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10. Januar 2016

Interview mit Lynn Raven zu WINDFIRE

Category: Interviews – Darkstar – 10:30

WindfireIm Dezember erschien der neue Roman von Lynn Raven (Seelenkuss), ein Urban Fantasy-Roman, der zu großen Teilen in Las Vegas spielt und von einem Dschinn und einer Hexe handelt, die sich ineinander verlieben.

Meine Rezension zu “Windfire” findet ihr hier.

Im folgenden Interview verrät die Autorin, was sie an ihren beiden Hauptfiguren gereizt hat, warum “Windfire” in Las Vegas spielt, obwohl sie diese Stadt niemals selbst besuchen würde und ob sie jetzt anders schreibt als vor eingen Jahren.

Interview mit Lynn Raven zu “Windfire”

Wenn Sie die Atmosphäre Ihres neuen Romans in ein paar Schlagworten und in einer Farbe beschreiben müssten, welche würden Sie wählen?

Hm … irgendwie finde ich solche scheinbar einfachen Fragen manchmal ziemlich knifflig.

Auf Anhieb würden mir einfallen: heiß, windig bis stürmisch, aufgeladen und Sonnenaufgangs- oder -untergangsrot.

Was gefällt Ihnen selbst am besten an Ihren beiden Hauptfiguren?

Dass sie jenseits der Geschehnisse aus “Windfire” ihre eigenen Leben haben, die eigentlich so gar nichts mit der Magie und den Elementen zu tun haben. Das hat es bei den beiden für mich ausgemacht.

Shane hat seine Arbeit als Fotograf – und hat sich ja mehr oder weniger von diesem Teil seiner Familie losgesagt – und Jesse versucht gegen alle familiären Probleme für ihren Bruder zu sorgen. Selbst wenn sie sich nie begegnet wären, hätten sie ein eigenes Leben gehabt.

Wenn Feuer und Wind sich unterhielten, hatten Erde und Wasser sich gefälligst herauszuhalten“: Die Djinn stehen für das Element Feuer. Jesse verkörpert als Windhexe das Element Luft. Wäre es auf den ersten Blick nicht naheliegender gewesen, sie dem Wasser zuzuordnen?

Auf den ersten Blick vielleicht, aber da die beiden ab einem gewissen Punkt zusammenarbeiten mussten – und das eben auch auf magischer Ebene -, hätte das mit den so absolut gegensätzlichen Elementen Feuer und Wasser nicht funktioniert.

Und Feuer braucht ja auch Luft, um brennen zu können. Auf den zweiten Blick war es also nur logisch, dass mit Shane und Jesse Feuer und Wind aufeinander treffen mussten. *lacht* Allein um einen Feuertornado heraufbeschwören zu können. Das erste Bild, das es von “Windfire” in meinem Kopf gab. Und von dem ich um nichts in der Welt abgerückt wäre.

In einem früheren Interview haben Sie mir verraten, dass Ihr High Fantasy-Roman “Der Spiegel von Feuer und Eis” eigentlich ursprünglich eine Dschinn-Story werden sollte. Ist “Windfire” das Ergebnis?

Der Spiegel von Feuer und Eis*lacht* Erwischt. Allerdings hätte ich niemals erwartet, dass das Ergebnis letztlich so aussehen würde. Oder dass zwei so vollkommen unterschiedliche Romane aus der Ursprungsidee werden könnten.

Für den “Spiegel” war die Djinn-Idee letztlich ‘nur’ etwas, das zum damaligen Zeitpunkt nicht ‘passte’ und dann zu etwas anderem umgesponnen wurde, nämlich dem “Spiegel”. “Windfire” ist die tatsächliche Umsetzung der Idee. Bis hin zu einem Zitat, das schon in der ersten Exposé-Fassung auftauchte und das es dann auch eins zu eins in den Roman geschafft hat. Wobei ich nach wie vor als bekennender Winterfan dem Setting von “Der Spiegel von Feuer und Eis” den Vorzug geben würde. Die Schauplätze von “Windfire”, Las Vegas und Petra, wären von den Temperaturverhältnissen absolut nichts für mich.

Die Glitzerwelt Las Vegas’, die ja auch ihre heruntergekommenen Seiten hat, passt sehr gut zu den beiden Hauptfiguren und der Geschichte. Wie haben Sie gemerkt, dass diese Stadt eine tolle Kulisse für die Handlung darstellt?

