Darkstars Fantasy News


31. Mai 2010

Volker Ferkau: Mythenland (1) Drachenhauch

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 18:00

Mythenland 1Rezension von Jessica Schmitz

Kelter probiert sich an einer neuen Fantasyserie im Taschenheftformat, die monatlich erscheinen wird. Geistiger Papa des Ganzen ist Volker Ferkau, der dann auch die neue Serie mit einen fünfbändigen Zyklus beginnt.

Vorab, Achtung: Dieser Text enthält Spoiler. Also wer das gar nicht leiden kann...

Eine Inhaltsangabe lass ich mal weg. Drachenhauch hat viele Handlungsstränge, meistens aus der Perspektive einer der Hauptpersonen geschildert, aber irgendwie hat man die Storyelemente schon mal irgendwo gelesen. Ich bitte Euch: Connor der Barbar? Bob der Barb? Murgon der Dunkelelf? Das schreit doch nach platten Klischees und schon hundert Mal wiedergekäute Geschichten. Und das ist ist Drachenhauch auch – irgendwie. Es wimmelt nur so von Klischees, ein bißchen Fluch der Karibik, ein bißchen (mehr) Salvatores Drizzt der Dunkelelf und ein bißchen (viel) Tolkiens Hobbits und Elben. Das ließ schon die Vorschau erahnen und ich war fest überzeugt, dass mir Mythenland nicht gefallen würde.

Kreischend viele Klischees so abstrus miteinander verbraten, dass die Mischung erstaunlicherweise wieder stimmt

Aber wißt Ihr was? So ab der Mitte des ersten Bandes fing es an, mir tatsächlich richtig Spaß zu machen! Denn Ferkau hat keinerlei Angst vor Klischees: Er bedient sich ihrer gnadenlos – und verdreht sie dann in abstruse Richtungen. Wenn man das mag, wird’s so richtig lustig.

So werden die Barbs vorgestellt: lustige bodenstämmige Wesen, die glücklich und zufrieden auf einer Insel leben – und die recht schnell von Drachen brutal niedergemetzelt werden. Hallo?! Oder Conor der Barbar, der sein Gedächtnis verloren hat und irgendwie total nett und hilfsbereit ist. Die Elfen haben dezent einen an der Klatsche und Murgon, der Dunkelelf, großer Bösewicht der Reihe, ist eigentlich nur ein kleiner Junge und gescheiterter Schöngeist, der vergeblich nach der Anerkennung seines Vaters gestrebt hat. Murgons Schwester, eine „echte“ Elfe, stiftet ihn immer wieder zu Mord und Folter an, und bemitleidet von Herzen ein paar Orks, denen ihr Bruder aus einer Laune heraus die Zungen herausschneiden ließ. Als dann ein Barbmädchen den großen Foltermeister der Unterwelt versucht zu bequatschen, dass er eigentlich ein total netter Kerl ist, und es ihr fast gelingt, hatte Ferkau mich gewonnen.

Und es geht immer so weiter. Ferkau schafft es tatsächlich, Spannung aufzubauen, auch wenn sie vor allem daraus besteht, zu erfahren, was er sich als nächstes ausdenkt. Die Herkunft dieser bunten Völkermischung von Mythenland? Außerirdisch, ist doch klar! Ein unsympatischer und leicht asozialer Zwerg? Kein Problem. Amazonen, die sehr hilfsbereit sind und zwei Brüste haben? Geht klar.

Auch sprachlich ist Drachenhauch recht rund. Ferkau führt neue Begriffe ein, ohne sie groß mit Erklärungen zu erschlagen. Sie erschließen sich von selbst, manchmal auch erst später – oder sie sind einfach nur Flavour und damit nicht wichtig. Er geht da beim Leser von überraschend viel Selbständigkeit aus, was ich extrem symphatisch finde. Und er zögert auch nicht, wenn es passt zur Umgangssprache zu greifen, was die Charaktere sehr echt wirken lässt. Nur dass er das Ende, das offensichtlich vor dem ganzen Rest geschrieben wurde, nicht nochmal überarbeitet und die überflüssigen Erklärungen rausgenommen hat, trübt da ein wenig meinen guten Eindruck.

