Vergangenen Donnerstag ist Disneys Rapunzel auf DVD erschienen. Da ich es Ende letzten Jahres nicht ins Kino geschafft habe, war ich besonders neugierig auf den Film.
Als Disney-Fan war ich begeistert, dass die Animationsstudios 2009 mit Küss den Frosch sowohl zu den Märchen als auch zum klassischen Zeichentrickfilm zurückgekehrt waren. Dementsprechend gedämpft war meine Laune zunächst, als ich erfuhr, dass Rapunzel als 3D-Computeranimationsfilm produziert würde. Ich habe nichts gegen Computeranimationsfilme, aber ich habe immer ein bisschen das Gefühl, ihnen fehlt die Wärme und der Charme, der einem traditionellen Zeichentrickfilm inne wohnt.
Computeranimiertes Disney-Märchen
Ein Gefühl übrigens, an dem leider auch Rapunzel nichts geändert hat. Erfreulicherweise ist das allerdings einer von nur wenigen Kritikpunkten, die ich am Film habe – denn, soviel sei schon jetzt verraten, Rapunzel – Neu Verföhnt hat mich gut bis sehr gut unterhalten!
Aber bleiben wir noch einen Moment bei der Computeranimation: Die ist in diesem Film extrem ansprechend gelungen! (Ich kann mir vorstellen, dass die 3D-Effekte im Kino wirklich gut kamen). Besonders, was Rapunzels Haare angeht, die neben der Titelheldin und dem Ganoven Flynn fast schon eine dritte Hauptrolle einnehmen. Die Animationskünstler spielen den ganzen Film hindurch mit Rapunzels Haaren – und das hat mir nicht nur besser gefallen, als ich nach dem Trailer gedacht hätte, sondern es sieht *wirklich* cool aus. Ebenfalls als sehr schön empfand ich, dass die Animationen halt irgendwie “doch” nach Disney ausschauen – der Look kommt einem upgedateten klassischen Zeichentrickfilm nah (auch wenn ich das nicht gebraucht und mir nicht gewünscht habe), ebenso wie die Story natürlich für das Jahr 2011 upgedatet wurde.
Inzwischen sind wir halt verwöhnt. Bis auf die Liebhaber traditioneller Zeichentrickstreifen brauchen wir schnelle Schnitte, flotte Musik, visuell ansprechende Actionmomente und und und. Ein entführtes Mädchen, dass in einem Turm darauf wartet, dass die Zeit vergeht und ab und an Besuche von einem heroischen Prinzen bekommt, reicht heute nicht mehr aus, um bei der Masse zu punkten. Deshalb hat man das traditionelle Märchen tatsächlich – nun – neu verföhnt.
Aufgepeppte Story: Rapunzel für Mädchen und für Jungs
Hinzu kommt, dass der Vorjahresfilm Küss den Frosch zwar an den Kinokassen gar nicht mal schlecht lief, die hohen Erwartungen Disneys jedoch leider nicht erfüllte. Die Animationsstudios sind der Meinung, das lag daran, dass Küss den Frosch als Prinzessinnen-Film und damit Mädchen-Film vermarktet worden war und wollten nun auf Nummer sicher gehen: Der Märchenprinzessin wurde ein schlitzohriger Held zur Seite gestellt, der die Jungs ins Kino locken sollte. Was für ein Glück, dass dieses Konzept trotzdem auch für Märchenfans funktioniert hat!
Das Bauernmädchen wird zur Prinzessin, der Prinz wird zum Gauner
oder: Worum geht’s und was ist anders
Anders als in der Märchenvorlage ist Rapunzel bei Disney kein armes Mädchen, dass im Tauschhandel von seinen Eltern an eine Zauberin abgegeben wird, sondern eine echte Prinzessin, die von einer Zauberin entführt wurde. Und es gibt im Film keinen Prinzen, der sie rettet, sondern nur einen Gauner, der auf der Flucht vor seinen Häschern Zuflucht in ihrem Turm sucht – und von Rapunzel gezwungen wird, sie mit hinunter zu nehmen. Denn Disneys Rapunzel träumt nicht von der großen Liebe; sie träumt von einem Tag in Freiheit – dass sie während ihres verbotenen Ausflugs ihr Herz verliebt, ist nicht geplant!
