Die Maske verspricht dir die Schönheit, von der du immer geträumt hast. Doch welchen Preis bist du bereit, dafür zu zahlen?
Auf der Buchmesse Leipzig hatte ich auch dieses Jahr wieder einige sehr nette Begegnungen. Bei einer davon lernte ich die sympathische Wiener Autorin Mara Lang kennen, deren Debüt – der 600 Seiten dicke Fantasy-Roman “Masken” – im März bei Knaur erschienen ist. (Und der gerade bei mir auf dem Nachtschränkchen liegt.)
Gemeinsam mit zwei Autorenkolleginnen wird Mara Lang am 8. Juni 2012 auf dem Literaturfest Meißen auf der Droemer Knaur-Fantasy-Lesebühne lesen und einige Fragen beantworten – ich konnte nicht abwarten, und habe ihr deshalb schon jetzt auf den Zahn gefühlt. Im Interview habe ich mich mit ihr über ihren Roman, ihren Schreiballtag und phantastische Literatur im Allgemeinen unterhalten.
Interview mit Mara Lang
Was erwartet den Leser in “Masken” – und wie würdest Du die Atmosphäre deines Romans beschreiben?
“Masken” ist ein High-Fantasy-Roman für Jugendliche und Erwachsene und erzählt von einem Volk, das durch eine Maske unterdrückt wird, ohne sich dessen bewusst zu sein.
“Masken” ist aber auch die Geschichte der siebzehnjährigen Ferin, die ihr Leben lang davon geträumt hat, durch die Maske Schönheit und Gleichberechtigung zu erlangen. Als ihre Zukunft förmlich zu Staub zerfällt, muss sie erst zu sich selbst finden, um die Rebellen im Kampf gegen die Masken unterstützen zu können.
“Masken” ist eine Mischung aus Fantasy-, Abenteuer- und Entwicklungsroman und bietet durch das Wüsten- und Dschungelsetting eine zauberhafte Atmosphäre und obendrein spannende Unterhaltung mit einem guten Schuss Romantik.
Was hat Dich zu dieser Geschichte inspiriert?
Inspiriert hat mich ein Plakat zur Ausstellung “Wir sind Maske” in Kombination mit dem Song “Stadt” von Cassandra Steen und Adel Tawil. Beides hat eine Flut von Bildern in mir hervorgerufen, und ich habe mir die Frage gestellt: Was wäre, wenn wir eine Maske tragen müssten? Wenn uns ein Gesetz vorschreiben würde, wie wir auszusehen haben? Ich fand den Gedanken faszinierend, vor allem reizte es mich, diese subtile Art der Unterdrückung darzustellen.
Verrätst du uns ein wenig über die Hauptfiguren des Buches?
Die Hauptfigur in “Masken” ist Ferin. Ihre Entwicklung vom verunsicherten Mädchen ohne Zukunft zur starken Rebellin steht im Vordergrund der Geschichte, und daher habe ich zumeist aus ihrer Sicht geschrieben. Es war mir wichtig, so nah wie möglich an der Figur zu bleiben, der Leser sollte mit ihr mitempfinden und ihre Wandlung nachvollziehen können.
Unter den Rebellen sind vor allem Rhys und Sobenio zu nennen. Rhys war nach Ferin die zweite Figur, die sich in mein persönliches Kopfkino geschlichen hatte. Durch seine liebenswerte, fröhliche Art hat er auch die Herzen der Leser im Sturm erobert. Sobenio ist Ferins Lehrer im Dschungel. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ganz besondere Beziehung, was auch daran liegt, dass sie mit einem ähnlichen Problem kämpfen. Trotz seines ruppigen Benehmens schafft er es, Ferin auf den richtigen Weg zu bringen, und ihr wiederum gelingt es, sein Herz zu öffnen.
Und dann wäre da noch Martu, der durch seine Ankunft im Dschungel bei Ferin einiges ins Rollen bringt und den Rebellen einen Spiegel vorhält.
