Der mittlerweile dritte Buffy-Staffel 8-Sammelband “Wölfe” – soviel gleich vorab – muss sich nicht vor dem grandiosen Vorgängerband “Wie tötet man eine Jägerin?” verstecken. Die pfiffigen Dialoge, die eigentlich nicht wirklich übersetzbar sind, von Claudia Kern aber bestmöglich ins Deutsche übertragen wurden, lassen tatsächlich das einzigartige Buffy-Feeling wieder aufkommen. Dass innerhalb der an cleveren Wortgefechten und augenzwinkernden verbalen Schlagabtäuschen reichen Handlung außerdem noch massig viel passiert, ist ein willkommenes Plus. Und obwohl in den fünf versammelten Einzelheften mit Charakterentwicklung wirklich nicht geizen, vergisst der Comic nie seine Wurzeln.
Bereits der Anfang von “Ein schöner Sonnenuntergang” versteht sich als wunderbare Reminiszenz an die TV-Serie, wenn praktisch das Voiceover von Buffy Summers mit Bildern einer Schlüsselszene aus der finalen Folge unterlegt wird. “Apokalypsen geschehen”, sinniert die Titelheldin, “weil die Welt versucht sich zu verändern. Das muss sie tun. Das bedeutet entweder Chaos. Oder den Schritt nach vorn, zu etwas Besserem.”
Dass tatsächlich jede positive Veränderung auch ihre Schattenseite hat, stellt Buffy fest, als Andrew ihr Videobänder zukommen lässt, auf denen zu sehen ist, wie eine Gruppe Jägerinnen ihre Fähigkeiten dazu nutzt, Raubüberfälle zu begehen. Nun, dass die Erweckung einer Auserwählten nicht immer nur die hellen Seiten einer jungen Frau zum Vorschein kommen lässt, wissen wir bereits, seit Faith vor vielen Jahren in Sunnydale aufgetaucht ist.
Doch die Probleme in den eigenen Reihen müssen erstmal warten, denn nicht nur trifft Buffy zum ersten Mal auf “Dämmerung”, den Big Bad der achten Staffel, sondern sieht sich außerdem noch mit einer Gruppe asiatischer Jung-Vampire konfrontiert, die erstaunliche Fähigkeiten haben: sie können sich in Wölfe verwandeln und in Nebel auflösen. Das erlaubt es ihnen auch, ausgerechnet dann in das herrschaftliche Hauptquartier der Jägerinnen einzudringen, als Xander gerade zaghaft mit Renee anbandelt und Buffy endlich wieder mal ein erotisches Abenteuer erlebt. Die Asia-Vamps nutzen die allgemeine Verwirrung, um Buffys Scythe an sich zu bringen und so bleibt der Scoobie Gang nichts anderes übrig, als Hilfe an denkbar unerwarteter Stelle zu suchen und mit einem ganzen Trupp nach Tokio zu reisen, wo sie sich mit den Dieben eine dramatische Schlacht liefern, die auf beiden Seiten tödliche Opfer fordert …
Der grobe Handlungsabriss lässt durchblicken, dass Whedon und sein Trupp auch diesmal aus dem Vollen schöpfen: Da wird geliebt, gelacht, gekämpft, getrauert. Neben den bereits gerühmten Dialogen setzt der Comic auf große Bilder und spart nicht mit Schock- und Überraschungsmomenten. Wenn zum Beispiel Gozilla-Dawn durch die Straßen von Tokio wankt, macht das schon Eindruck. Auch der zu Herzen gehende Tod eines Charakters lässt nicht kalt. Die größte Überraschung dürfte für die Leserschaft allerdings darin liegen, wer denn nun Buffy aus dem Schlafbann wachgeküsst hat (siehe Band 1) und mit wem sie schließlich ins Bett springt. Dass gerade dieses Ereignis – auch im Nachgang – sehr glaubhaft und geschmackvoll erzählt wird, macht recht deutlich, was für Ausnahmetalente die Autoren sind, die an der Reihe mitarbeiten.
Während die einleitende Episode des Sammelbands noch von Serien-Creator Joss Whedon im Alleingang verfasst wurde, hat er sich für den anschließenden Vierteiler, der den Hauptbestandteil von “Wölfe” ausmacht, Verstärkung aus den eigenen Reihen holt. Drew Goddard hat in enger Zusammenarbeit mit Whedon diese Episoden geschrieben, für “Buffy” allerdings bereits während der finalen TV-Staffel Erfahrung sammeln können, bei der er für mehrere Folgen als Autor tätig war. Danach hat Goddard übrigens Skripte für die TV-Serien “Angel”, “Alias” und “Lost” geschrieben und war jüngst für das Drehbuch des Kinofilms “Cloverfield” verantwortlich. Vielleicht stammt daher sein Gespür für Actionsequenzen und schnelle, humorvolle Dialoge, die auch “Wölfe vor dem Tor” dominieren.
Auch die Zeichnungen von Georges Jeanty, der sich offenbar zum konstanten Illustrator der achten Staffel entwickelt hat – vor allem in Kombination mit der gelungenen Farbgebung von Michelle Madsen – passen zur Erzählung. Für einen amerikanischen Comiczeichner, der anders etwa als die belgofranzösischen Kollegen, jeden Monat ein gewisses Seitenkontingent runter reißen muss, nehmen sich Jeantys Illustrationen wohltuend realistisch aus, was die Proportionen und Gesichtszüge der Figuren angeht, und auch wenn nicht jedes Panel ein Kunstwerk ist, passt sein Stil gut zur Reihe. Zumindest erkennt man immer, welche Figur gerade dargestellt sein soll.
Bezüglich der Charaktere freut es den einen oder anderen vielleicht zu hören, dass diesmal Andrew Wells einen wesentlich größeren Stellenwert eingeräumt bekommt als in den vorhergehenden Ausgaben. Giles und Faith allerdings sucht man diesmal vergeblich. Dafür gesellt sich – zumindest temporär – ein alter, wenn auch unerwarteter Bekannter für die Tokio-Reise zu den Scoobies, den Langzeit-Fans (und Buffy selbst) zu Anfang der fünften Staffel der TV-Serie kennengelernt haben.
Neben einer Covergallerie bietet Panini eingangs übrigens ein weiteres Mal begrüßenswerter weise ein “Was bisher geschah”, in dem kurz die zurückliegenden Ereignisse gestreift werden, die für das Verständnis des vorliegenden Sammelbandes notwendig sind. Damit dürfen sich auch Neugierige an “Wölfe” wagen, die bei den beiden vorherigen Bänden noch gezögert haben. Wer nach der Lektüre dieses Sammelbands allerdings nicht die Sucht gepackt hat, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Denn besser kann es eigentlich kaum mehr werden.
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