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20. März 2022

Andrzej Sapkowski: Zeit des Sturms

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 11:00

Zeit des Sturms HEXERGeralt von Riva, der Hexer mit dem schneeweißen Haar, ist zurück mit einem in sich abgeschlossenen Abenteuer, das zeitlich vor dem fünfteiligen Hexer-Zyklus spielt.

Geralt von Riva ist ein Hexer und professioneller Monsterjäger: Er zieht durch das Land und beseitigt gegen Bezahlung Riesenspinnen, Ghoule und Harpyen, Werwölfe und andere dämonische Gestalten, die dem Reich der Märchen und Sagen entstammen könnten. Dabei greift er nicht nur auf magische Formeln zurück, sondern auch auf zwei besondere Schwerter – eines aus Eisen, eines aus Silber -, mit denen er seine Feinde zur Strecke bringt. Er ist zynisch und verbittert, oft brutaler als nötig, aber er folgt einem ehernen Ehrenkodex.

Deshalb fügt er sich auch in sein Schicksal, als er im Königreich Kerack in eine komplizierte Intrige verwickelt wird: der König schwebt in Lebensgefahr, ein Thronfolgekrieg droht auszubrechen und eine mysteriöse Zauberin, genannt “die Koralle”, sorgt dafür, dass Geralt zunächst verhaftet und dann wieder freigelassen wird. Aus dem Kerker entlassen, muss der Hexer feststellen, dass jemand seine beiden Schwerter gestohlen hat. Als wäre das noch nicht ärgerlich genug, zwingt ihn der Rat der Zauberer (eine Gemeinschaft, die sich nicht gerade gut mit den Hexern versteht), einen Auftrag anzunehmen. Auf Schloss Rissberg, Sitz des Zaubererordens, hat jemand einen Dämonen beschworen. Gemeinsam mit dem Barden Rittersporn macht sich Geralt auf, das mordende Monster zu vernichten – und den unbekannten Dämonenbeschwörer zu entlarven.

Wie ist das HEXER-Prequel

Zeit des Sturms” ist wirklich ein klasse Fantasy-Roman: episch, magisch und spannend. Die Handlung dreht sich mal nicht um das Wohl und Weh einer ganzen Welt, sondern bleibt nah an den Charakteren, die schillern, aber auch mit Ecken und Kanten ausgestattet sind. Zudem gelingt es Sapkowski ungewöhnlich gut, sowohl Fans seines Hexers zu begeistern, als auch neue Leser für seine Welt und die darin agierenden Charaktere einzunehmen. Anders ausgedrückt: Selbst, wer noch nichts vom bzw. über den Hexer gelesen hat, wird hier gut unterhalten, aber auch alte Hasen kommen hier gut auf ihre Kosten.

Zeitlich spielt “Zeit des Sturms” vor der eigentlichen Hexer-Saga, die mit “Das Erbe der Elfen” beginnt. In gewisser Weise ähnelt die Geschichte deshalb den Kurzgeschichten, die es auch über Geralt von Riva gibt – nur dass sie die Länge eines Romans hat, sich aber dennoch kurzweilig liest.

Fantasy aus Osteuropa

Wer befürchtet, osteuropäische High Fantasy kann es nicht mit der amerikanischen Konkurrenz aufnehmen, unterschätzt Sapkowski übrigens gewaltig. Denn obwohl episodenhaft, umweht “Zeit des Sturms” ein epischer Flair. Das liegt mit Sicherheit nicht nur an den Figuren, sondern auch an der Welt, die von zahlreichen Motiven der slawischen Mythologie und Märchenelementen durchsetzt ist, aber durch eigene Einfälle ergänzt wird.

Geralt selbst ist zwar ein Magier, aber auch ein Krieger; er erinnert an den klassischen High Fantasy-Krieger, der die besten Jahre eigentlich schon hinter sich gebracht hat, eine raue Schale, aber ein gutes Herz besitzt und sich eng an seinem moralischen Kompass orientiert. Er ist eher ruhig, aber wenn er spricht, beweist er einen überaus geschickten Umgang mit den Worten, spricht oft durch die Blume und kann ein wahrer Zyniker sein.

Klischees, die funktionieren

Interessant ist, wie Klischeebeladen die Figuren in der Hexer-Welt einerseits sind, wie atypisch sie sich andererseits in gewissen Fällen verhalten.

“Ein richtiger Mann”, so lässt Sapkowski beispielsweise die Zauberin Koralle sinnieren, “angelt leidenschaftlich gern, aber nur mit künstlicher Fliege. Er sammelt Zinnsoldaten, erotische Grafiken und selbstgebaute Modelle von Segelschiffen. An Flaschen von teuren Getränken fehlt es nie in seinem Haushalt. Er kann vorzüglich kochen und allgemein gesagt, schon sein Anblick an sich macht Appetit.” Wen wundert’s, dass Koralle kurz darauf ganz auf ihre weiblichen Reize setzt, um den Hexer zu ködern.

Andererseits tauchen im Roman auch einige Kriegerinnen auf, die sich ganz undamenhaft verhalten und sich wie die schlimmsten ihrer rüpelhaften männlichen Kollegen benehmen. Sie bedienen ebenso ein Klischee, brechen aber mit den Darstellungen zahlreicher anderer Romane und halten die Geschichte so frisch.

Fazit

“Zeit des Sturms” ist märchenhaft, ohne ein Märchenroman zu sein. Er ist actionlastig, ohne ein Actionreisser zu sein. Stattdessen bittet er eine sehr spannende Mischung, der ich wirklich viele Lesende gönne. Anders als vielen Autoren gelingt es Sapkowski, ein Buch über eine bekannte Figur zu schreiben, bei dem man nicht das Gefühl hat, er wollte aus einer beliebten Saga nicht nur mehr Gewinn herausschlagen, sondern er hat über Welt und Menschen darin noch etwas zu sagen. Wenn er dieses Niveau halten kann, dann lese ich gern noch viele weitere Romane aus der Welt von Geralt von Riva!

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