Schon vor einer ganzen Zeit hat mir eine meiner besten Freundinnen den Roman “The Shape-Changers Wife” geschenkt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich mich tatsächlich daran gemacht habe, das Buch zu lesen.
Um mit der Tür ins Haus zu fallen:
Dieses Buch hat mich umgehauen! Das, was Sharon Shinn hier präsentiert ist aus meiner Sicht ein kleines Meisterwerk. Obwohl es also schon ein paar gute Jahre auf dem Buckel hat, ist es definitiv empfehlenswert.
In der Tradition von Patricia McKillip und Peter S. Beagle erzählt Sharon Shinn eine ruhige, aber sehr tiefgründige Geschichte, die in ihrer Vollkommenheit berührt.
Im Mittelpunkt dieses kleinen Juwels steht der junge Zauber-Adebt Aubrey, der den Ruf besitzt, eines Tages zu einem der ganz Großen zu gehören. Ihm gelingt auch, was keiner vor ihm geschafft hat: Der berühmte Gestaltwandler und Hofzauberer Glyrendel ist bereit, ihn als Lehrling aufzunehmen. Das bedeutet allerdings auch, dass Aubrey in dessen düstere, staubige Residenz ziehen muss. Sowohl die Mauern selbst als auch deren Bewohner strahlen eine fast morbide Atmosphäre aus – allen voran die seltsame, von ihrer Außenwelt unberührt zu sein scheinende Frau des Gestaltwandlers, die den Namen Lilith trägt.
Obwohl Aubrey sehr schnell befremdet ist, zieht ihn Glyrendels Welt bald schon in einen Bann, in einen strudelnden Sog der Dunkelheit, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
Shinns Roman ist “nur” 200 Seiten lang und spielt fast ausschließlich an einem einzigen Ort: Eher Kammerspiel als Großes Kino – aber gerade dadurch wird er bemerkenswert – und keine Seite langweilig.
Die Autorin setzt ihre Worte sorgfälltig, wunderschöne Klangmalereien, tief menschliche Weisheiten verwebt sie zu einer Fabel in Romanform, deren Faszination noch anhält, nachdem man das Buch schon lange geschlossen hat.
Bravo, Sharon Shinn!
Der Roman erschien Anfang der 90er Jahre unter dem Titel Im Zeichen der Weide auch auf Deutsch.