October Daye ist ein Wechselbalg: das Kind eines Sterblichen und einer Fae. Das Leben als Sprößling zweier Welten gestaltet sich jedoch als alles andere als angenehm, wenn man nirgendwo richtig dazu gehört. Reinblütige Feen blicken auf die nur schwach magisch begabten Wechselbälger herab, für ein gewöhnliches Leben in der Welt der Menschen wissen diese aber zu viel. Dass October zudem noch eine recht revolutionäre Ader hat, hilft ihr auch nicht gerade weiter. Trotzdem hat sie sich mit ihrem Leben arrangiert – während ihr sterblicher Partner nichts von ihrem magischen Erbe ahnt und sie für eine gewöhnliche Detektivin hält, arbeitet Toby im Auftrag eines Herzogs des Feenvolks an der Auflösung un-irdischer Fälle. Bis sie eines Tages in die Falle eines ihrer Feinde tabbt – und die nächsten vierzehn Jahre als Fisch im Gartenteich verbringt.
Als der Zauber endlich gebrochen ist, ist für October die Welt nicht mehr die gleiche. Ihr Freund und ihre gemeinsame Tochter wollen nichts mehr von ihr wissen, sie hingegen kehrt dem Reich der Feen den Rücken. Frustriert schlägt sie sich mit Ach und Krach durchs Leben – bis eine alte Freundin ihre Hilfe benötigt: Die Gräfin Winterrose, eine der mächtigsten und ältesten Feen von San Francisco, scheint in ernste Schwierigkeiten geraten zu sein. Offensichtlich weiß sie etwas, für das ein Unbekannter das ungeschriebene Tabu der Feengemeinde bricht: Er tötet die Winterrose mit Eisen. Ehe sie jedoch ihr Leben aushaucht, bindet die Fee October mit einem Bann: Sie muss herausfinden, wer ihre einstige Freundin ermordet hat und weshalb. Gelingt ihr das nicht, wird der Fluch der Winterrose auch ihr das Leben kosten …
Frische, unverbrauchte Urban Fantasy mit magischem Flair!
„Winterfluch“ ist der wunderbare Auftakt der Urban Fantasy-Serie einer neuen, vielversprechenden Autorin: Seanan McGuire schreibt flüssig und hat sich dankenswerter Weise dazu entschlossen, nicht den breitgetrampelten Pfaden gängiger Urban Fantasy-Reihen zu folgen (auf denen Vampire und Werwölfe den weiblichen Protagonisten nicht von der Seite weichen), sondern beschreitet ungewöhnlichere Wege. Blutsauger jedenfalls tauchen in „Winterfluch“ nicht auf. Stattdessen entführt McGuire in die faszinierende, durch und durch magische Welt des Feenvolks. Viele Fae, aber nicht alle, haben sich inzwischen in der irdischen Welt eine (falsche) menschliche Identität zugelegt: Wie October (Toby) Daye leben sie unerkannt in San Francisco. Doch überall gibt es Portale, durch die es Eingeweihten gelingt, in die Welt der Feen überzuwechseln. Dort halten die reinblütigen Fae noch immer Hof in ihrer verzauberten, sich wandelnden, keltisch angehauchten und mittelalterlich anmutenden Welt. Im Verlauf des Romans wechselt Toby immer wieder zwischen beiden Welten, und das macht viel vom Reiz des Buches aus. In einem Moment tauscht Toby verbale Schläge mit dem Katzenfürsten Tybalt in einer dreckigen Hinterhofgasse aus, im nächsten befindet sie sich einem gigantischen Schloß, in dem sich eine Feenkönigin in Gewänder aus Meerschaum kleidet … Das ist eine Urban Fantasy-Welt, wie ich sie so noch nicht gelesen habe, und deren Zauber ich schnell erlegen bin!
Magische Morde und gefährliche Geheimnisse
Primär dreht sich der Roman darum, dass Toby versucht, den Mord an der Feengräfin Winterrose aufzuklären. Schön dabei ist, dass es die Autorin ihrer Hauptfigur nicht leicht macht. Die tappt lange im Dunkeln, zieht nicht immer gleich die richtigen Schlüsse (wobei der Fluch, der seinen Tribut fordert, hierfür eine ausreichende Begründung darstellt), gerät erstaunlich oft und durchaus glaubhaft in Lebensgefahr und lernt dabei langsam und schmerzhaft, nach ihrer Jahrelangen Verwandlung wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Dass der Leser eher ahnt, wer Drahtzieher hinter dem Attentat auf die Winterrose ist, ist nicht schlimm, da McGuire hierfür Erklärungen parat hat, die man ihr abnimmt. Darüber hinaus baut die Autorin zahlreiche Nebenschauplätze auf, die wohl für ausreichend Potential für mehrere weitere Bücher sorgen dürften: ob es sich um ihre problematische Beziehung zur Tochter ihres Lehensherren handelt, um das gefährliche Spiel, auf dass sie sich mit einem uralten Feenwesen eingelassen hat oder um das nur angerissene Verhältnis zu ihrer wahnsinnig gewordenen Mutter. Von ihr hat October auch die Fähigkeit geerbt, Blut lesen zu können. Schmeckt sie es, erfährt sie viel über das Wesen, von dem es stammt. Eine gleichsam mächtige wie gefährliche Gabe!