Las Vegas als Setting stand fest, sobald klar war, dass es das ‘Alhambra’ geben würde. Es war der einzig logisch nachvollziehbare Ort, um Nazeems Spielplatz zu bauen. Ich wollte Tausendundeine Nacht in der modernen Welt. Aber eben den Gesetzen der Elementare entsprechend, also unauffällig. (Wobei man sich darüber streiten kann, in wie weit man das ‘Alhambra’ als unauffällig bezeichnen kann.) Wo hätte man es besser verstecken können als in der Nachbarschaft des Luxor, Venetian oder Bellagio oder all den anderen Casino-Hotels inmitten einer Welt aus Glitzer und Luxus und den dazu gehörigen Abgründen. Ganz nebenbei sollte es trotz allem inmitten einer Wüste liegen. Djinn sind und bleiben nun mal Geschöpfe des Feuers. So zivilisiert sie sich auch geben mögen.

Haben Sie vor Ort recherchiert?

Um Himmels willen, nein. Ich bin bekennendes Winterkind. Meine Wohlfühl-Temperatur endet irgendwo zwischen 25° und 28° Celsius. Um mich auch nur ansatzweise freiwillig nach Vegas oder Jordanien zu bekommen, müsste man sich verdammt anstrengen.

Und wenn wir beim Thema Recherche sind: Was war das ungewöhnlichste Thema, für das Sie jemals recherchiert haben?

Der Kuss des KjerAls ungewöhnlich hätte ich persönlich jetzt keines meiner Recherchethemen bezeichnet, aber das ist vermutlich auch Auslegungssache.

Am ehesten trifft ungewöhnlich wohl auf meine Katana-Recherche zu. In “Der Kuss des Kjer” wird Mordans Kereshtai zerbrochen, das konzipiert war wie ein Katana der Samurai. In allerletzter Minute kam plötzlich die Frage auf: ‚Kann man ein Katana / Kreshtai zerbrechen?‘ Ich war der Meinung: ‚Ja, kann man.‘ Andere Stimmen behaupteten: ‚Nein, geht nicht.‘ bzw. ‚Nein, geht nicht, es sei denn es hat irgendwelche Schmiedefehler.‘ – was natürlich undenkbar war.

Ich habe dann versucht, in aller Eile eine zuverlässige Quelle aufzutreiben, und fand tatsächlich einen sehr netten Schmied, der historische Repliken nach Originalen und auch möglichst in Schwertstahl-Qualität anfertigte – unter anderem auch die legendären Samuraischwerter. Er hatte bei einem japanischen Meister gelernt und war bereit, meine Fragen zu beantworten. Das Ergebnis: ‚Ja, man kann auch ein Katana zerbrechen, auch wenn es keine Schmiedefehler o.ä. hat. Genau wie jedes andere Schwert.‘ Die ‚Unzerstörbarkeit‘ war eine dieser Urban Legends. *lacht*

Er hat mir dann sogar noch erklärt, wie man das am besten anstellt, damit man möglichst wenig Kraftaufwand hat.

Man wirft deutscher Literatur gern mal vor, nicht „vielfältig“ genug zu sein, u. a. auch was den ethnischen Hintergrund der Charaktere angeht. „Windfire“ braucht sich einen solchen Vorwurf erfreulicherweise nicht vorwerfen zu lassen. Trotzdem würde mich interessieren, was Sie glauben, woran das generell liegt: Vermeidet man solche Figuren beim Schreiben aus Angst davor, fremde Kulturkreise falsch darzustellen? Haben Sie beim Schreiben des Buches über dieses Thema überhaupt nachgedacht?

Darüber habe ich mir tatsächlich keine Gedanken gemacht. Vielleicht auch, weil Shane und Jesse sich beide als Amerikaner verstehen und sich die Frage damit – zumindest für mich – gar nicht gestellt hat.

Andere Figuren wie z.B. Al waren dann direkt wieder so … exotisch von ihrem Hintergrund her, dass sie für mich aus dem normalen Rahmen herausgefallen sind.

Zusammengezuckt bin ich allerdings, als die ersten Berichte über zerstörte Kunstgegenstände und Tempelanlagen im Nahen Osten aufgetaucht sind. Schon allein diese Tatsache hat mir Magenschmerzen bereitet. Wenn sich diese Geschehnisse bis nach Jordanien ausgebreitet hätten, weiß ich nicht, ob ich mir nicht ein anderes Setting für „Windfire“ gesucht hätte. Bestimmte historische Stätten in einem Buch in Schutt und Asche zu legen, ist eins. Es zu tun, während es in der Realität tatsächlich geschieht, wieder etwas ganz anderes.

