Ab 14. Mai 2010 ist die Jubiläumsausgabe des monatlich erscheinenden Phantastik-Magazins “NAUTILUS – Abenteuer & Phantastik” am Kiosk und im Comicfachhandel erhältlich. Stolze 75 Ausgaben zählt die Zeitschrift inzwischen.
Dass ich seit gut eineinhalb Jahren für die “NAUTILUS” schreibe, ist regelmäßigen Lesern meines Blogs wahrscheinlich bereits aufgefallen. Anlässlich des Jubiläums habe ich die Gelegenheit beim Schopf gegriffen und Jürgen Pirner, Herausgeber und Chefredakteur der “NAUTILUS” ein Loch in den Bauch gefragt. Seine Antworten zur “NAUTILUS”, ihrer Entstehungsgeschichte, zur Produktion einer Ausgabe und zu den Highlights der vergangenen Jahre findet ihr im folgenden Interview.
Interview mit Jürgen Pirner von der Nautilus
Lieber Jürgen, erstmal herzlichen Glückwunsch zu 75 Ausgaben “Nautilus”! Bevor wir uns dem Magazin selbst zuwenden, vielleicht magst du dich eingangs kurz selbst vorstellen?
Uff, ich war bislang in meinem Leben Tellerwäscher und Kartoffelschäler, Hilfs-Werker im Dampfkesselbau, Packer in einer Stückgutspedition, Schüler an 7 verschiedenen Schulen in 13 Bildungsjahren, Student, Universitäts-Dozent für Typographie, Bleisatz und Druckgraphik, Ausstellungs-Organisator, Gymnasiallehrer, Pflanzensoziologe und prämierter Naturgärtner, Graphiker mit diversen nationalen und internationalen Ausstellungen, Layouter, LIVE-Rollenspiel-Veranstalter, Rollenspiel-Abenteuer-Autor, Katzenhalter, Doktorant im Fachbereich Freiraumplanung, Märchen-Autor, Verlags-Lektor, Arbeitsloser, Fachjournalist & Rezensent im Bereich Film, Comic, Literatur & Spiele, Musikinstrumentenbauer, Folk-Musiker mit eigener Band, international mehrfach preisgekrönter Programmierer einer Künstlichen Intelligenz, Verleger und Herausgeber einer monatlichen Fantasy-Zeitschrift – nicht alles in dieser Reihenfolge.
Wie bist du auf die Idee gekommen, die Nautilus herauszugeben?
Das war eigentlich keine Idee, sondern ein Schicksalsschlag: Irgendwann in den 80ern war ich sogenannter “Feuerwehrlehrer” an einem Gymnasium in Hannover – das waren damals in der Zeit des Einstellungsstops jene Lehrer, die vor den Ferien gefeuert und danach auf Zeit wieder eingestellt wurden. Deshalb habe ich lieber mein Hobby zum Beruf gemacht und wurde Chefredakteur bei meinem Lieblings-Fantasy-Magazin, der ZauberZeit. Als der herausgebende Verlag etliche Jahre später unverschuldet Konkurs anmelden mußte, habe ich mich mit dem Magazin selbstständig gemacht. Das war vor 18 Jahren. Seither gibt es die NAUTILUS.
Wie ist der Magazin-Name entstanden?
Quasi in Minuten. Die Ausgabe 39 der ZauberZeit war beim Drucker und suchte einen neuen Verleger und einen neuen Magazin-Namen. Als Fan von Jules Vernes Geschichte “20.000 Meilen unter den Meeren” empfand ich schon immer die “Nautilus” des Käptn Nemo als das symbolhafte Vehikel für spannende Abenteuergeschichten – und genau das sollte auch das Magazin sein: Ein Transportmittel für Inhalte rund um das Genre der Abenteuer & Phantastik. Das hat denn auch den etwas sperrigen Namen des Magazins verursacht – NAUTILUS – Abenteuer & Phantastik – und nicht zuletzt kann ein phantastisches U-Boot jederzeit neu auftauchen und eigentlich niemals untergehen (lächelt).
