Seit Viviane, die Herrin vom See, das Kind von König Ban von Benwick gerettet hat, sind Jahre ins Land gezogen. Als Galaad wächst Vivianes Mündel auf und wird zum Krieger ausgebildet. Er ahnt nicht, was er in Wirklichkeit ist: ein Mädchen, das durch einen Zauber nach außen hin ein junger Mann zu sein scheint.
Als die Zeit gekommen ist, dass seine Meister ihn nichts mehr lehren können, vertraut Viviane ihrem Ziehkind ein magisches Schwert an. So gerüstet soll Lancelot ausziehen, um den Zauberer Iweret zu stellen und die beiden Königssöhne befreien, die dieser gefangen hält. Iweret ist ein alter Gegner des Zauberers Merlin und der Herrin vom See. Mit seiner Tochter lebt er in einer Festung, die er durch Magie vor den Blicken der Außenwelt verborgen hält. Doch der junge Recke findet einen Weg – wie König Claudas, der Mörder von Galaads Vater, der ebenfalls eine Rechnung mit Iweret offen hat. In der Festung des Zauberers kreuzen sich nicht nur die Wege der Kontrahenten, Galaad muss darüber hinaus noch erfahren, welch furchtbares Geheimnis die Herrin vom See all die Jahre vor ihm verborgen gehalten hat …
Mit “Iweret” geht die auf fünf Bände angelegte Mittelalter-Fantasy aus der Feder von Jean-Luc Istin (unter anderem “Das fünfte Evangelium”, “Die Druiden”) in die zweite Runde. Diesmal hat sich der Künstler mit Olivier Peru einen Co-Autoren an die Seite geholt, mit dem er eine sehr actionreiche, mystische Geschichte erzählt. Diese ist vom Hauptstrang her in sich abgeschlossen, auch wenn die serienübergreifende Handlung natürlich nur Häppchenweise voranschreitet. Atmosphärisch wandelt der Band auf Sword & Sorcery-Spuren: Schöne Frauen verwandeln sich in Sumpfmonster, es gibt magische Spiegel, verwunschene Festungen, mörderische Baumfeen, mehrere Kämpfe auf Leben und Tod und einige blutige Schlachten. Es geht also diesmal deutlich actionreicher zu als im Auftaktband.
Interessant ist das Einführen der Figur von Morgane, die in der Artus-Saga eigentlich eine prominente Schlüsselrolle einnimmt. Hier tritt sie als Schülerin Vivianes auf und als Vertraute Galaads/Lancelots, die in Visionen dessen Zukunft vorausahnt und ihm beziehungsweise ihr zur Seite stehen will. Gerade ihre Visionen sind zeichnerisch eindrucksvoll und dramatisch in Szene gesetzt. Da der bereits angekündigte dritte Band “Morgane” betitelt ist, bleibt zu hoffen, dass sie nachfolgend eine größere Rolle im Zyklus einnehmen wird.
Die Zeichnungen der Künstlerinnen Alexe (Bleistift & Tusche) und Elodie Jacquemoire (Koloration) transportieren den mythischen Epos der Geschichte gut: Die Zeichnungen wirken in den Kampfszenen zwar weniger detailliert und durch scharfe Striche etwas verwischt, aber das passt zu der Dynamik der jeweiligen Szenen und macht die Bilder “schneller”. Das spiegelt sich auch in der Farbgebung wider, die in diesen Fällen auf düstere, schmutzige Farben setzt. Die mysthischen Momente, die es mitunter im ersten Band gab, findet man hier selten. Interessant ist allerdings, wie Alexe & Jacquemoire die Darstellung Lancelots gelingt. Als Leser weiß man zwar aus dem ersten Band bereits, dass es sich bei ihm in Wirklichkeit um eine Frau handelt, aber hier tritt er größtenteils als Krieger auf. Dennoch gelingt es den Zeichnerinnen, Lancelots Gesicht in Schlüsselmomenten so darzustellen, dass man ihn zwar als jungen Mann erkennt, in seinen Zügen aber auch die Frau erkennen kann, die er eigentlich ist.
Der Band endet an einem dramaturgisch sehr spannenden Punkt. Zudem wird angedeutet, dass die eigentliche Artus-Sage in den Folgebänden eine größere Rolle spielen könnte. Das macht neugierig auf die folgenden Bände, die hoffentlich nicht allzu lange auf sich warten lassen!
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