Darkstars Fantasy News

Die Gales aus Kanada sind eine seltsame Familie:  Sie können heilsame Zauber wirken oder andere mit Flüchen belegen; sie verhexen Kuchen, die im Kühlschrank anderer, weit entfernter Verwandter auftauchen; sie feiern absonderliche Sonnenwendrituale; alle Familienmitglieder verfügen über magische Handys; einige von ihnen können mit nur wenigen Schritten das halbe Land durchqueren – und mit den Tantchen legt sich niemand an, der noch alle Sinne beisammen hat!

Alysha ist im riesengroßen Gale-Clan ein noch recht unbeschriebenes Blatt – bis sie einen Brief ihrer Großmutter erhält, in dem eben diese verkündet, angeblich verstorben zu sein und die ihrer Enkelin deshalb ihren Trödelladen in Calgary samt zugehöriger Wohnung vermacht. Die Tanten – die uneingeschränkten Matriarchinnen über die Großfamilie – wittern sofort eine Verschwörung, aber Aly ergreift die Flucht nach vorne. Da sie ohnehin gerade ihren Job verloren hat, macht sie sich auf nach Calgary, um herauszufinden, ob ihre Großmutter wirklich tot ist und was es mit dem Trödelladen auf sich hat.

Schnell stellt sie fest, dass zu den regelmäßigen Kunden des Ladens das örtliche Feenvolk gehört, es eine seltsame Macht auf ihre Familie abgesehen hat und dass es in Calgary offenbar noch leibhaftige Drachen gibt. Und während sich schließlich immer mehr Familienmitglieder in Alyshas neuem Zuhause einfinden, gerät diese in den Fokus eines unheimlichen Unbekannten.

Ein Roman, der vor Magie nur so strotzt!

Auch wenn Tanya Huffs neuer Urban Fantasy-Roman optisch recht unspektakulär daher kommt, besticht er durch einen der frischesten Ansätze im Genre, der mir in den vergangenen Jahren unter gekommen ist. Anstatt die klassische Formel, die diverse erfolgreiche Urban Fantasy-Reihen mittlerweile zu diktieren scheinen, auf ihren Roman anzuwenden, geht die kanadische Autorin einen betont individuellen Weg: Sie verzichtet komplett auf die inzwischen obligatorische Ich-Erzählerin, und auch, wenn Huff sich mit Alysha für eine Hauptfigur entschieden hat, so stehen auch einige andere Charaktere im Fokus und immer wieder wird stückchenweise das Geschehen aus deren Sicht geschildert.

Ebenfalls einen Bogen macht Tanya Huff um Vampire und Werwölfe und konzentriert sich dafür auf Hexen (und Drachen). Und dabei kleckert sie nicht, sondern klotzt: Inhaltlich strotzt “Der Hexenladen” geradezu vor Magie. Die Gale-Familie mit ihren starken, skurillen Charakteren, ihrer unkonventionellen Lebensweise und ihren faszinierenden Fähigkeiten sind ein großartiges Figurenensemble! Seit den Owens aus dem Sandra Bullock/Nicole Kidman-Blockbuster “Zauberhafte Schwestern” bin ich keiner Hexenfamilie mehr begegnet, die mich so begeistert hat – obwohl (oder vielleicht auch weil) die Gales offenbar noch eine Spur verrückter und eigenwilliger sind.

Auch wenn die eigentliche Handlung selbst nicht spektakulär ist (sie weiß zu unterhalten, bietet aber nichts aufsehenerregendes), so packt einen das Buch doch aufgrund des überzeugenden Worldbuilding und der Liebe zum Detail, mit dem Huff die Welt der Hexen und Feen beschreibt. Man verbringt einfach gern Zeit mit Aly, ihrem besten Freund Michael und ihrer älteren Cousine Charlie und möchte sich gar nicht so recht von ihnen trennen. Wie gut, dass das Buch mit 512 Seiten und wirklich kleiner Schrift viel Lesestoff bietet, was wiederum etwas mit dem vergleichsweise hohen Preis für ein Taschenbuch versöhnt.

Hoffentlich findet “Der Hexenladen” in Deutschland viele Leser – Tanya Huff und das Buch hätten es verdient, so schön angenehm hebt sich der Roman von den üblichen Urban Fantasy-Epen der jüngeren Vergangenheit ab!

Fakten:

Titel: Der Hexenladen
Autorin: Tanya Huff
Originaltitel: The Enchantment Emporium
Reihe: Die Gale-Hexen, Band 1
Aufmachung: Taschenbuch, 512 Seiten
Verlag: Feder & Schwert
Preis: 13,99 EUR

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