Die Nautilus gibt’s am Kiosk, kann aber auch direkt beim Verlag bestellt werden …
Ja, auch wenn man manchmal im Kiosk ziemlich suchen muß – etwa bei den Comics. Dafür gibts das Heft aber in Deutschland, Österreich, Schweiz und Luxemburg in Fantasy-Shops sowie bei großen Online-Buchhändlern und Internet-Kiosken – als monatliches Print-Magazin oder auch in verschiedenen Formaten als ePaper-Magazin zum Download und Online-Lesen. Und natürlich im Abonnement mit zusätzlichen Prämien und Gimmicks.
Wie würdest du die Nautilus beschreiben?
Auf dem Cover steht: “Das Magazin für fantastisches Kino, Fantasy & SF-Literatur, Abenteuerspiele und PC-Adventures”. Das trifft es eigentlich schon ganz gut, wobei die Leser interessanterweise das Magazin zum Teil ganz unterschiedlich sehen – als Kino-Magazin, als Literatur-Magazin, als Multimedia-Magazin usw. Man könnte auch sagen: Als das einzige monatlich erscheinende Genre-Printmagazin im deutschsprachigen Raums ist die NAUTILUS “das schnellste deutsche Fantasy-Magazin” … (lacht).
75 Ausgaben sind eine stolze Anzahl. Was waren deine redaktionellen Highlights in den letzten Jahren?
Als Chefredakteur und Herausgeber bin ich zusammen mit den Mitarbeitern ja planerisch immer schon 2-3 Ausgaben weiter, wenn die aktuelle Ausgabe erscheint. Deshalb ist es schwierig, im Rückblick Highlights zu sehen. Die nächste soll ja immer die beste werden. Dazu kommt, dass die einzelnen Ausgaben jeweils einen inhaltlichen Schwerpunkt haben, der im Umfeld Film, Literatur, Spiele, Comics und Populärkultur ausgelotet wird: Allein in diesem Jahr gibt es an Themenschwerpunkten so unterschiedliche Dinge wie Zauberer, Vampire, Engel, Geister, Zombies, Werwölfe, Drachen, Steampunk, Märchen, Urban Fantasy, Kinderschrecken, Serienkiller, Meisterdetektive, Träume, Griechische Mythen, Wunderländer, Superschurken …
Wie dürfen wir uns die Anfänge des Magazins vorstellen?
Dreimonatlich statt monatlich. Schwarz/weiß statt dem heutigen vollfarbig.
Als Ein-Mann-Firma, die Layout, Lektorat, Vertrieb etc. alleine stemmt und täglich bis zu 18 Stunden arbeitet. Letzteres gilt leider oft auch heute noch.
Was ist das Erfolgsgeheimnis der Nautilus?
Neben seiner Aktualität als Monatsmagazin vielleicht das Konzept der bereits genannten Themenschwerpunkte. Jedes Heft bildet ja sowas wie eine kleine Enzyklopädie, dessen Inhalte wie in einem Nachschlagewerk auch langfristig interessant sind. Oder dass die Artikel-Autoren alle Experten auf ihren Gebieten sind – wir verschweigen mit Absicht, wie viele der Mitarbeiter einen Doktortitel haben … (lacht)
Für das Magazin haben zwischendurch auch immer wieder zAutoren geschrieben, die sich mittlerweile im Fantasy-Bereich einen Namen gemacht haben …
Stimmt, zur Stammbesetzung der NAUTILUS-Mannschaft gehören Namen wie Bernhard Hennen, Thomas Finn, Uwe Anton, Alexander Huiskes und viele andere, die heute bekannte Autoren im F&SF-Genre sind. Und aktuelle Mitarbeiter wie Olga Krouk, Thomas Plischke oder Christian Endres treten mit ihren Romanen den gleichen Weg zum künftigen Fantasy Bestseller-Autor an.