Sie liebt ihre Mutter (bzw. die Zauberin, die sie für ihre Mutter hält), ahnt sie doch nicht, dass diese sie aus sehr eigensüchtigen Gründen entführt hat und im Schutz des Turms gefangen hält: Rapunzels Haar besitzt zauberische Kräfte. Wenn Rapunzel singt, erweckt sie damit diese Magie; mit dem Haar kann sie Wunden heilen, sie kann es als Waffe oder Hilfsmittel (Lasso, Fessel, Schaukel …) verwenden [und das klappt im Rahmen der Story wesentlich besser, als man das zunächst meinen möchte, und sorgt für unterhaltsame Szenen] – und es gibt jenem, der es dann berührt, die Jugend zurück. Und nach der Jugend sehnt sich Rapunzels Entführerin/Mutter mehr als alles andere. Wenn man das Haar jedoch schneidet, verliert es seine Kraft. Und deshalb achten Rapunzel und ihre Mutter darauf, dass dies niemals geschehen wird.
Rapunzel lebt allein (nur in Gesellschaft eines drolligen Chamäleons – ein typischer, liebenswerter Disney-Sidekick) in einem Turm, lebt sich kreativ aus, träumt jedoch davon, für eine Nacht den Turm verlassen zu dürfen. Diese Gelegenheit bietet sich ihr, als sie den Dieb Flynn überwältigt und ihn dazu bringt, sie in Abwesenheit ihrer Mutter mit auf einen kleinen Ausflug zu nehmen. Als ihr Fuß jedoch den Boden berührt, wirkt das Gefühl der Freiheit berauschend auf sie. Sie kann sich nicht vorstellen, je wieder in ihren Turm zurück zu kehren. Doch wie soll sie das ihrer Mutter begreiflich machen …
Temporeiche Story mit routinierten Witzen, aber auch schönen Momenten
Wie bereits erwähnt: Rapunzel – Neu Verföhnt setzt auf Action. Viel Action. Die Geschichte von Rapunzel und Flynn ist ein Roadmovie im Märchenland – auch wenn die beiden Protagonisten zu Fuß unterwegs sind. Sie müssen sich mit Diebesbanden herumschlagen, um ihr Leben bangen, werden von einem pflichtbewussten Stadtwachen-Pferd verfolgt, ertrinken beinahe, mit Rapunzels Mutter fertig werden – und verlieben sich dabei langsam ineinander. Eine schöne Liebegeschichte, die sich Zeit lässt und dadurch glaubhaft erscheint.
Die Charaktere sind mitunter natürlich klassische Stereotypen, aber das funktioniert in solchen Filmen ja eigentlich immer sehr gut und stört auch hier nicht. Hinzu kommt, dass der innere Konflikt Rapunzels – die Sehnsucht nach Freiheit und der Wunsch, ihrer Mutter zu gefallen – sehr gut dargestellt ist!
Außerdem hat mir gefallen, dass man eine logische Begründung gefunden hat, warum Rapunzel um Himmels Willen in all den Jahren nicht ihr Haar schneidet – und das man die wichtigsten Motive des Märchens in die Filmhandlung mit integriert hat (z. B. der Zauber von Rapunzels Tränen – auch wenn das dramatische Aufeinandertreffen zwischen Prinz/Fynn, Rapunzel und Zauberin hier ganz anders verläuft als in der Vorlage).
Neben der Action setzt der Film natürlich auch auf Comedy-Einlagen; die lockern auf, gehören jedoch zum Standardrepertoire von Disney und bieten leider kaum Neues.
Kein (guter) Disney ohne Songs!
Zwar kommt Rapunzel computeranimiert daher, auf die Songs muss man Gott sei Dank jedoch nicht verzichten. Seit Jahren wird Disney mit schöner Regelmäßigkeit für seine Musik für die Oscars nominiert (und mitunter sogar ausgezeichnet), da wäre es schade, wenn man auf diese verzichten würde.
Natürlich wartet also auch Rapunzel – Neu Verföhnt mit diversen Liedern auf – aber leider sind die bei weitem nicht mehr so eingängig wie etwa die Popballaden aus Die Schöne und das Biest, Tarzan oder Arielle. Hier wurde definitiv Potential verschenkt. Es gibt hier kein Lied, dass es wirklich in meine Musik-Sammlung schaffen würde. Auch wenn ausgerechnet das Lied der Antagonistin – “Mother Knows Best” – nachhaltig im Gedächtnis bleibt; vermutlich allerdings vor allem wegen seiner gelungenen Animation. Gleiches gilt für “When will my life begin”. Gerade das Liebesduett ist leider recht gewöhnlich. Schade!
