Endlich ist mit „Die Karawane“ ein neuer Roman (und Serienauftakt) der US-Autorin Jennifer Roberson auf Deutsch erschienen. Die hat sich bereits in den 80er Jahren einen Namen als Fantasy-Autorin gemacht: Zunächst als Protege von Marion Zimmer Bradley, später dann durch ihre erfolgreichen Zyklen, der Cheysuli-Saga und vor allem der Schwerttänzer-Romane. Gerade durch letztere hatte sie mich seinerzeit sehr begeistert, so dass ich auf ein neues High Fantasy-Epos aus ihrer Feder sehr gespannt war. Und tatsächlich trumpft sie in „Die Karawane“ auch mit einem spannenden Konzept auf:
In den Mittelpunkt stellt Roberson keine Adelssprößlinge, sondern Menschen aus der einfachen Bevölkerung, die sich aufgrund politischer Schwierigkeiten eine neue Heimat suchen müssen. Im Karawanentross reisen sie gemeinsam ihrem neuen, unbekannten Zuhause entgegen. Ihr Weg führt sie allerdings am gefürchteten Dämonenwald vorbei. Und es heißt, wer den wandernden, magischen Wald einmal betreten hat, verlässt ihn nicht wieder. Oder kommt völlig verwandelt aus ihm zurück …
Glaubhafte Charakterzeichnungen waren schon immer Robersons große Stärke. In „Die Karawane“ hat sie sich sichtlich Mühe gegeben, ihr neues Werk mit zahlreichen unterschiedlichen Charakteren zu bevölkern – und hat es dabei leider etwas übertrieben. Sie pfercht so viele Charaktere – und vor allem so schnelle Point of View-Wechsel – in den Roman, dass es schwierig wird, am Ball zu bleiben. So interessant viele der Figuren auch sind, es dauert eine Weile, bis man sich zurechtfindet und noch etwas länger, bis man sich wohl fühlt. Im Tross der Karawane reisen neben einer jungen, schwangeren Frau und ihrer Familie noch eine Wahrsagerin und Shoia, ungewöhnliche Kreaturen, die zwar menschenähnlich aussehen, aber sieben Leben besitzen.
Obwohl die schnellen Perspektivwechsel ermüden, sind es trotzdem in erster Linie die Figuren – und die Idee der gemeinsam ziehenden Karawane überhaupt – die den Reiz des Buches ausmachen, der dann unterm Strich doch ein solides, wenn auch stilistisch etwas zu experimenteller Vertreter seiner Gattung ist. Ein kleines Lob geht an dieser Stelle noch an den Verlag, weil sich Blanvalet dazu entschlossen hat, das stimmungsvolle Titelbild der Originalausgabe zu übernehmen.
„Die Karawane“ dürfte vor allem Roberson-Fans gefallen oder jenen Fantasy-Lesern, die die Nase voll haben von Hofintrigen und Adelsromanzen im Fantasygewand. Wer sich nicht sicher ist, ob er den Stil des Buches ganz durch hält, sollte aber erstmal ein bisschen hineinlesen, ehe er sich zum Kauf entschließt.
Fakten:
Titel: Die Karawane
Autorin: Jennifer Roberson
Originaltitel: Karavans
Übersetzung: Susanne Gerold
Verlag: Blanvalet
Aufmachung: Taschenbuch, 544 Seiten
Preis: 9,95 €
Bei Amazon bestellen: hier!
Mir gefällt das Cover ebenfalls sehr gut, auch wenn es einen Tick zu dunkel geraten ist, wie ich finde. Ich habe ungefähr das gleiche bemängelt wie Du, wenn dann auch noch etwas mehr. Alles in allem war es dann aber doch nicht so schlecht und vielleicht sehe ich in die Fortsetzung rein, mal sehen. Wie sieht’s bei Dir aus?
Kommentar by Soleil — 23. Juli 2010 @ 17:16