Mein Fazit

Mir hat Drachenhauch richtig gut gefallen. Wer kein Problem mit Fantasy-Klischees hat und vor allem seine Lektüre nicht immer ganz ernst nehmen muss, dem kann ich mindestens den ersten Band als netten Zeitvertreib ans Herz legen.

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6 Comments »

  1. Liebe Jessica,

    es gab viele Lobe zu MYTHENLAND, aber deine Kritik hat mir so richtig Spaß gemacht, weil noch niemand die Geschichte so sah wie du. Da musste ich in mich gehen und stellte fest: Yepp! Sie hat Recht!
    Oder ganz ernsthaft: Ich liebe Klischees, aber ich mag es nicht, wenn Protagonisten berechenbar sind. Und eines verspreche ich dir: Niemand wird am Ende des Zyxklus so sein wie zuvor – falls er/sie noch lebt….

    Kommentar by Volker Ferkau — 31. Mai 2010 @ 23:55

  2. Habe deine Kritik ein zweites und drittes Mal gelesen und lache Tränen. Danke dafür. Nicht verkopft, sondern mit eben dem Humor, den ich auch in die Geschichten bringe.
    Du hast MYTHENLAND begriffen. Danke dafür!

    Kommentar by Volker Ferkau — 1. Juni 2010 @ 01:55

  3. Danke Dir!
    Mythenland hat mir wirklich viel Spaß gemacht und es freut mich, dass Dir meine Sichtweise Deiner Geschichte gefällt. Ist ja auch nicht immer selbstverständlich. ;)
    Ich bin wirklich schon sehr auf den zweiten Band gespannt.

    Kommentar by Jessica — 1. Juni 2010 @ 16:56

  4. Da habe ich gerade mal nachlesen müssen, aber es stimmt. Darky, wer ist Jessica?
    Ich muss gestehen, dass ich kurz vor mittig erstmal aufgehört habe mit lesen, weils mir zu dusslig wurde. Ich mochte zwar die Barbs irgendwie, aber so wirklich rausreißen konnten die es auch nicht. Da ich aber in der Personenliste von dieser Amazone gelesen habe, bin ich unheimlich motiviert bis dahin zu lesen, wo sie das erste Mal auftaucht. Scheint sie aber in diesem Band nicht oder?
    Wenn ich jetzt lese, dass es offenbar Absicht ist, einfach überall etwas zu borgen und es zu drehen … dann ist das alles ohnehin nichts für mich. (Fantasy-) Humor ist nicht wirklich mein Genre und ich bin grad bissl enttäuscht. Na ja, ich verschenke den Band vielleicht einfach und da es ein Abenteuer war, an den heranzukommen, werden wohl auch die Nachfolger an mir vorbeiziehen. Schade, ich hätte mehr erwartet.

    Kommentar by Soleil — 1. Juni 2010 @ 22:04

  5. Hallo Soleil,

    ich empfehle: Les weiter! Du wirst merken, dass es Jessica (hoffentlich) lediglich darum ging, deutlich zu machen, dass in MYTHENLAND keine Stereotypen agieren und ich versuche, die üblichen Fantasyhandlungen zu ‘brechen’. Das bedeutet nicht, dass MYTHENLAND witzig ist oder die Fantasy lächerlich macht. Im Gegenteil. Stellenweise wird es ganz schön hart und geht ziemlich zur Sache.

    Dafür empfehle ich dir die Kritik auf http://www.sternenson.de

    Volker

    Kommentar by Volker Ferkau — 11. Juni 2010 @ 11:29

  6. […] Eine Rezension zum Auftakt von “Mythenland” findet ihr hier. […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Mythenland kommt wieder | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 7. Dezember 2011 @ 23:06

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