Darkstars Fantasy News


19. August 2010

Wonder Woman 2010
Babylon 5-Erfinder will Ikone generalüberholen

Category: News – Darkstar – 11:14

Wonder Woman New LookEs hätte so gut werden können!
In diesem Sommer hat US-Comicriese DC nicht nur beschlossen, die Nummerierung der Comicreihe der prominentesten Superheldin der Welt zu ändern, sondern auch J. Michael Straczynski als regulären Autor der Serie zu verpflichten.

Die Nummerierung der monatlich erscheinenden Reihe wurde (ich bin sicher, dass hierbei zumindest ein bisschen geschummelt wurde; ist aber nur eine Vermutung) demnach dahingehend korrigiert, dass sie die Nummer trägt, die sie tragen würde, wenn die Serie nicht bereits mehrfach rebooted worden wäre, sprich, wenn seit Erscheinen der Nummer 1 die durchlaufende Nummerierung konsequent beibehalten worden wäre. Der Wechsel fand innerhalb einer wirklich sehr gut gelungenen Ausgabe Nr. 600 statt, in der diverse Künstler und Autoren, die in den letzten Jahrzehnten an Wonder Woman gearbeitet hatten, nochmal ihr Stelldichein gaben. Auf den letzten Seiten begann dann, sozusagen als Prolog zu seinem offiziellen Run, Babylon 5-Erfinder J. Michael Straczynski seinen offiziellen Run aus regulärer Comicautor.

Da Straczynski für seine komplexe Erzählweise bekannt ist, habe ich mir von seinem Serienauftakt viel erwartet – und stehe doch arg enttäuscht da. Er wollte die Amazone für ein heutiges Publikum attraktiver machen, zeigen, dass sie eine junge, starke Frau ist – und hat dafür die Figur, ihr Outfit und ihren Serienkosmos generalüberholt.

Wonder Woman trägt nicht mehr ihren berühmten “Badeanzug”, sondern eine Lederjacke und enge Lederjeans, hohe Stiefel und hat eine moderne Frisur. Soweit so gut. Das Outfit gefällt mir nur bedingt (und erinnert mich sehr stark an das Outfit, dass sich Diana zugelegt hat, als eine andere Amazone kurzfristig in ihre Rolle schlüpfte).  Außerdem macht sie Straczynski gut zehn Jahre jünger, sie wird wie ein junges Mädel, das gerade mal (wenn überhaupt) zwanzig geworden ist. Ihre Heimat, die Insel Themyscira, liegt in Trümmern (mal wieder), in der Welt, in der sie agiert, gibt es keine Götter mehr, keine Amazonen – und auch keine anderen Superhelden. Das finde ich wesentlich weniger gelungen.

Was ist da los? Die Antwort ist ganz einfach:

Straczynski erzählt eine “Was wäre wenn”-Geschichte. In seinem Handlungsstrang wurde die Zeitlinie angegriffen und eine alternative Welt geschaffen, Wonder Womans Aufgabe ist es nun (vermutlich), dieses Problem zu beheben. Von ihrer richtigen Vergangenheit weiß sie nichts mehr.

Wonder Woman 601Sie ist eine Einzelgängerin ohne richtige Wurzeln, wurde von ein paar Amazonen aufgezogen, die den Untergang der Insel überlebt haben. Sie kennt weder ihre Mutter noch ist sie jetzt eine Superheldin. Sie besitzt (noch) kein goldenes Lasso, kann nicht fliegen und erinnert in vielen eher einer Urban Fantasy-Heldin als einer Superheldin. Kontakt zur griechischen Mythologie hat sie allenfalls durch ein Orakel. Dieses Orakel trägt aber keine wallenden weißen Roben mehr und lebt auch nicht in einem altertümlichen Tempel, sondern sieht aus wie eine Punkerin im Teenageralter und lebt Kaugummi-kauend in der Gosse.

Und wenn sie Diana ihre Heimatinsel zeigt und sagt: “Once this was called Paradise. Now it is called collateral damage”, dann denke ich nur: Wie recht du doch hast, leider im übertragenen Sinne!

Es ist eine Alternativ-Welt-Geschichte, ganz klar.

Mein Problem damit: Straczynski definiert dadurch Wonder Woman nicht neu; er führt nicht die in immerhin 600 Bänden erzählte Geschichte der Amazonenprinzessin fort, sondern erfindet rasch eine neue.

Das wäre vielleicht in einer Mini-Serie oder in einer für sich stehenden Graphic Novel toll, nicht aber in einer laufenden Serie, die neue Leser rekrutieren soll. Jedenfalls sehe ich das so.

Denn mir fehlt Diana von Themyscira, die Prinzessin der Amazonen und ihr Verhältnis zu ihren Freunden (Donna Troy, ihrer Mutter, ihrem besten Kumpel Superman). Ich will nicht über mehrere Ausgaben hinweg eine “What if”-Story lesen, die vermutlich völlig an Bedeutung verliert, sobald die Zeitlinie wieder repariert wurde. Der Sinn der Story erschließt sich mir aus erzählerischer Sicht nicht. Zumal es noch nicht lange her ist, dass die Amazoneninsel verlassen war und die Bewohner verschwunden waren und Wonder Woman sich auf die Suche nach ihnen machen musste. Hatten wir schon zu genüge!

Wonder Woman: Paradise LostWarum tut sich DC mit seiner Ikone nur so schwer?

Im Verlauf der Seriengeschichte gab es viel zu viele Reboots, die nicht wirklich zündeten. Trotzdem gab es herausragend gute Storylines und auch lange Runs. Wer von Wonder Woman noch nichts gelesen hat, dem empfehle ich dringend, mit Phil Jimenez großartigem Run zu beginnen, der im Sammelband “Paradise Lost” beginnt. Oder aber mit Greg Ruckas unglaublich gutem Run, der in “Down to Earth” beginnt.

Wer nur mal reinspitzen will, der sollte zu Ruckas in sich abgeschlossenem Sonderband “Hiketeia” greifen, in dem Wonder Woman und Batman auf einmal auf verschiedenen Seiten stehen, ohne es zu wollen und in dem Gestalten aus der griechischen Mythologie eine große Rolle spielen. DAS ist Wonder Woman!

Tags:

Ein Kommentar »

  1. […] denn ehrlich gesagt haben diverse Neustarts eigentlich vieles verschlimmbessert (wie z. B. hiermit). Und als der neue Serien-Autor Brian Azzarello verkündete, dass “Wonder Woman” nun […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Wonder Woman #1 (2011) | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 5. Oktober 2011 @ 18:09

RSS feed for comments on this post. | TrackBack URI

Leave a comment

XHTML ( You can use these tags): <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong> .