Verrätst du uns, wie die Nautilus entsteht? Von der Idee zum Heft bis hin zur fertigen Ausgabe?
Die Planung der Inhalte verläuft relativ demokratisch: Man schaut sich gemeinsam kommende Trends an und plant die Themen für das laufende Jahr anhand von Kinostarts und wichtigen Romanneuheiten. Die Mitarbeiter schlagen Artikel vor, der Chefredakteur wünscht sich bestimmte Kernbeiträge. Dazu kommen feste Kolumnen wie die monatlichen Vorschauen und Neuheitenübersichten zu Filmen, DVDs, Romanen, Hörbüchern und Games. Und dann folgen Lektorat, Layout, Druck, Konfektionierung und Vertrieb – und hurra: fertig ist das Heft.
Ich persönlich bin immer auch stark vom wirklich wunderbaren Layout der Nautilus begeistert. Wieviel Arbeit steckt dahinter?
Den speziellen Layoutstil der NAUTILUS will ich mal als “fiktiven Realismus” bezeichnen. Es geht trotz phantastischer Themen und Inhalte darum, die Objekte eines Themas möglichst glaubhaft und echt im Heft abzubilden – ob Robin Hoods Pfeil und Bogen, König Arturs Schwert, Drachenschuppen, Werwolfskrallen, Engelsflügel, den märchenhaften Froschkönig, die Lupe von Sherlock Holmes, die Strahlenpistole von Barbarella. Ist es echt oder Fantasy? Der Leser soll auch optisch in das Reich der Abenteuer & Phantastik eintauchen können. Wie das geht? Mit einer in 18 Jahren entstandenen Bilddatenbank und unserer genialen Layouterin Katja (grinst).
Was verursacht bei dir den meisten Stress bei der Produktion einer neuen Ausgabe?
Unverhoffte Terminverschiebungen bei Filmstarts und wichtigen Neuheiten. Wenn etwa ein potentieller Fantasy Blockbuster-Film plötzlich kurzfristig um mehrere Monate verschoben wird und damit der Themenschwerpunkt der kommenden Ausgabe komplett gekippt werden muß, dann bedeutet das für alle Mitarbeiter und Autoren stressige Nachtschichten. Das ist eben auch der Nachteil des NAUTILUS-Konzepts und der monatlichen Erscheinungsweise: Da jede Ausgabe ein inhaltliches Gesamtwerk bildet, bedeutet der Ausfall etwa nur eines Schwerpunktartikels im schlimmsten Fall die gesamte Neukonzeption einer Ausgabe.
In den letzten Jahren treten ja Online-Medien immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Macht das das Leben für die “Nautilus” schwerer?
Ja und nein. Online-Medien kosten im einfachsten Fall ja nur Strom und eine seichte Schreibe. Da ist es als kostenintensives Print-Magazin mit aufwändiger Recherche und Lektorat nicht immer einfach, dagegenzuhalten, wo es doch im Internet alles umsonst geben soll. Unser Rezept sind Knowhow und Artikel, die sowohl unterhaltsam sind und mit einem fachlichen Anspruch auch in einem Sachbuch stehen könnten. Und aufgrund des Insiderwissens des Teams sehen wir Trends früher als andere und können demgemäß schnell darauf reagieren – die NAUTILUS ist ja wie gesagt das einzige monatliche Fantasy-Printmagazin des deutschsprachigen Raums.
Also grenzt sich die Nautilus von den zahlreichen Blogs etc bewusst ab?
Der Pluspunkt von Blogs und Fanpages im Internet ist die tagesaktuelle Nachricht, die morgen aber auch schon wieder vergessen sein kann und es vielleicht auch nicht wert wäre, auf Papier gedruckt zu werden. Konsequenterweise verzichtet die NAUTILUS deshalb weitgehend auf News-Splitter. Der Schwerpunkt liegt stattdessen auf dem intensiven Blick hinter die Kulissen des Genres: Setberichte zu Filmen, Making-Ofs zu Games und Hörspielen, Werkstattberichte von Autoren, Interviews mit Regisseuren und Darstellern, Übersichten und fundierte Sachartikel zu Fantasy, Mystery und Science, die es in dieser konzentrierten Form nicht im Internet gibt.
