. Jahrhundert, die zunehmend auch wissenschaftlich gestützt wird. Die Figuren und die Handlung setzen dagegen eher auf Fantasy-und-Action-Elemente (Stichworte: eine computeranimierte, geheimnisvolle Tierart, eine indianische Hauptfigur, Martial Arts-Kampftechniken, ein weißer Arktis-Wolf als Totemtier, schamanische Heilungen, telepathische Verbindungen zwischen Wölfen und der Bestie, Agenten des Vatikans und viele weitere fiktive Elemente.) Die Chastels und einige andere Schlüsselfiguren des Falls kommen nicht vor.
Ganz ohne Fantasy-Bezug kommt der französische Fernsehfilm “Die Bestie der alten Berge” aus. Hier sind die Ereignisse akribisch nachgezeichnet, der Bestientöter Jean Chastel spielt eine der Hauptrollen, wird aber aus einer ganz neuen Perspektive beleuchtet. Chastel steht bei manchen Forschern in Verdacht, der “böse Mann hinter der Bestie” zu sein. In diesem Film wird er als ehemals hugenottischer Schmied das Opfer von Rufmord und Diskriminierung und damit zur tragischen Figur. Die Auflösung wird in mehrere wissenschaftliche Theorien “gesplittet”.
Das Lokalkolorit in beiden Filmen (Feste unter freiem Himmel nach den Jagden, die Landadel-Atmosphäre, die wuchtigen Schlösser etc.) sind, wie ich vor Ort feststellen durfte, stimmig dargestellt, denn beide Filme wurden an Originalschauplätzen im Gévaudan gedreht.
Man sieht: Ein Fall, viele Möglichkeiten.
Verrate uns bitte etwas über die Hauptfiguren Deines neuen Romans.
Der Roman lebt vom Gegensatz zweier Figuren, die wie “Tag und Nacht” sind (was sich ganz nach Märchenart auch in ihrem Aussehen spiegelt – er hell, sie dunkel): Thomas und Isabelle.
Über Thomas Auvray habe ich ja oben schon einiges verraten. Er ist siebzehn, Sohn eines Versailler Karrieristen (ein bürgerlicher Handschuhfabrikant) und versucht einer arrangierten Heirat zu entgehen. Er ist Stipendiat der königlichen Zeichenakademie, so kam er auch zum Naturforscher de Buffon, der ihn als Zeichner für seine “Histoire Naturelle” beschäftigt.
Thomas ist ein Vernunftmensch, liest Werke von Rousseau und anderer Aufklärer, setzt immer auf logische Erklärungen und strikte Vernunft und hat eine scharfe Beobachtungsgabe, die ihn oft auch in Schwierigkeiten bringt. Er hat helle Haut, die selten Sonne sieht, und weißblondes Haar – kleines Farbenspiel im “Licht der Aufklärung”. Die Jagd auf die Bestie ist seine einzige Chance, vielleicht das Wohlwollen des Königs zu gewinnen, um sein eigenes Leben führen zu können – fernab der Ränkespiele seines Vaters.
Sein dunkler Gegenpart ist die Adelige Isabelle d’Apcher, sechzehn Jahre alt – wegen ihrer schwarzen Haare, der dunklen Augen und des Trauerkleides, das sie seit dem Tod des Altgrafen trägt, nennt Thomas sie “Rabenmädchen”. Sie sympathisiert mit den keltischen Traditionen ihrer Heimat, spricht Okzitanisch, glaubt an Geister und an die “Matronen”, die drei Schicksalsgöttinnen, die in der Region früher an kleinen Tempeln am Wegrand, den “Matronensteinen”, verehrt wurden. Isabelle überlebt einen Angriff der Bestie nur knapp und schwer verletzt, allerdings hat sie keine Erinnerung mehr an das Geschehen. Genau die wäre aber der Schlüssel dazu, die Bestie zu entlarven.
