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25. April 2011

Matthew Sturges: Midwinter

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 13:59

MidwinterDer Midwinter ist angebrochen: jene eisige Jahreszeit, die die Welt der Fae nur einmal alle hundert Jahre heimsucht. In einer Gefängnisfeste im Nirgendwo vegetiert Mauritane, der einstige Hauptmann der Seelie-Armee, vor sich hin. Vor zwei Jahren wurde er Opfer eines Komplotts, das ihm eine lebenslange Haftstrafe eingebracht hat.

Dann besucht ihn eines Tages ausgerechnet der Mann, der ihn seinerzeit  perfide zu Fall gebracht hat: Purane Es. Er kommt mit einer Botschaft von Königin Titania: Mauritane soll aus seinen Mitgefangenen eine kleine Truppe zusammenstellen und einen Geheimauftrag für die Krone ausführen. Gelingt ihnen dieser, erhalten sie alle ihre Freiheit zurück. Mauritane entscheidet sich für einen Adeligen, eine kampferprobte Kriegerin, zwei ehemalige Soldaten und einen Fremdling aus der Welt der Menschen. Schon bald nach ihrem Aufbruch jedoch stellen die Gefährten fest, dass ihre Mission sie mitten hinein in den Krieg zieht, der zwischen den Seelie- und den Unseelie-Fae tobt – und dass ihre Überlebenschancen verschwindend gering sind.

Vom Comic-Autor zum Roman-Schriftsteller

Midwinter“ ist der Debütroman des Amerikaners Matthew Sturges, der zuvor als Comicautor auf sich aufmerksam gemacht hat (u. a. „House of Mystery“ und – gemeinsam mit Bill Willingham – „Jack of Fables“). Nach einem sehr düsteren, rauen Einstieg wandelt sich die Erzählung in eine spannende, wenn auch mitunter episodenhafte Reisegeschichte. „Midwinter“ ist eher Sword & Sorcery als High Fantasy, trotz des Settings. Gerade durch seinen Handlungsschauplatz hätte Matthew Sturges seinen Roman von einem Groß der üblichen Fantasy-Romane abgrenzen können, verlagert er ihn doch in die Welt der Feen, in dem sich die Heere der Seelie-Königin Titania und die der Unseelie-Königin Mab erbittert bekämpfen. Anstatt sich jedoch von den folkloristischen Elementen, die er aufgreift, stark inspirieren zu lassen, bietet Matthew Sturges in „Midwinter“ eine typische Standard-Mittelalter-Fantasy-Welt, die wirklich kaum neue Ansätze bietet.

Das beste Fantasy-Debüt des Jahres? Leider nein!

Das wäre verschmerzbar, wenn dem Autor die Charakterentwicklung besser gelungen wäre: Leider entspricht auch die Überzahl der Figuren gängigen Klischees, die selten überraschen und mitunter sogar nerven. Lobende Ausnahme sind vor allem die Antagonisten der Reihe – von Mauritanes Erzfeind Purane Es bis hin zu seiner Frau Lady Anne. Diese stattet der Autor mit einem komplexen Hintergrund aus, der ihre Motivation sehr nachvollziehbar und die Charaktere sogar bis zu einem gewissen Grad sympathisch macht, auch wenn man das, was sie in „Midwinter“ tun, nicht gut heißen kann. Schade, dass Sturges diesen Aufwand nicht auch auf die meisten Mitglieder seines Söldnertrüppchens verwendet hat. Ins Auge fällt hier vor allem die Hauptfigur Mauritane, dessen kühle und stoische Art zwar seinen Charakter unterstreicht, mit dem man aber überhaupt nicht warm wird und von dessen Vergangenheit man so gut wie nichts erfährt. Ebenfalls etwas misslungen ist die Kämpferin Raivee, die das Klischee einer wilden, unbeugsamen, Männer verachtenden Amazone, die sich dennoch am liebsten in die starken Armee des Helden werfen würde, erfüllt, das die Fantasyliteratur eigentlich bereits seit über 30 Jahren überwunden hat. Dementsprechend geraten auch die Dialoge zwischen diesen Figuren mitunter pathetisch und wenig glaubhaft.

Charme ist durchaus vorhanden

Dies alles soll jedoch nicht heißen, dass „Midwinter“ gänzlich misslungen sei. Im Gegenteil, recht oft blitzen gute Einfälle und Charme durch. Zum Beispiel, wenn der Autor das Standardmuster des Menschen, der in einer Fantasywelt landet, dahingehend abwandelt, dass er diese Figur zum Nebencharakter macht, die (zumindest Anfangs) dazu dient, auszuloten, wie ein Fremdling auf die Bewohner einer Fantasy-Welt wirken muss, und nicht umgekehrt. Zudem lässt sich das Buch – sieht man über die Mängel großzügig hinweg – gut lesen. Wenn jedoch ein Roman mit dem Zitat „Das beste Fantasy-Debüt des Jahres“ beworben wird, sind klare Worte gefragt.

Fazit

Midwinter“ – man verzeihe dem Übersetzer diese nicht nachvollziehbare Nicht-Übersetzung – ist ein netter Erstling, aber nicht der große Wurf. Ein Roman ist eben kein Comic, und was im einen Medium funktioniert, scheitert in einem anderen. Das ist schade, denn sowohl Matthew Sturges Plotidee als auch seine Schreibe weisen durchaus Potential auf. Bleibt zu hoffen, dass es dem Autor gelingt, dieses in Zukunft besser zu nutzen.

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Diese Rezension findet ihr auch bei Media-Mania.de.

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3 Comments »

  1. Hach, ich lese auch schon ewig an dem – leider auch nicht unbedingt preiswerten – Roman. Und ich bin immer noch im ersten Drittel, weil der Funke nicht wirklich überspringt. Man findet zwar nette Ansätze, aber irgendwie fehlt stets etwas.
    Liest Du auch die Fortsetzung oder hast Du genug?

    Kommentar by Soleil — 29. April 2011 @ 18:57

  2. Da geht’s uns ja ähnlich ,-)

    Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich die Fortsetzung lese; die Geschichte wird im Prinzip in diesem Buch zu Ende gebracht, so dass es eigentlich nicht notwendig ist. Einerseits würde ich Sturges gern noch eine Chance geben, andererseits gibt’s momentan sooooooooooooo viel, was ich gerne lesen möchte und nicht schaffe …

    Kommentar by Darkstar — 1. Mai 2011 @ 21:41

  3. Hallo Darkstar,

    ich kann dir diese Rezension nachfühlen. Mir geht es sehr ähnlich mit diesem Buch. Auch was die Folgebände betrifft. Neugierig bin ich schon ein bisschen, der Rest wird sich weisen, wenn ich sehe, wie viel Zeit übrig bleibt. :o)

    Liebe Grüße,
    Angelika

    Kommentar by Angelika / Marie — 10. Mai 2011 @ 13:15

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