Und welchen Nebencharakter sollten wir genau im Auge behalten – und warum?
Hauptmann Laquor ist eine ambivalente Figur. Im Grunde ist er ein anständiger Mensch, doch er steht unter dem Befehl des Statthalters und ist demnach verpflichtet, entgegen seinem Gewissen zu handeln. Auf ihn kommt eine schwierige Entscheidung zu.
Gab es etwas bei der Arbeit an dem Roman, was Dir besonders schwer gefallen ist und / oder was Du besonders gemocht hast?
Es gab einige Dialoge, die ich gefühlte hundert Mal schreiben musste, bis sie stimmig waren, aber das ist normal und gehört zum Schreibprozess dazu.
Grundsätzlich liebe ich die Figurenentwicklung. Meist habe ich ein Bild oder eine Szene vor Augen, in der ich die entsprechende Figur das erste Mal agieren sehe. Um sie besser kennenzulernen, schreibe ich einige Szenen aus Sicht dieser Figur. So bekomme ich ein Gespür für ihren Charakter und ihr Gefühlsleben. Sehr wichtig ist mir auch die Wahl des Namens. Jede Figur hat den einen Namen, der nur auf sie zugeschnitten ist, und ich nehme mir viel Zeit, ihn zu finden. Bei “Masken” war die Figurenentwicklung doppelt interessant, weil ich die magische Begabung und den Charakter der jeweiligen Person aufeinander abstimmen wollte.
Wie kommt es, dass eine Diplompädagogin einen Fantasy-Roman schreibt, oder anders gefragt: Wann – und wie – hast Du festgestellt, dass Du Schriftstellerin werden wolltest?
Als Jugendliche hatte ich eine Menge Berufswünsche, unter anderem auch Schriftstellerin, aber am liebsten wäre ich Filmregisseurin geworden. Da ich ein visueller Typ bin und großteils in Bildern denke, wäre der Film das ideale Medium gewesen, meiner Fantasie Raum zu geben. Allerdings habe ich mir in Österreich nicht allzu viele Chancen ausgerechnet, und es kam aus verschiedensten Gründen nicht in Frage, woanders zu studieren. Also habe ich mich für einen anderen Beruf – den ich trotzdem sehr liebe – entschieden und meine Träume auf Eis gelegt.
Dass meine Kreativität dann doch aus mir herausbrach, kam auch für mich überraschend. Auslöser war eine Idee für ein Jugendbuch, die mich dermaßen packte, dass ich sie aufschreiben musste. So entstand innerhalb kürzester Zeit mein erster Roman. Das Jugendbuch war zum Science-Fiction-Epos mutiert ;-), das in meiner Schublade liegt und auf seine Zeit wartet. Es wird immer mein Herzensprojekt bleiben – aber ich hatte Blut geleckt und konnte nicht mehr mit dem Schreiben aufhören.
Worum ging es in der ersten Geschichte, die du je geschrieben hast?
Meine erste Geschichte habe ich mit fünfzehn geschrieben. Sie handelte von einem Flugzeugabsturz in den Schweizer Alpen mit genau zwei Überlebenden, die sich – man ahnt es bereits – ineinander verlieben, während sie darauf warten, gerettet zu werden, was – auch das ahnt man – eine ganze Weile dauert.
Deine Geschichte spielt in einer phantastischen Welt. Wie viel Recherche ist für einen Fantasy-Roman trotzdem notwendig?
Ich habe große Hochachtung vor der Recherchearbeit, die z. B. bei einem historischen Roman nötig ist. Im Vergleich dazu hält sich die Recherche für einen Fantasyroman wohl in Grenzen, aber das hängt auch stark von Setting und Inhalt ab. Das Einarbeiten in die jeweilige Epoche fällt bei einem Fantasyroman zum größten Teil weg (abgesehen von historischer Fantasy natürlich), stattdessen beschäftigt man sich eingehend mit dem Weltenbau.