Es gibt aber auch eine Website zum Heft. Was erwartet den Besucher da?
Zu den aktuellen Filmen des Monats bzw. der Ausgabe jeweils mehrere Stunden an exklusiven Film-Clips, Making Of-Videos, Featurettes und Interviews, die es anderweitig so nicht zu sehen gibt. Bildergalerien und Trailer zu den kommenden phantastischen Filmen des Jahres. Die Möglichkeit, die Ausgabe mehr als 14 Tage vor dem Erscheinen komplett online durchzublättern. Ein kostenloses Probeheft, Gewinnspiele, Kommentarmöglichkeit, Chat mit dem biestigen Jabberwock …
Was erwartet uns in den nächsten 75 Ausgaben?
Uhm, das wäre dann ein Jubiläum mit der Heftnummer 150 irgendwann 2017, richtig? Keine Ahnung. Vielleicht haben wir dann alle einen implantierten Medien-Chip im Kopf, Magazine erscheinen statt auf Papier auf einer biegsamen Plastikfolie mit Bewegtbildern, die wie ein Monitor funktioniert, Datenträger wie die BluRay sind mangels Speicherkapazität für 3D-Filme & Co. schon lange vergessen, und alles findet online per allgemeiner Flatrate statt. Dafür tobt draußen vor der Tür die globale Erwärmung und der Krieg um sauberes Trinkwasser. So weit voraus können eigentlich nur Science Fiction-Autoren und Propheten schauen – ich traue mich das nicht.
Wenn du eine fiktive Persönlichkeit treffen könntest: Wer wäre das und warum?
Das ist ja das Schöne am Fantasymagazin-Machen: Man hat andauernd dutzende fiktive Persönlichkeiten zu Gast in der Redaktion … (lacht) Okay, im Ernst … Vielleicht den bereits genannten biestigen Jabberwock: Verstossen oder geflohen aus dem Wunderland, nicht so dumm und sprachlos wie allgemein angenommen, lebt das Viech nun unerkannt als Monster unter dem Bett und beobachtet und kommentiert die Menschheit aus dem Blickwinkel eines Ungeheuers. Das ist eine interessante Perspektive, die einem manchmal zu denken gibt.
Vielen Dank dafür, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast und für deine interessanten Antworten! Alles Gute sowohl für deine berufliche, als auch private Zukunft!
Die Jubiläumsausgabe der Nautilus könnt ihr hier online durchblättern.
Die Website zum Magazin: hier!
Ist ein tolles Magazin. Aber wenn ich es kaufen will dann heist es, das Magazin wäre eingestellt worden. Schade.
Kommentar by Andreas Kurz — 17. Mai 2010 @ 19:34
Seufz. Wer sich das nervige Suchen und die falschen Auskünfte beim örtlichen Kiosk ersparen will, kann die jeweils aktuelle Ausgabe ja einfach beim nächsten Bücher-Shoppen bei mitbestellen, oder sich das Heft portofrei vom Online-Kiosk von liefern lassen (als Print- oder PDF-Magazin), oder als preiswerteste Methode ein Abo mit Prämie beim abschließen.
Kommentar by Jabberwock — 18. Mai 2010 @ 18:32
Hi, ist die Ausgabe bzw. das Magazin denn noch zu kaufen? Wäre schade wenn nicht. Sieht sehr vielversprechend aus.
Kommentar by Formatierung — 31. März 2011 @ 23:52
Das Heft gibt es noch! Schau mal auf der Website der NAUTILUS vorbei!
Kommentar by Darkstar — 3. April 2011 @ 13:36
Habe ich mir auch angeschaut. Echt tolles Magazin. Ist wirklich sehr gelungen… Wie oft wird sie denn monatlich gelesen?
Kommentar by Lektorat — 4. April 2011 @ 00:48