Schade ist allenfalls, dass eine Konfrontation Tobys mit ihrem menschlichen Partner und ihrer inzwischen fast erwachsenen Tochter vermieden wird. Hier verschenkt McGuire eindeutig Potential und ich kann mir das nur so erklären, dass sie sich diesen Handlungsstrang für einen späteren Roman reservieren wollte. Dennoch ist es enttäuchend, dass die Autorin hier dem Leser nicht mehr bietet.
Urban Fantasy, die richtig Spaß macht
Insgesamt ist „Winterfluch“ ein sehr lohnendes Leseerlebnis, dass deutlich aus der Flut der sonstigen Urban Fantasy-Veröffentlichungen heraussticht. McGuire mag’s düster und konzentriert sich auf eine spannende Handlung statt auf das Liebesleben ihrer Hauptfigur. Auch wenn October oftmals recht desillusioniert und ein bisschen störrisch daher kommt, ihre faszinierenden Wurzeln und die magische Welt, in der sie sich bewegt, haben das Zeug, die October Daye-Romane neben denen um Patricia Briggs Mercedes Thompson zu meiner Lieblings-Urban Fantasy-Reihe werden zu lassen. Unbedingt mehr davon!
Fakten:
Titel: Winterfluch
Reihe: October Daye (Band 1)
Autor: Seanan McGuire
Originaltitel: Rosemary and Rue
Übersetzung: Michael Krug
Verlag: Lyx
Aufmachung: Paperback mit Klappbroschur, 368 Seiten
Preis: 12,95 EUR
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Wow, wenn ich ehrlich sein soll ist das die erste positive bzw. begeisterte Rezi, die ich zum Buch lese. Nachdem ich schon im Januar die Leseprobe gelesen habe, wollte ich mir das Buch zu Gemüte führen. Aber nachdem dann eine negative Rezi nach der anderen kam, habe ich es mir überlegt. Allerdings auch ein wenig an mir gezweifelt, denn mir hatten die ersten Seiten recht gut gefallen. Vor allem die Tatsache, dass die junge Frau mal nicht sechzehn ist und noch die Schulbank drückt.
Kommentar by Soleil — 22. Mai 2010 @ 17:19
Ja, komisch. Ich habe auch schon gehört, dass das Buch nicht gut ankommt – was ich gar nicht verstehen kann. Ich bin von “Winterfluch” sehr begeistert gewesen und freue mich bereits auf den kommenden Band.
Schwierig ist, dass der Roman nach dem Prolog etwas braucht, um in Schwung zu kommen … aber ist man dann erstmal in der Handlung … Ich war von McGuires Ideenreichtum echt begeistert!
Nur als Warnung: Eine Liebesgeschichte wird zwar leicht angedeutet, aber romantisch ist der Roman eigentlich nicht …
Kommentar by Darkstar — 22. Mai 2010 @ 22:01
Dann werde ich mal sehen, dass ich das Buch doch lese. Ich habe kein Problem damit, wenn es etwas dauert, ehe eine Handlung in Gang kommt, solange gut erzählt wird.
Danke für die Warnung ;) Ist nur nicht nötig, ich lese auch gern Geschichten, in denen keine Romantik/ Liebe vorkommt. In den meisten (Urban)Fantasy Geschichten hat sich das ja inzwischen so eingebürgert. Man verkauft sie halt nur anders …
Kommentar by Soleil — 23. Mai 2010 @ 10:54
Kleiner Tipp–hör dir mal ihre Filk-Alben an. Die sind klasse ;)
Kommentar by Steffi — 23. Mai 2010 @ 13:37
Ich war absolut begeistert von dem Buch! Die Mischung ist rund und das Verhältnis von Spannung und Welterzählung stimmt einfach.
Kommentar by Nina — 25. Mai 2010 @ 13:56
ich bin seit dem ersten Teil ein großer Fan der Serie und werde mir sicher auch die weiteren Teile kaufen!
http://www.world-of-armitage.de/octoberdayewinterfluch.html
LG
Armitage
Kommentar by Armitage — 24. Juni 2010 @ 12:08
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