Darkstars Fantasy News


1. Februar 2010

Christian Endres: Sherlock Holmes
und das Uhrwerk des Todes (Storyband)

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 22:07

Sherlock Holmes und das Uhrwerk des TodesOb sich Arthur Conan Doyle auch nur annähernd vorstellen konnte, wie berühmt seine Geisteskinder Sherlock Holmes & Dr. Watson werden würden? Durch die Jahre hindurch werden sie gelesen und wieder gelesen, für andere Medien adaptiert und neu interpretiert. Und ob sich Doyle im Grabe umdrehen würde, wenn er sehen könnte, was für einen Film Guy Ritchie auf Grundlage seiner Romane geschaffen hat? Oder welche Geschichten um den cleveren Londoner andere Autoren noch zu Tage fördern würden?

Auch Christian Endres – vor kurzem erst für eine seiner Kurzgeschichten mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet – konnte offensichtlich dem Charme des Meisterdetektivs nicht widerstehen. In „Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes“ hat er einige ungewöhnliche Aufzeichnungen Watsons zu Tage gefördert und bringt durch diese gleichzeitig seine Liebe zu Arthur Conan Doyles Figur als auch die zum phantastischen Genre zum Ausdruck. Endres kreuzt den Holmes-Mythos nämlich unverblümt mit dem um Peter Pan und findet ganz eigene Erklärungen für die „verlorenen Jungen“. Er schickt die bekannten Spürnasen an der Seite von Dorothy in einem Heißluftballon nach Oz, auf die Jagd nach dem letzten Einhorn und auf Kollissionskurs mit den Sirenen. Und das sind nur einige wenige Ausflüge in phantastische Gefilde, die Holmes und Watson in Endres’ Storyband unternehmen.

Kurze Erzählungen dominieren die Anthologie und eignen sich wunderbar zum Zwischendurch-Lesen. Die meisten Abenteuer sind rund zehn Seiten lang. Das ist leicht verdauliche Kost, die augenzwinkernd mit Klischees spielt. Die Geschichtensammlung schwimmt mit auf der Welle der Kreuzung literarischer Klassiker mit paranormalen Motiven, die hier in Deutschland eigentlich noch gar nicht wirklich angekommen ist und die Christian Endres trotzdem schon erfrischend eigen für sich zu nutzen weiß. Dabei verbeugt er sich eher vor den Klassikern des Genres als sie für Persiflagen auszuschlachten. So werden die Geschichten praktisch nebenher zum Zeugnis der Belesenheit des Autors. Scheinbar mühe- und skrupellos verweist er auf zahlreiche berühmte Figuren, wie etwa Prinz Eisenherz – Verzeihung: Valiant –, den Papst, Gottvater Odin, dem Puppenmeister Gepetto oder Lewis Carroll. Darüber hinaus werden diverse Referenzen zu den „bekannteren Fällen“ Sherlock Holmes’ eingeflochten.

Freilich bestechen nicht alle Geschichten gleichermaßen. Ob dieses oder jenes Abenteuer gefällt, hängt meist vom persönlichen Geschmack des jeweiligen Lesers ab. Manche Erzählungen, wie etwa „Watson im Wunderland“ oder „Muse mit sieben Prozent“ sind zudem offenbar nur dazu da, die Figur Holmes für den Leser greifbarer zu machen, gewisse Seiten seines Charakters schlaglichtartig zu beleuchten. Sie können nur im Rahmen des Bandes bestehen, nicht, wenn man sie isoliert betrachtet. Ein besonders netter Gimmik sind allerdings die “Entfallenen Szenen”, die – vom Autor kommentiert – der Sammlung hintenan gestellt sind.

Insgesamt ist „Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes“ ein gelungenes Experiment: Jene Leser, die bereits glühende Verehrer des Detektivs aus der Baker Street sind, haben durch den Storyband Gelegenheit, sich dem Genre Fantasy anzunähern, während Fantasy-Leser, die bisher um Conan Doyle einen großen Bogen gemacht haben, sich an den Mythos Holmes herantasten dürfen. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Anthologie eignet sich für alle, die sich nicht vor der Antwort auf die Frage scheuen, was Sherlock Holmes und Captain Hook gemeinsam haben.

Fakten:

Titel: Sherlock Holmes und das Uhrwerk des Todes
Autor: Christian Endres
Illustrator: Timo Kümmel
Verlag: Atlantis Verlag
Aufmachung: Taschenbuch, 241Seiten
Preis: 12,90 EUR

Bei Amazon bestellen: hier!

Danke auch an den Atlantis Verlag für die freundliche Unterstützung!

Auf der Website von Christian Endres findet ihr übrigens diverse Teaser aus der Anthologie.

Tags:

Ein Kommentar »

  1. […] auf Christian Endres’ Website ein kleines Goodie: Er hat zwei Kurzgeschichten aus seiner Sherlock Holmes-Anthologie nochmal online gestellt, die einen Bezug zum Wunderland und dessen Schöpfer, Lewis Carroll, haben. […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Sherlock Holmes im Wunderland | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 8. März 2010 @ 22:12

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