Während Vernunftmensch Thomas nach dem ungläubigen Jünger in der Bibel benannt ist, spielt Isabelles Name auf das Märchen “La Belle et la Bete” an. Isabelle ist in diesem Roman meine “Märchenfigur”, in ihr spiegeln sich viele Motive keltischer Märchen – auch ein paar Grimmsche Klassiker kommen zu Ehren.
Eine dritte Figur ist Etienne Lafont, Syndicus der Diözese von Mende. Er ist (und war tatsächlich) für die Organisation der Jagden verantwortlich. (Ich habe keine Ahnung, ob er wirklich einen so trockenen Humor hatte, aber ich finde, es passt zu ihm). Er und Thomas bilden nach und nach ein Ermittlerduo mit einem Touch von “Watson & Holmes”.
Weitere zentrale Figuren sind die Thérèse Chastel und der ehemalige Soldat Adrien.
Um Dich möglichst gut in einige deiner handelnden Figuren hineinversetzen zu können, hast Du mit dem Profiler Stephan Harbort zusammengearbeitet. Wie war diese Erfahrung für dich?
Teilweise verstörend. Nicht wegen Herrn Harbort, er war sehr nett und geduldig, sondern wegen des Themas. Stephan Harbort hat die historischen Morde begutachtet (so ausführlich es eben bei den überlieferten Fakten ging) und hat mich bei Charakterisierungen eingehend beraten. Und auch für Thomas’ Biographie hat er wichtige Hinweise geliefert. Ich habe gelernt, worauf ein Ermittler bei einer Tatortbegehung achten würde, wie man Wunden unterscheidet und Rückschlüsse auf Todeszeitpunkt und Tatwaffen ziehen kann.
Da Thomas nicht auf Fotografien und moderne Technik (Genanalysen u.a.) zurückgreifen konnte, mussten diese Ermittlungsschritte in die Möglichkeiten des 18. Jahrhunderts “übersetzt” werden. So reiht Thomas sich nun in die französische Tradition zeichnender Ermittler à la Pierre Rampal ein und hat damit die Möglichkeit, Phantombilder und vor allem “Tatortfotos” selbst zu zeichnen. So konnte ich Stephan Harborts Erkenntnisse bestens für “Wolfszeit” nutzen.
Sehr spannend waren Harborts Infos zum Thema “Tierfraß an Leichen” contra “Bisswunden am noch lebenden Gewebe” (ärgs). Das sind natürlich Details, die ich nicht in aller Farbigkeit im Jugendbuch ausbreite. Hoch spannend – und gleichzeitig gruselig – war der Ausflug in die Abgründe der menschlichen Seele. Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, sollte sich Stephan Harborts Büchern vornehmen (besser tagsüber, nichts nachts in der stillen Wohnung).
Für den Bestien-Fall war es besonders wertvoll, bei der Recherche auf weitere Experten zurückgreifen zu können: Die Wolfsspezialistin Elli Radinger zum Beispiel, die sich in ihrem Buch “Wolfsangriffe” auch mit der Bestie vom Gévaudan beschäftigt hat.
Glaubst du, dass Du das authentische Feeling deiner Historienromane durch intensive Recherche erreichst?
Ich versuche einfach die Details, das “Flair” und die Besonderheit der Orte und der Zeit zu betonen. Und ich freue mich wie ein Plätzchen, wenn ich zum Beispiel herausfinde, dass in der Auvergne als Besonderheit Trollblumen und dreifarbige Veilchen wachsen. Die Gerichte, die im Buch auf den Tisch kommen, sind Originalrezepte aus der Region (Erlebnisse der besonderen Art: Tripoux und Andouillette).
