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18. Januar 2009

Jenny-Mai Nuyen: Rabenmond (Hörbuch)

Category: News – Darkstar – 21:22

Rabenmond (Hörbuch)Über das Reich Wynter herrscht die mächtige Kaste der Drachen: Gestaltwandler, die die Fähigkeit haben, ihrem Äußeren Körper oder auch nur Körperteile von Tieren hinzuzufügen. Sie sind den Menschen überlegen, weil sie sich nicht von Gefühlen lenken lassen. Gerechtigkeit kann es nämlich nur geben, wenn der Verstand regiert. Das Zulassen von Gefühlen würde zum Chaos führen. Ihre mächtige Festung thront über den Ruinen einer verfallenen Stadt, in deren Ghettos die normalsterblichen Menschen in Armut hausen. Zu ihnen gehört auch das Mädchen Mion. Sie nimmt wie ihr Umfeld die Ordnung der Dinge hin. Jedenfalls bis sie in einer Mitwinternacht erfolgreich einen Fuchs erlegt – und erschrocken feststellen muss, dass es sich dabei um den Thronfolger der Drachen gehandelt hat.

Obwohl dem jungen Drachen – Lyrian – nichts passiert ist, droht Mion nun die Todesstrafe. Überraschend gerettet wird sie im letzten Moment vom Meistermaler Jagu.
Zunächst wird Mion sein Lehrling. Bald schon erkennt das Mädchen jedoch, dass Jagu mit ihr anderes im Sinn hat. Ihr soll das Undenkbare gelingen. Sie soll Prinz Lyrian den Kopf verdrehen und hinter das Geheimnis der Mittwinternacht kommen, aus der die Drachen ihre Kräfte zu beziehen scheinen. Denn zusammen mit einigen Rebellen plant Jagu eine Revolution. Tatsächlich begegnet Mion Lyrian wieder, und Jagus Plan scheint zunächst aufzugehen. Doch je besser das Mädchen den Prinzen kennen lernt, desto weniger kann sie ihn hassen. Bald schon hat auch sie bei dem gefährlichen Spiel ihr Herz verloren.

Mion ist allerdings nicht das einzige Menschenmädchen, das Gefühle für Lyrian entwickelt. Da ist auch noch Baltip, die Tochter des Tierpflegers der Drachen, die den Prinzen mit verzweifelter Leidenschaft liebt. Und während der Tag der Revolution näher und näher rückt, verstricken sich die Jugendlichen mehr und mehr in den Netzen, die sie selbst gelegt haben.

Bislang habe ich um Jenny-Mai Nuyens Romane immer einen Bogen gemacht. Interessant klangen die Klappentexte zwar immer, aber ehrlich gesagt stehe ich allzu jungen Autoren eher skeptisch gegenüber. Bei “Rabenmond” konnte ich dann doch nicht widerstehen, vor allem, da ich Anna Thalbach als Hörbuch-Sprecherin recht gerne mag.
Gut, dass die Neugier überhand genommen hat, denn schon nach dem Prolog zeichnete sich ab, das Jenny-Mai Nuyen ihren älteren Kollegen stilistisch sicher in Nichts nach steht, eher im Gegenteil. Mit einem Gespür für die richtigen Worte entführt uns die junge Autorin in ihre gleichsam magische wie tragische Welt Wynter. Der eher hauchige Lesestil von Anna Thalbach passt ausnehmend gut zu den malerischen Formulierungen der jungen Schriftstellerin. Vor dem inneren Auge des Zuhörers wird die trostlose Stadt, erstarrt in klirrender Kälte, lebendig, ebenso wie Mion, das Mädchen aus armen Verhältnissen, das trotz ihrer Protagonisten-Rolle nicht immer sympathisch ist. Überhaupt ist “Rabenmond” bemüht, auf Schwarz-Weis-Malerei zu verzichten. Mit dem Ritual, dem Jagu, sein erster Lehrling Faunia und zeitweise auch Mion verfallen sind, gelingt Nuyen außerdem ein beeindruckend geglücktes Metapher für Drogenkonsum und Drogenmissbrauch, ohne dass sie den moralischen Zeigefinger schwingt.

