Rechtzeitig zur Leipziger Buchmesse erscheint Julia Dessalles Rubinsplitter.
Der Doppelband enthält die beiden Romane Funkenschlag und (als Erstveröffentlichung) Tränenspur, eine phantastisches Weltenwechsel-Abenteuer, in dem ein Mädchen aus unserer Realität in eine magische Anderswelt stolpert, in der der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind.
Welche Herausforderungen stellt es an einen Autoren, eine Welt zu entwickeln, in der fast alles möglich ist? Im nachfolgenden Interview habe ich mich mit Julia über diese und andere Themen unterhalten.
Interview mit Julia Dessalles
Ist Salvya eher ein traumhaftes Märchenland oder ein alptraumhaftes Reich, das niemand jemals besuchen sollte?
Sowohl als auch.
Die Frage ist ganz einfach zu beantworten. Salvya IST Phantasie.
In der Phantasie ist alles möglich. Je stärker die eigene Kreativität ist, desto mehr vermag man zu leisten: fliegen, sich als etwas anderes ausgeben, als man ist, aber auch böse Dinge. Zum Beispiel jemanden verfluchen, sodass seine Haut beim bloßen Gedanken an Magie Blasen wirft.
Für meine Heldin Ruby ist Salvya sowohl die Erfüllung all ihrer Sehnsüchte und Wünsche, als auch ein riesiger Albtraum, da ihre magischen Fähigkeiten nicht wirklich ausreichen, um gegen die mächtigen Phantasten Salvyas anzukämpfen.
Welche Schlagworte beschreiben die Atmosphäre von Rubinsplitter am besten?
Verrückt, wild-romantisch, ungezähmt, gefährlich, mysteriös und all das mit einem Augenzwinkern und einer Prise Humor.
Und Musik.
Was gefällt Dir am besten an Ruby, Deiner Hauptfigur?
Ruby unterläuft einer großen Wandlung im Laufe der Geschichte.
Anfangs ist sie so verunsichert, dass sie quasi unsichtbar ist. Nie würde sie sich eine magische Handlung zutrauen. Aber im Laufe des Buchs wird sie immer stärker und beginnt, an sich zu glauben.
Was ich an dieser Person liebe, ist, dass sie Mut macht. Wir alle sind unsicher und zweifeln an uns. Rubys Botschaft ist: Glaube an dich, dann kannst du über dich hinauswachsen.
Außerdem finde ich es lustig, wie sie Kai – diesem Kotzbrocken – zunehmend Paroli bietet. Das braucht er manchmal, damit ihm nicht vor lauter Selbstverliebtheit die Schädeldecke wegfliegt ;)
Wer ist dein liebster Nebencharakter und warum?
Zweifellos Amy.
Amygdala ist nach meiner Lieblings-Hirnregion benannt – dem Mandelkern. (Jaaaaaa…. ich bin Ärztin, das kann ich nicht verstecken. Und ja, ich HABE eine Lieblingshirnregion ;) )
Die Amygdala (im Gehirn) verknüpft Erlebtes mit Emotionen (zum Beispiel Angst, Wut, Liebe …). Das ist auch meine Amy, ein wahres Gefühlsbündel. Sie ist die unterschätzte, aber stärkste Schwester.
Sie nimmt sich immer etwas zurück und ist sehr weise in ihrer Macht. Außerdem hat sie eine Gabe, die andere Leute als Bürde empfinden würden: die der Alterswandlung. So kann sie jedes Alter zwischen ein paar Monaten und über hundert Jahren annehmen und zwischen den einzelnen Alterserscheinungen blitzschnell wechseln.
Dadurch ist Amy stets kindlich-uralt, das macht sie unheimlich interessant und abwechslungsreich. Eine Greisin in einem Ledermini, der kaum ihren Rüschenschlüpfer verbirgt …
Was hat Dich zur Handlung inspiriert?
Ahhh, ja, das war wohl meine Schwester.
Als Kinder waren wir riesen Fans von Michael Endes Unendlicher Geschichte. Wir lebten dieses Buch. Das soll heißen, Nina zwang mich jeden Tag, neue fantastische Kreaturen zu erfinden, damit Phantasien nicht ausstirbt. Ich habe ein Heft gebastelt und Bilder gemalt und den Viechern Attribute zugesprochen (ich musste immer malen, ich war die Künstlerin, sie die Chefin. Ist auch heute noch so).
Die Idee, eine rein durch die Phantasie gesteuerte Welt zu erschaffen, ließ mich nie los.
Und dann kam die Idee mit der Gummibärchenallergie dazu, wodurch Kai in mein Leben trat und sich sehr hartnäckig darin festkrallte (ehrlich, ich werde den Quälgeist nicht mal nachts los).
Voilà, Rubinsplitter war entstanden.
