Mehrere Blogger und Bookstagramer aus dem Drachenmond Lesechallenge haben eine Märchen-Blogtour auf die Beine gestellt: In mehreren Beiträgen erfahrt ihr oft wenig bekannte Hintergründe zu beliebten Märchen – und in einigen Fällen gibt es auch ein paar süße Kleinigkeiten zu gewinnen.
Die Übersicht zur Aktion findet ihr auf Facebook.
Es freut mich sehr, dass auch ich dabei sein darf – und es wird euch vermutlich nicht überraschen, dass ich mich für das Grimm’sche Märchen Schneeweißchen und Rosenrot, seine Hintergründe und Adaptionen entschieden habe.
Wusstet ihr zum Beispiel, dass Schneeweißchen und Rosenrot – anders als die meisten anderen Märchen, die die Brüder Grimm gesammelt haben – gar kein altes Volksmärchen ist?
Die Geschichte um die beiden Schwestern und ihre Auseinandersetzung mit dem fiesen Zwerg haben Jacob und Wilhelm nicht aus dem Volksmund zugetragen bekommen. Stattdessen schreibt Wilhelm Grimm in seinen Anmerkungen, dass Schneeweißchen und Rosenrot auf das Märchen Der undankbare Zwerg der deutschen Schriftstellerin Karoline Stahl (1776 bis 1837) zurückgeht. Dieses habe er als Vorlage benutzt, aber – wie er es ausdrückt – “auf seine Weise erzählt”. Im Vergleich zu Stahl hat er das Märchen erweitert, stark an seine eigenen Moralvorstellungen angepasst und um Reime und Redensarten ergänzt.
Die Rosenbäumchen vor dem Haus der Schwestern kennt Karoline Stahl ebenso wenig wie das Motiv des Tierbräutigams. In ihrer Version besitzen die beiden Mädchen noch beide Eltern und jede Menge Geschwister. Zudem endet Stahl nicht mit einer glänzenden Hochzeit. Nachdem ein Bär (der sich nicht als verzauberter Prinz entpuppt, sondern einfach nur ein wildes Tier ist) den boshaften Zwerg getötet hat, nehmen die Schwestern dessen Schatz an sich und leben mit ihrer bis dahin bettelarmen Familie in behaglichem Reichtum.
Diese Version könnt ihr online nachlesen: Der undankbare Zwerg.
Adaptionen
Wer Rosen und Knochen gelesen hat, weiß, dass ich “Schneeweißchen und Rosenrot” ziemlich gegen den Spruch gebürstet habe. Keine Bären, keine Prinzen – dafür zwei lesbische Dämonenjägerinnen.
Es gibt aber natürlich auch ein paar Adaptionen, die näher am Original geblieben sind.
Kommen wir zunächst zu zwei Verfilmungen:
Sehr charmant hat 2012 die ARD im Rahmen ihrer “Sechs auf einen Streich”-Reihe das Grimm’sche Märchen neu verfilmt. Eine ausführliche Rezension findet ihr auf meinem Blog. Wer dafür keine Zeit hat, kann sich bei Interesse den Trailer anschauen:
Meine Lieblingsverfilmung ist allerdings die DEFA-Verfilmung von 1979, der die Vorlage behutsam erweitert, dem Geist des Originals aber treu bleibt.
Einige Szenen sind in diesem Trailer zusammengeschnitten:
Romanadaptionen zum Märchen gibt es – zumindest auf Deutsch – leider kaum.
Im Februar 2017 veröffentlichte Jennifer Alice Jager ihre Adaption unter dem Titel Schneeweiße Rose.
Seit dem Tod ihrer Mutter sind die Schwestern Snow und Rose auf sich allein gestellt. Gemeinsam führen sie ein bescheidenes Gasthaus an der Grenze zum verwunschenen Wald. Viele Gefahren drohen dort, doch die Schwestern konnten immer auf sich aufpassen.
Bis sie eines Tages einem geheimnisvollen Fremden Obdach gewähren und Snow ihr Herz an ihn verliert. Plötzlich befinden sich Rose und Snow mitten in einem magischen Krieg zwischen den Zwergen und den Feen des Waldes.
Und damit mitten in einem Kampf um Liebe, für die Freiheit und um das Schicksal eines ganzen Königreichs.
Auf den ersten Blick gar nicht als Adaption erkennbar ist Margo Lanagans ambitionierter und emotional fordernder Fantasyroman Ligas Welt:
Nach den erlittenen Grausamkeiten ihres Vaters und der jungen Männer aus der Stadt flüchtet sich Liga in eine Parallelwelt. Dort, in ihrem friedlichen Häuschen im Wald, zieht sie ihre beiden Töchter Branza und Urdda auf.
Doch die Wirklichkeit kann nicht für immer verdrängt werden: Verzauberte Bären und ein gieriger Zwerg dringen in ihre Welt ein, und Urddas Neugierde zwingt Liga schließlich, in die Realität zurückzukehren. Doch können Liga und ihre Töchter in einer Welt bestehen, in der Schönes und Schreckliches nebeneinander existieren?
Margo Lanagan stellt in ihrer tief berührenden Interpretation von «Schneeweißchen und Rosenrot» zeitlose Fragen über das Wesen des Menschen. Furchtlos erforscht sie das Böse und das Gute und lehrt uns, dass es unverzichtbar ist, mit beidem leben zu lernen.
Tja, und falls ihr mein Buch noch nicht kennt, kommt hier auch noch der Klappentext zu Rosen und Knochen – was zugegebenermaßen im Grunde genommen eher eine Hänsel & Gretel-Adaption ist, in die sich Motive aus Schneeweißchen und Rosenrot verweben:
Fürchtest du dich, bei Mondschein das Grab einer Hexe zu betreten?
Unter den Decknamen Schneeweißchen und Rosenrot ziehen die Dämonenjägerinnen Muireann und Rose durch die Lande. Sie bekämpfen Trolle, retten Jungfrauen vor Wassermännern und vertreiben Kobolde aus Mühlen und Bauernhäusern.
Als sie von den Bewohnern eines kleinen Dorfs angeheuert werden, den spukenden Geist einer Hexe unschädlich zu machen, geraten sie allerdings in ein alptraumhaftes Abenteuer, das sie an ihre Grenzen führt. Und das ein gut gehütetes Geheimnis ans Licht bringt, das eine von ihnen vor der anderen gern für immer verborgen hätte.
Hoffentlich hat euch mein Beitrag Spaß gemacht.
Vergesst auch nicht, bei den anderen Beiträgen der Blogtour vorbei zu gucken.
Gewinnspiel
Und bevor ihr hier verschwindet, gibt’s natürlich auch noch etwas zu gewinnen – einen der letzten “Zauberspiegel” zur ersten Drachenmond-Märchenanthologie “Hinter Dornenhecken und Zauberspiegeln” sowie ein von mir signiertes Lesezeichen und eine Ausgabe des Hexenwald-Kuriers.
Beantwortet entweder hier auf dem Blog, auf Instagram oder auf Facebook die folgende Frage:
Wer hat das Märchen “Der undankbare Zwerg” geschrieben, das die Grimms als Vorlage für “Schneeweißchen und Rosenrot” benutzten?
Teilnehmen könnt ihr nur, wenn ihr mindestens 18 Jahre alt seid oder eine Einverständniserklärung eurer Eltern besitzt, wenn ihr in Deutschland, Österreich oder der Schweiz lebt. Facebook, Instagram & Co. haben nichts damit zu tun und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Viel Glück!
#märchentour18