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27. Februar 2018

J. V. Jones: Das dunkle Herz der Nacht
Schwert der Schatten (1)

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 16:41

Schwert der SchattenIm von Schnee und Eis überkrusteten Norden einer Welt lebt die junge Ash Marsh wie eine Gefangene in der Maskenfestung. Ihr Pflegevater, der Stadthalter von Spire Vanis, überschüttet sie zwar mit Kostbarkeiten und beteuert ihr, wie sehr sie ihm am Herzen liegt.

Doch etwas Beunruhigendes geht von der Art aus, wie er sie von ihrer Zofe und seinen Wachen auf Schritt und Tritt beobachten lässt. Sie ahnt nicht, dass Iss mit dunklen Mächten experimentiert, die größer sind als er selbst. Dennoch spürt Ash instinktiv, dass sie ihm nichts von den seltsamen Alpträumen erzählen darf, in denen körperlose Stimmen nach ihrer rufen und die sie Nacht für Nacht quälen.

Zur gleichen Zeit entdeckt der junge Clanskrieger Raif seine magischen Kräfte. Er verfügt über die Macht, jegliche Beute mit seinem Pfeil direkt ins Herz zu treffen. Beunruhigt behält er sein Geheimnis für sich. In der rauen Welt der Clans, die in vereisten Steppen in kargen Rundhäusern leben und bei denen das Recht des Stärkeren regiert, ist Zauberei verpönt.

Dann zieht sich Raif dennoch die Feindschaft seiner geschworenen Brüder zu. Er glaubt nicht daran, dass sein Häuptling und dessen Jagdtrupp durch die Hand feindlicher Clanskrieger gestorben sind. Vielmehr ahnt er, dass Mace, der Ziehsohn des Häuptlings, den Clan verraten hat, um selbst Häuptling zu werden. Doch dem wortgewandten Mace scheint der unerfahrene Raif nicht gewachsen.

Während sowohl Ash als auch Raif sich gezwungen fühlen, aus persönlichen Gründen ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen, erkennt der Waldläufer Angus Lok, dass die Zeit erneut gekommen ist, da dunkle Mächte sich daran machen, die Welt zu verschlingen. Wenn sie nicht aufgehalten werden.

Immer mal wieder gibt es Fantasy-Sagas, die aus der Masse an Reihen und Trilogien herausstechen, weil sie mehr sind, besonders sind – wenn auch aus den unterschiedlichsten Gründen. Tad Williams Osten Ard-Saga war so eine Reihe, und George R. R. Martins Lied von Eis und Feuer. J. V. Jones Das Schwert der Schatten – wenn auch bis heute unvollendet – gehört unbedingt in diese Aufzählung.

Die Handlung ist mysteriös, clever konstruiert und spannend (und ich bin mir recht sicher, dass Jones mit unseren Lesererwartungen spielt und in Folgebänden noch einige Überraschungen für uns bereit hält) und die Charakterzeichnungen sind hervorragend. Die Handlung wird hauptsächlich aus der Sicht von Raif und Ash erzählt; es gibt aber auch ein paar Kapitel aus der Sicht einiger anderer Figuren. Sie alle sind detailreich ausgearbeitet, wirken realistisch und wissen zu packen. Das verleiht dem Auftaktband das “epische” Feeling, das man von groß angelegten High Fantasy-Reihen erwartet.

Was der Saga zudem hilft, aus der Masse herauszustechen, ist die frostige Atmosphäre, die sich gekonnt durch das ganze Buch zieht. Sowohl der realistisch-mittelalterliche Flair der schneebedeckten Nordlandstadt Spire Vanis als auch die frostüberzogene Landschaft mit ihren vereisten Seen und reifüberzogenen Fichtenwäldchen werden in Das dunkle Herz der Nacht greifbar. Ich mag mir nicht vorstellen, wie viel Recherchearbeit das Jones gekostet hat. Sie verfügt darüber hinaus über das Talent, ihre Welt so zu beschreiben, dass man beim Lesen unweigerlich seine Decke enger um sich zieht.

Das Buch habe ich erstmals im Dezember 2000 gelesen. Endlich bin ich dazu gekommen, es noch mal zu lesen. Bis heute hat es nichts von seiner Wucht und seiner Faszination verloren; wenn überhaupt, kann ich das Talent der Autorin heute noch eher würdigen. Das Schwert der Schatten ist ambitioniert und opulent, düster, packend und atmosphärisch. Stilistisch ist J. V. Jones eine Wucht. Robert Jordan hat über dieses Buch gesagt: “Besser kann man nicht schreiben”, und ich bin geneigt, ihm zuzustimmen.

Ganz klar ein High Fantasy-Must-Read.

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