Was war die größte Herausforderung dabei, diese Welt zu erschaffen?
Ich liebe ja Fantasy, weil rein theoretisch ALLES möglich ist …
Aber dann auch wieder nicht, denn auch eine fantastische Welt braucht ihre Regeln, damit sie glaubwürdig scheint.
Thyra (meine Antagonistin) brauchte eine glaubhafte Motivation, diese Welt zerstören zu wollen (einfach nur böse funktioniert nicht).
Bei mir ist es nicht so, dass mir Ideen fehlen, ich habe eher ein wenig zu viel Fantasie und man muss mich manchmal bremsen, wenn ich über die Stränge schlage und zu sehr rumdeliriere.
Also kurz gesagt: Das Schwierigste war, sich an Regeln zu halten.
Wenn Du an einen einzigen Ort in Salvya reisen könntest, welchen würdest Du wählen?
Mein Lieblingsort ist die Foresta Lampyria – der Glühwürmchenwald.
Hier ist Salvya noch wild und ursprünglich, überschäumend vor phantastischer Magie, romantisch, zauberhaft und unberechenbar.
Ich würde nur zu gern einmal unter den vor blinkenden Glühwürmchen schweren Ästen des Monsterbaums umherstreifen, ein Neonhörnchen mit einer Säuselnuss anlocken, meine Hand in die bemooste Mähne eines Wildfangs graben, all die Farben, Gerüche, Gefühle am eigenen Leib erleben … hach … ja.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Ich konnte so mit vier Jahren schreiben und habe damals schon meinen Eltern unzählige kleine Zettelchen (das E war eine 3) mit Nachrichten und kleinen Geschichten geschrieben.
Außerdem erfanden meine Schwester und ich Geschichten, die wir dann inszenierten oder auf Kassette (wie ein Hörspiel) aufnahmen. Die sind wirklich extrem witzig.
Verrätst Du uns, worum es in der allerersten Geschichte ging, die Du erfunden hast
Meine erste »richtige« Geschichte handelt von Brittzy dem Wildpferd (auch Axl Rose, der Sänger von Guns’n Roses, spielt eine Rolle als sexy Reitlehrer) und ich habe sie meinen Eltern auf einen von mir illustrierten Karoblock geschrieben und zu Weihnachten geschenkt.
Ein Wunderwerk moderner Literatur :D :D :D.
Also, wie man merkt habe ich schon immer, immer, immer Geschichten erfunden und niedergeschrieben, auch später am Gymnasium habe ich lustige Geschichten für meine Mitschüler in mehreren Bänden geschrieben, die gingen dann immer unter der Bank herum und sorgten für Gekicher und Strafarbeiten ;).
Rubinsplitter war eine von vielen Geschichten, die einfach rausmussten, aber die erste, mit der es ernst wurde.
Was inspiriert Dich?
Puh… vielmehr: was nicht.
Die Inspiration springt mich immer und überall an: Beim Autofahren, auf dem Klo, in einem Liedtext, einem Wortspiel oder wenn ich mit meinem Sohn diskutiere.
Ich hab ein ziemlich verrücktes Gehirn (Überraschung!), ich kann gar nicht sagen, was da immer so passiert, auf einmal läuft da so ein Film ab …
Was erwartet die Leser in Tränenspur, dem Sequel von Funkenschlag?
Tränenspur ist Kais Buch.
Im ersten Band haben wir die Protagonisten Ruby, Kai und Ali kennengelernt und es haben sich einige Fragen aufgetan, die wir Band für Band auflösen werden.
In Tränenspur wird es sehr viel dramatischer und traurig/düsterer. Wir steigen in Kais Vergangenheit hinab. Auch Ruby wird darunter zu leiden haben.
Aber es wird auch romantischer, schließlich werden meine Protas ja auch ein wenig älter.
Ich würde sagen, in Tränenspur haben wir uns alle noch ein Stück weiterentwickelt, die Jungs, Ruby – und ich auch.
Woran arbeitest du gerade?
Ich arbeite immer an mehreren Projekten gleichzeitig.
Aktuell bin ich mit dem Release von Band 2 beschäftigt, aber ich habe den dritten Band der Rubinsplitterreihe in Rohfassung vorliegen und werde demnächst wieder verstärkt daran arbeiten.
Außerdem habe ich noch ein weiteres Herzensprojekt (NEX) beendet, welches ich nun auch noch einmal überarbeiten muss.
Zudem schwebt ein reiner Jugendroman in meiner näheren Projektplanung herum, wo es auf meine Heimat-im-Herzen-Insel Korsika gehen wird.
Und nicht zuletzt plane ich noch einen weiteren Herzprickel-Roman unter meinem Pseudonym Olivia LaFey. Es wird also nicht langweilig.
Vielen Dank!
Zur Website der Autorin: Julia Dessalles