Fazit
Insgesamt betrachtet ist “Rapunzel – Neu Verföhnt” ordentlich gelungen. Es ist ein Film, der mich gut unterhalten hat, den ich mir gern auch nochmal (und danach noch ein paar Mal angucke), der einige nette Ideen hatte – aber insgesamt für mich persönlich nicht mehr den gleichen Charme versprüht wie die Disney-Filme der 90er. Es ist eben Disney für eine neue Generation; das will der Film auch sein und vermutlich ist das sogar gut so.
Schade, dass die Extras auf der normalen DVD-Version so schrecklich mau ausfallen: Es gibt einen alternativen Anfang und einen kleinen, eigentlich nicht erwähnenswerten Trailer zu den 50 Disney-Meisterwerken von “Schneewittchen” bis hin zu “Rapunzel”. Hier hätte ich mich über mehr Material gefreut.
Schlussendlich ist Rapunzel – Neu Verföhnt aber auch ein Film, den sehr gut sowohl Jung als auch Alt angucken können; ob bei nem gemeinsamen Kuschel-DVD-Abend, mit der besten Freundin oder in der ganzen Familie! Der 50. Animations-Kinofilm der Disney-Studios lässt mich jedenfalls hoffen (trotz gelegentlicher anderslautender Gerüchte), dass es auch zukünftig noch viele Trickfilmadaptionen diverser Märchen geben wird.
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Mein kleiner Sohn (2 Jahre und 9 Monate) LIEBT diesen Film über alles. Nach dem ersten Durchgang konnte er den Inhalt wiedergeben: “Bu-me, Krone, Rapunzel – fundä, Pferd: Ihhhhaaa” *g*
Und jetzt spielt er stets “Rapunzel” und lässt alles, was lang genug ist, von den Tischkanten runter, begleitet von dem Spruch: “Rapuuuunzel, Haaaar runta!”
Ich fand den Film auch toll, nur das Ende hat mich etwas enttäuscht: Nach dem ersten Wow (und dem Gedanken: Wie machen die jetzt aus DER Situation das obligatorische Disney-Happy-End) war die Rettung ein wenig zu klischeehaft.
Ansonsten bin ich wie mein Sohn der absolute Rapunzel-Fan (nachdem ich von “Küss den Frosch” sooooo enttäuscht war)
Kommentar by Olga A. Krouk — 11. April 2011 @ 19:05
Interessant! Ich hingegen fand ja “Küss den Frosch” total nett! ,-)
Aber an “Arielle” oder “Die Schöne und das Biest” reichen leider beide nicht heran – finde ich ,-)
Hihi, mach mal Fotos von dem kleinen Mann, wenn er Rapunzel-Lassos wirft ,-)
Kommentar by Darkstar — 11. April 2011 @ 20:45
“Nett” war der auf jeden Fall, aber für mich auch nicht mehr. Ein Mal gesehen und vergessen. Die Einzelheiten weiß ich nicht mehr, aber den Mittelteil fand ich bei “Küss den Frosch” total verpatzt.
Ich glaube nicht, dass man Rapunzel mit “Die Schöne und das Biest” u.a. Klassikern direkt vergleichen sollte. Die Macher wollten mMn eine neue Richtung einschlagen (worauf auch der Untertitel “Neu verföhnt” hindeutet) und dabei die Disney-Tradition würdigen. Beides ist mMn hervorragend gelungen.
Von mir würde der Film gute 4 Amazon-Sterne bekommen (Ein Stern Abzug wegen ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört haben)
Fotos, hehe, da wäre ein Video wohl aussagekräftiger.
Ach, übrigens, Rapunzel-Lieder: “Mutter weiß mehr” ist auch mein Favorit, gefolgt von “Er hat nen Traum”. Der Kleine steht dagegen absolut auf “Blume leuchte schön” :D
Kommentar by Olga A. Krouk — 12. April 2011 @ 10:11
P.S. Ach ja, wenn ich meinen Favorit unter Klassikern aussuchen müsste, wäre das “Anastasia” geworden. Den Film habe ich schon gefühlte dutzend Mal gesehen (nicht gefühlt vermutlich mehr)
Kommentar by Olga A. Krouk — 12. April 2011 @ 10:13
“Anastasia” mag ich auch sehr gern ,-)))
Kommentar by Darkstar — 15. April 2011 @ 22:43
Ich finde diesen Film auch ganz wunderbar unterhaltsam und im Vergleich zu “Küss den Frosch” wird er mir sicherlich beständiger in Erinnerung bleiben; vielleicht sogar in meine Sammlung wandern. :o)
Liebe Grüße,
Marie
Kommentar by Angelika / Marie — 12. Mai 2011 @ 10:07
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