In Rezensionen im Romantasy-Bereich liest man immer wieder, dass junge Leserinnen und Leser für die Heldinnen und Helden schwärmen, die darin vorkommen. Hatten Sie auch schon Character Crushes?

Abgesehen von meinen eigenen Helden? Ehrlich gesagt, nein. Vielleicht bin ich dafür aber auch einfach nur schon zu alt?

Das Blut des DämonsSchreiben Sie jetzt anders als vor einigen Jahren?

Ich versuche, meinem Stil weitestgehend treu zu bleiben. Immerhin gehen meine Leser inzwischen vermutlich mit einer gewissen Erwartungshaltung an meine Bücher heran.

Was nicht bedeutet, dass ich, was die ‘Stimme’ der jeweiligen Figur angeht, stur nach Schema-F vorgehe. Wie in der Realität hat jede/r seine eigene Ausdrucksweise – entsprechend passe ich mich da schon an. *grinst*

Aber wenn man es genau nimmt, schreibe ich heute tatsächlich anders als zu den Anfängen in den ersten Jahren. Damals hatte ich massive Adjektivitis. Wobei: Manchmal kann man in meinen Rohfassungen auch heute noch sehr erfolgreich ‚schlag-das-Adjektiv-tot‘ spielen. Dank meiner Lektorin gelangen diese Ausrutscher nur selten in die Druckversion. Um so manches Adjektiv kämpfe ich aber nach wie vor sehr hart.

Gibt es ein Leitmotiv, das all Ihre Bücher durchzieht?

Uff. Schwierige Frage. Nicht, dass es mir bewusst wäre.

Jesses und Shanes erstes gemeinsames Abenteuer ist am Ende von “Windfire” bestanden – aber die Welt der Elementarmagier, über die Sie schreiben, bietet Potential für weitere Geschichten. Insbesondere würde ich persönlich mich über ein intensives Aufeinanderprallen mit Jesses Windhexen-Familie freuen. Wie stehen die Chancen dafür?

Im Moment eher schlecht.

Konkret geplant ist zumindest nichts, aber theoretisch bräuchte es nur ein Kapitel und die Hölle würde in Shanes und Jesses Welt losbrechen. Und man soll ja nie ‚nie‘ sagen.

Nach dem Buch ist vor dem Buch: Dürfen Sie uns schon verraten, woran Sie gerade schreiben? Wird es auch wieder märchenhafte High-Fantasy-Romane im Stil vom “Spiegel” geben?

SeelenkussVerraten darf ich eigentlich nichts, aber ich denke, ich darf zumindest sagen, dass es sich um eine sehr alte Idee handelt.

Dass ich das Buch dazu jemals schreiben würde, hätte ich nicht mehr gedacht. Ich glaube, ich hatte für einen ziemlich langen Moment einen nicht wirklich intelligenten Gesichtsausdruck, nachdem meine Lektorin meinte: ‚So cool ich die anderen Ideen finde: Lass uns doch das zuerst machen.‘ Mein Grinsen danach war vermutlich auch ein wenig dämlich.

Und was die märchenhafte High Fantasy im Stil vom „Spiegel“ angeht: Auch hier gilt: Man soll nie ‚nie‘ sagen. Ich komme aus der High Fantasy. Meine Character Crushes hatte ich unter anderem für Mordan aus “Kjer” und Morgwen aus dem “Spiegel”.

Wenn die Leser meinen Verlag davon überzeugen, dass sie genau DAS lesen wollen, wird es genau DAS vielleicht irgendwann auch wieder geben. Ideen hätte ich …

Wenn Sie eine Woche Urlaub in einer Phantastik-Welt Ihrer Wahl machen dürften oder müssten, welche würde es sein und welche drei Gegenstände würden Sie dorthin mitnehmen?

Das ist jetzt eine Fangfrage, oder?

In einer echten High-Fantasy-Welt würde ich vermutlich nicht lange genug überleben, um irgendetwas zu brauchen. – Hm …

Also wenn ich wirklich die Wahl habe, nehme ich Santa Reyada. Auch wenn es mir da eigentlich deutlich zu heiß ist. Und was ich mitnehmen würde? Ich habe keine Ahnung. Beim besten Willen nicht.

Vielen Dank!

Meine Rezension zu “Windfire”: hier!

Mein Interview mit Lynn Raven aus dem Jahr 2010: hier!

 

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