Es gibt eine Szene in Wolfszeit, in der eine alte Frau am Feuer sitzt und Spitze klöppelt. Dahinter steckt ein Museumsbesuch zum Thema Handwerk (die berühmte Spitze aus dem Velay) und Zeichnungen, die ich gemacht habe, während ich einer Klöpplerin in Puy en Velay bei der Arbeit zugeschaut habe. Ich finde, solche vermeintlichen Kleinigkeiten machen den Unterschied aus zwischen der Aussage im Buch “Lieber Leser, stell dir halt irgendeine Bauernkate vor” und “Lieber Leser, schau mal, so sah es in einer Bauernkate in der Auvergne anno 1765 aus.” (PS: Übrigens gibt es in Puy en Velay die Bestie auch als Klöppelmotiv. Ein Untier, das sich gerade auf ein Mädchen stürzt. Macht sich bestimmt gut auf dem Wohnzimmertisch zum Kaffeekränzchen am Sonntag. ;-)
Für den Roman hast Du Dich auf Spurensuche nach Frankreich begeben. Inwiefern war die Recherchereise für das Schreiben hilfreich?
Zum einen für die oben genannten Details, um der Geschichte Seele und Farbe einzuhauchen. Zum anderen schlichtweg, um Material zu sammeln, in Museen zu gehen, Literatur zu finden, in Bibliotheken und Archiven zu graben.
Speziell für die Figur des Thomas war es zudem wichtig, den Weg von Versailles nach Saugues selbst zu erleben. In Versailles bin ich durch das Schloss gegangen und habe versucht, nachzuspüren, wie es im 18. Jahrhundert einem Jungen aus der Stadt gehen würde, wenn er aus dem politischen und kulturellen Zentrum Frankreichs in die (damals noch) tiefste Provinz reisen würde. Was würde ihm auffallen? Ihn befremden? Faszinieren? Was würde er von Aberglauben und Wolfszauber halten? Es sind Erlebnisse, die im Text mitschwingen (und beim Schreiben helfen sie mir sehr, ganz „einzutauchen“).
Und unbezahlbar: mit Leuten vor Ort zu sprechen und Fachliteratur einzusammeln, die noch nicht ins Deutsche oder Englische übersetzt wurde und nur dort erhältlich ist (darunter auch – als Kuriosum – ein liebevoll aufgemachter Wanderführer zu den Tatorten à la: “Zur Rechten sehen Sie heute die wunderschöne Kirche mit dem typischen Glockengiebel – und links in Richtung der Wälder lag damals die Leiche ohne Kopf …”).
Was ist Dir an der Arbeit zu WOLFSZEIT besonders schwer gefallen?
Die Leute zu töten, die leider historisch verbürgt sind. Die junge Frau, die nach draußen ging, um entlaufenes Vieh zurückzuholen, die Greisin, die mit ihrer kleinen Enkelin die Schafe hütete …
Bei solchen Szenen hatte ich selbst dieses ungute Gefühl, das man beim Anschauen von Horrorfilmen hat: wenn man zusehen muss, wie eine Figur allein auf den Dachboden steigt, um einem seltsamen Geräusch nachzugehen. Man will die ganze Zeit rufen: Hau ab! Schnell!.
Aber man muss es im Kontext der damaligen Zeit betrachten: Die Bauern konnten sich ja nicht in ihre Häuser verkriechen, bis die Sache ausgestanden war. Die Arbeit musste weiter getan werden, das Vieh musste auf die Weiden, die Felder bestellt werden, Handelswaren mussten von A nach B gebracht werden. Und wie bei heutigen Mordfällen gab es auch damals Leute, die schlichtweg zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
Seit deinem ersten Roman sind inzwischen gut zehn Jahre vergangen. Wodurch unterscheidet sich deine Arbeit als Autorin heute von der damaligen? Und wie hat sich deiner Meinung nach das Genre in Deutschland seither verändert?
Historische Romane im Jugendbuchbereich? Ich würde sagen, es spielen jetzt deutlich mehr Liebesgeschichten darin eine Rolle – und da nehme ich meine Bücher nicht aus. Mit der Ausweitung der Leserzielgruppen auf All age ist das Liebesromangenre in viele anderen Genres “hineingeschwappt” und inzwischen gehört die Lovestory mehr oder minder einfach dazu – gerade auch in der Phantastik. Das Genre “Romantasy” gibt es ja noch gar nicht lange.