Ebenso wie ihr Stil lässt Jenny-Mai Nuyens Geschick, eine gut strukturierte Geschichte aufzubauen nichts zu wünschen übrig. Ihre Welt ist gut durchdacht, der Spannungsbogen, den sie zieht, gefällt. Längen gibt es kaum – jedenfalls im gekürzten Hörbuch nicht – eher im Gegenteil, die Handlung ist schnell getaktet. Das mag vielleicht der einzige Vorwurf sein, denn das Ende kommt doch etwas schnell und einfach. Dafür jedoch ist es konsequent.
In einem Genre, dass sich vor allem durch Trilogien, Mehrteiler und Endlos-Serien auszeichnet, ist es immer wieder wohltuend, einen für sich stehenden Einzelroman aufzutuen, den es sich zu lesen bzw. zu hören lohnt. Obwohl – und vielleicht gerade weil – die Welt, in der “Rabenmond” spielt, sehr interessant ist, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich die junge Autorin erneut dazu entschieden hat, ihre Geschichte innerhalb eines Bandes zu erzählen. Drachen – soviel noch an dieser Stelle – wie man sie sich im Volksglauben vorstellt, sucht man in “Rabenmond” vergeblich. In Ermangelung einer eigenen Wortkreation hat sich die Autorin dazu entschieden, den bedeutungsschwangeren Begriff als Titel für ihre magische Kaste zu verwenden.

Das Jenny-Mai Nuyen zur jüngeren Garde der Autoren gehört, merkt man allenfalls den Grundthemen an, die ihren Roman durchziehen: Die erste Liebe, der Rausch der Leidenschaft. Unsicherheit. Abenteuerlust. Rebellentum. Einzelgängerdasein – und jene überlebensgroße Tragik, die uns allen vor allem in der Pubertät als vorherrschendes Lebensgefühl zu eigen war. Das alles macht “Rabenmond” jedoch nicht weniger beachtlich. Im Gegenteil, Nuyen fängt dadurch nicht nur das Innenleben ihrer Figuren sehr gut ein, sondern dürfte auch bei ihrem primären Zielpublikum einen Nerv treffen.

Man darf gespannt sein, was von Jenny-Mai Nuyen noch zu erwarten ist. Und bis dahin kann man sich auch gern “Rabenmond” noch einmal anhören.

Fakten:

Titel: Rabenmond
Untertitel: Der magische Bund
Autor: Jenny-Mai Nuyen
Lesung: Anna Thalbach
Verlag: Audionauten, September 2008
Dauer: 7 Stunden 43 Minuten
Preis: 17,95 EUR als Download von Audible


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Ein Kommentar »

  1. Hallo,
    da kann ich dir insgesamt nur zustimmen. Ich war anfangs wegen des Alters der Autorin auch sehr skeptisch, da ich noch an “Das Orakel von Oonagh” (13jährige Autorin) gedacht habe, und war dann überaus positiv überrascht, als ich “Nijura” gelesen habe. Danach folgten dann direkt nach Erscheinen “Das Drachentor” und “Nocturna”, und ich finde, mit “Rabenmond” hat Jenny-Mai Nuyen noch eins draufgesetzt! Sie war ja nach Nijura schon eine meiner Lieblingsautorinnen, hauptsächlich wegen ihrer Sprache (unglaublich tolle Beschreibungen, Metaphern und Vergleiche – ‘bildgewaltig’, wie man so schön sagt!) und ihrer Eigenschaft, Charaktere mit vielen Facetten, die nie ganz böse und nie ganz gut sind, zu zeichnen.
    Man sieht, ich bin immer noch ganz begeistert … :-)))
    Anna Thalbach mag ich übrigens auch sehr gern, sie hat ja auch “Nocturna” gelesen!
    Freut mich übrigens, dass du Jenny-Mai Nuyen nun auch “entdeckt” hast!

    Liebe Grüße,
    Corry

    Kommentar by Corry — 19. Januar 2009 @ 19:09

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