Die zertanzten Schuhe ist eines meiner Lieblingsmärchen: Die von einem verbotenen Geheimnis umgebenen zwölf Prinzessinnen, eine verwunschene Unterwelt, Tarnmäntel, Schlaftrünke und ein großes Mysterium. Deshalb war ich besonders gespannt auf die Neuverfilmung der ARD.
Wer das Märchen nicht kennt:
Obwohl er jede Nacht die Tür zum Schlafsaal seiner zwölf Töchter höchst selbst abschließt, muss ein König an einem jeden Morgen frustriert feststellen, dass die Schuhe seiner Töchter durchgetanzt sind. Diverse Prinzen haben bereits versucht, hinter das Geheimnis der Prinzessinnen zu kommen, sind jedoch kläglich gescheitert und wurden deshalb allesamt einen Kopf kürzer gemacht. Schließlich will ein armer Soldat alles auf eine Karte setzen und herausfinden, was es mit den durchtanzten Schuhen der Prinzessinnen ausfindig macht. Tatsächlich gelingt es ihm, den Prinzessinnen unbemerkt zu folgen. Er betritt auf ihrer Spur ein geheimnisvolles, unterirdisches Zauberreich …
Für die Verfilmung zeigt sich das gleiche Kreativ-Team verantwortlich, dass in den Vorjahren bereits „Die kluge Bauerntochter“ und „Brüderchen und Schwesterchen“ umsetzte – meiner Ansicht nach zwei besonders starke Verfilmungen innerhalb der Reihe. Die gute Nachricht: Obwohl diesmal nicht alles perfekt ist, zählt auch „Die zertanzten Schuhe“ zu den gelungenen Neuverfilmungen innerhalb der „Sechs auf einen Streich“-Reihe:
Das liegt unter anderem auch daran, dass Drehbuchautorin Gabriele Kreis und Regisseur Wolfgang Eißler (ein ausführliches Interview mit ihm findet ihr in diesem Beitrag) den Grimm-Klassiker etwas entstaubt und modernen Lebensauffassungen angepasst haben. Nicht nur verleihen sie sowohl den zwölf Prinzessinnen als auch ihrem Vater eine glaubhafte Motivation, im Film endet auch deutlich positiver und romantischer als die Vorlage.
Besonders schön ist, dass sich das Produktionsteam getraut hat, tatsächlich einen Film mit zwölf Prinzessinnen zu drehen. Das schafft eine zauberhafte Atmosphäre und wirkt – nicht nur in den Tanzszenen – opulent. Aus dem Soldaten des Originals wird hier ein gewitzter, äußerst sympathischer Puppenspieler, der das Herz am rechten Fleck trägt (und von Carlo Ljubek wunderbar portraitiert wird).
Die vorgegebene Laufzeit von einer Stunde erlaubt es den Machern leider nicht, die aufblühende Romanze zwischen Anton und Prinzessin Amanda (Inez Björg David) mehr Zeit zu schenken. Das ist etwas schade, denn mit einigen zusätzlichen Szenen wäre die Liebesbeziehung der beiden sicher noch etwas glaubhafter gelungen. So müssen wir Zuschauer akzeptieren, dass wir uns im „Es war einmal“-Zeitalter befinden. Immerhin sind die aufkeimenden Gefühle der beiden in einigen Schlüsselszenen gut in Szene gesetzt.
Eine Überraschung ist Dieter Hallervorden. Wer befürchtet hat, dass der Film durch die Besetzung mit ihm in den Klamauk abrutscht, darf vollkommen beruhigt sein. Hallervorden spielt sehr glaubwürdig einen König, der auch nach Jahren noch um seine verstorbene Frau trauert. Eine tragische Figur, die der Geschichte eine schwere Note gibt, die ihr gut tut, und erklärt, weshalb der König so darauf bedacht ist, seine Töchter hinter Mauern zu sperren. Sein Konterpart ist der ehrgeizige Haushofmeister, der für einige komödiantische Einlagen sorgt, die dem Märchen einen leichteren Ton geben. Nachvollziehbar, aber mir hat gerade die tragische Verzweiflung, die in vielen Szenen mitschwingt, sehr gut gefallen.
Ein Film, in dem ein verwunschenes Traumreich eine wichtige Rolle spielt, steht und fällt natürlich mit seinen Bildern. Hier hatten Eißler und seine Crew eine ungewöhnliche, aber geniale Idee. Anstatt eine Traumwelt voller Gold, Silber und leuchtender Farben zu erschaffen, lässt er die Prinzessinnen eintauchen in eine in Nebel gehüllte Zauberwelt, aus der alle Farben verschwunden zu sein scheinen. Durch clever eingesetzte Effekte wie verzerrte Bilder, Zeitlupe und hallende Stimmen entsteht tatsächlich eine Traum-hafte Atmosphäre, die durch einen wunderbaren Score noch verstärkt wird. Toll!
Dabei fasziniert nicht nur das unterirdische Traumreich, in das sich die Prinzessinnen Nacht für Nacht heimlich begeben, sondern auch diverse andere Bildkompositionen wie etwa die sehr karge, von schwarzen Trauerfloren durchzogenen Märchenburg – das harte, tragische Gegenstück zur Anderswelt.
Insgesamt macht die Verfilmung der „Zertanzten Schuhe“ wesentlich mehr richtig als falsch und ist deshalb ein wunderbarer, wenn auch etwas ungewöhnlicher neuer Märchenfilm mit zauberhaften Bildern, den man gern mehr als einmal anschaut!
„Die zertanzten Schuhe“ ist sowohl als Einzel-DVD als auch im Rahmen einer Sammelbox zusammen mit „Des Kaisers neue Kleider“ und „Die Sterntaler“ erhältlich.
[…] in die Kinos. In diesem Jahr hat er gemeinsam mit seinem Team das Grimmsche Märchen von den “Zertanzten Schuhen” verfilmt, das am 2. Weihnachtsfeiertag um 15:20 Uhr im Ersten laufen […]
Pingback by Darkstars Fantasy News » Wie ein Märchen entstehtInterview mit Regisseur Wolfgang Eißler | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 18. Dezember 2011 @ 17:45
ich möchte getne das das märchen die zertanzten Scuhe 2011 auch mal bald auf swr, mdr, ndr, wdr und auf rbb mal ausgestrahlt werden das wäre ser toll
Danke schön
Kommentar by Heim Julia — 26. Dezember 2011 @ 21:18