Vor einigen Wochen erschien bei Audible.de mit “Das Gedächtnis des Lichts” das große Finale von Robert Jordans epischer “Rad der Zeit”-Saga. Nach 37 Hörbüchern und ca. 600 Audio-Stunden endet einer der beliebtesten Fantasyzyklen – und die wahrscheinlich längste Serien-Hörbuchproduktion der Welt.
Als im Frühjahr 2010 mit “Drohende Schatten” der erste Teil der Saga erschien, war die Romanvorlage noch nicht einmal beendet. Ebenfalls erst dieses Jahr ist der finale Band in Deutschland erschienen, den leider nicht mehr Robert Jordan selbst verfasst hat. Der Autor starb, ehe er sein Opus Magnus vollenden konnte. Seine Witwe und sein Verlag beauftragten daraufhin den Fantasyautor Brandon Sanderson – selbst langjähriger “Rad der Zeit”-Fan – die Saga nach Notizen von Jordan zu beenden.
Erzählt wird durch alle Bände hindurch die uralte Geschichte vom unerbittlichen Kampf zwischen Gut und Böse. Im „Rad der Zeit“ wird ein einfacher Bauernjunge – so scheint es jedenfalls – gemeinsam mit einigen Freunden in diesen Kampf hineingezogen. Er muss erkennen, dass die alten Geschichten vom Dunklen König und den magiebegabten Aes Sedai wirklicher sind, als er jemals ahnte. Als sein Dorf von grausamen Trollocs überfallen wird, macht sich Rand gemeinsam mit der Zauberin Moiraine auf in die Hauptstadt. Dort sucht man nach dem legendären Wiedergeborenen Drachen, der das Schicksal der Welt zu ändern vermag …
Robert Jordan erzählt sehr klassische Fantasy, die ein typisches Fantasy-Epos im 90er-Jahre-Stil ist. In einer mittelalterlichen Welt geht es um den Kampf des Guten gegen das Böse. Im Mittelpunkt steht eine Gruppe junger Leute. Obwohl gängige Klischees bedient werden (das Schlitzohr; der brave Bauernknabe, auf den ein großes Schicksal wartet; Frauen sind keine Kämpferinnen, sondern Seherinnen oder Zauberinnen; der Böse fällt mit einer Monster-Armee in das friedliche Idyll ein), macht das Jordan charmant.
Die inhaltliche Verwandtschaft zum “Herrn der Ringe” kann nicht weggeleugnet werden. Doch obwohl Robert Jordan sich von Tolkien hat inspirieren lassen, gelang es ihm, ein eigenständiges, rundes Werk zu schaffen, das auf dem ganzen Erdball selbst Millionen von Fans gefunden hat.
Fans, die auch dafür verantwortlich sind, dass Helmut Krauss zur deutschen Stimme des Rads der Zeit wurde: Anfang 2010 konnten Hörbuchhörer in einer Online-Abstimmung unter vier professionellen Sprechern wählen, wer die Saga ungekürzt einlesen sollte. Auch ich finde Helmut Krauss eine gute Wahl. An seiner besonnenen Erzählweise scheiden sich zwar die Geister, ich finde jedoch, dass sie wunderbar zum epischen Flari von Jordans Werk passt, welches doch sehr gemächlich beginnt.
Freunde actionlastiger Unterhaltung seien deshalb gewarnt: Es dauert, bis die Geschichte in die Gänge kommt. Der Autor nimmt sich Zeit, die zentralen Figuren der Geschichte ausführlich darzustellen, ebenso wie die lebendige, detailreiche Welt.
Dennoch: “Das Rad der Zeit” ist eindeutig etwas für Fantasy-Fans, die es ausführlich und eher klassisch als düster mögen. Wer das mag, kommt voll auf seine Kosten.