Und wie sich die Arbeit unterscheidet: Es ist natürlich etwas sachlicher, routinierter geworden. Und seit viele Verlage nicht nur zwei Programme pro Jahr herausgeben (zu meiner Anfangszeit war es noch in Frühjahrs- und Herbstprogramm gegliedert), sondern zum Teil bis zu vier, ist es für Autoren mit den Abgabeterminen anders getaktet.
Insgesamt ist es schon (mein persönlicher Eindruck) schnelllebiger geworden, es kommen viel mehr Titel auf den Markt als vor zehn Jahren, gerade in der Sparte Fantasy sind es auch viele “So wie”-Bücher: also Romane, die ganz bewusst einem großen Bestseller als ergänzendes Lesefutter mit ähnlichem Thema an die Seite gestellt werden.
Vor zehn Jahren sagte man zudem noch: Ein Buch “lebt” mindestens zwei Jahre. Das wäre heute wohl schon eher ein “Longseller”. Eine sehr schöne Entwicklung ist natürlich, dass viele deutsche Autoren inzwischen ganz selbstverständlich und erfolgreich in Genres unterwegs sind, die früher fast nur amerikanischen Autoren zugetraut wurden.
Mit WOLFSZEIT gehst du auch wieder in Schulen und auf der Leipziger Buchmesse auf Lesereise. Was schätzt Du an solchen Ereignissen, in denen Du in sehr persönlichen Kontakt mit Deinen Lesern kommst. Und hast Du hierbei auch schon negative Erfahrungen gemacht?
Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie ein Buch bei den Lesern ankommt – an welchen Stellen gelacht und an welchen geschwiegen wird. Als Autor hat man ja ein verzerrtes Bild vom eigenen Buch, man schätzt andere Stellen (weil man die Arbeit dahinter kennt), man findet andere Dinge lustig und spannend (oder hofft zumindest, dass es beim Leser so ankommt). Da kann es beim lauten Lesen vor Publikum schon so manche Überraschung geben.
Negative Erfahrungen? Hm, mal überlegen: Einmal kam ein Zuhörer nach der Lesung empört zu mir und hielt eine Gardinenpredigt, warum ich den Jugendlichen solches “Zeug einimpfe” – mit Zauberei und übernatürlichen Wesen … Aber gut, das gehört wohl auch dazu, wenn man nicht nur Historienschinken, sondern auch Fantasy-Teufelszeug schreibt. ;-)
Abgesehen von der “Taverne am Rande der Welten” stehen alle deine Romane für sich. Selbst die “Woran-Saga” erzählen in sich abgeschlossene Geschichten mit unterschiedlichen Hauptfiguren. In einem Genre, in dem vor allem Zyklen boomen, scheinst Du eine Serienverweigerin zu sein. Wie kommt das?
Prinzipiell habe ich nichts gegen Reihen, ich schreibe sie nur sehr ungern – einfach, weil ich die Figuren so anlege, dass sie eine bestimmte “Reise” machen, einen Entwicklungsschritt (oft ist es der Schritt von der Kindheit ins Erwachsenenleben). Und ich wüsste nicht, was ich diesen Figuren in einem weiteren Band noch hinzufügen könnte, ohne mich zu wiederholen.
Nach dem Buch ist vor dem Buch: Darfst Du uns schon verraten, an was Du als nächstes arbeitest?
Es geht in der Alterstufe wieder ein paar Schritte zurück: vom historischen Jugendbuch zu einem Fantasy-Kinderbuch – (fast) ohne böse Bestien.
Vielen Dank für die tollen Antworten, liebe Nina, und dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast!
Weitere Infos zu “Wolfszeit” und den Hintergründen des Romans findet ihr übrigens auf einem Special auf der Website von Nina Blazon. Vorbeisurfen lohnt!
Fotos (c) Nina Blazon
Tolles Buch und Interview!
Kommentar by Kathi — 11. März 2012 @ 22:06
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Pingback by Darkstars Fantasy News » Nina Blazon: Wolfszeit | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy - ein Fantasy Blog — 15. April 2012 @ 10:39