Bei “Masken” konnte ich vieles über das Internet lösen, für einige Dinge habe ich Bücher zurate gezogen und manches habe ich bei Experten erfragt. Ich bin sehr genau, was Recherche betrifft. Wenn ich nicht exakt weiß, wie die Dinge funktionieren, kann ich nicht darüber schreiben, auch wenn es für die Geschichte nicht von Belang ist, wie ein gemauerter Herd aussieht oder wie ein Degen hergestellt wird. Leider Gottes bin ich nicht fähig, mich bei der Recherche auf mein aktuelles Problem zu beschränken. Vor allem das Internet verleitet dazu, von einer Seite zur nächsten zu springen. Ich verliere mich dabei immer, beginne hier und lande Lichtjahre vom eigentlichen Thema entfernt. Dabei geht viel wertvolle Schreibzeit verloren. Allerdings kommen mir dadurch auch wieder neue Ideen, die ich für andere Projekte notiere.
Hast du irgendwelche seltsamen Angewohnheiten beim Schreiben?
Literweise Tee trinken. Ab und zu ein Stück Schokolade dazwischenschieben. Einen Song in Endlosschleife auf dem iPod hören. Das Geschriebene laut lesen. Aufspringen und ins Erdgeschoss laufen, wenn eine Szene nicht und nicht klappen will. Wäsche aufhängen, Wäsche abnehmen, Waschmaschine einschalten – ist irrsinnig inspirierend. Dazwischen wieder rauflaufen und die Szene weiterschreiben. Meinst du so etwas? ;-)
Gelten deiner Meinung nach hierzulande andere Regeln bezüglich eines (guten) Fantasy-Romans als in Übersee?
Ich denke, dass die Regeln für einen guten Fantasyroman überall gleich sind: ein mitreißender und trotz Fantasy glaubhafter Plot in einem stimmigen Setting, interessante Figuren und ein überzeugendes Magiesystem.
Ich empfinde eine Geschichte als gut, wenn sie mich dazu bringt, ununterbrochen lesen zu wollen. Wenn ich mir die Nacht um die Ohren schlage und frühmorgens um zwei immer noch Seite um Seite verschlinge, wenn ich mit den Figuren mitleben kann, wenn meine Gedanken ständig um die Geschichte kreisen, und wenn ich am Ende traurig bin, dass ich diese Welt verlassen muss, dann hat der Autor alles richtig gemacht.
Es gibt da wie dort gute und weniger gute Romane. Natürlich kommen viele großartige Geschichten aus Übersee, doch das ist auch in anderen Genres so. Mittlerweile verlegen die meisten deutschsprachigen Verlage Fantasy, und wir brauchen uns gewiss nicht zu verstecken.
Wenn Du eine fiktive Figur Deiner Wahl auf einen Kaffee treffen könntest, für wen würdest Du Dich entscheiden und warum?
Ich kann mich niemals für irgendetwas entscheiden. Ich würde einen Brunch mit vielen interessanten Leuten vorziehen, die ich aufeinander loslasse. Cayal aus der “Gezeitenstern-Saga”, Jack Sparrow aus “Fluch der Karibik”, James Bond, Sherlock Holmes, James T. Kirk – huch, lauter Männer. ;-) Laden wir doch Kate Daniels aus “Stadt der Finsternis” dazu, die gibt der Runde ordentlich Pfeffer. Ich denke, ich würde daneben sitzen, ihre Dialoge, Gestik und Mimik in mich aufsaugen, mich köstlich amüsieren und mir gedanklich Notizen machen.
Woran arbeitest Du gerade?
An einem Fantasyroman im Stil von “Masken”. Mehr kann ich allerdings noch nicht darüber verraten. Außerdem wartet ein Jugendbuch auf Überarbeitung und ein weiteres brennt mir noch Löcher in den Kopf, wenn ich nicht bald zu plotten beginne.
Vielen Dank!
Die Website von Mara Lang findet ihr: hier!
“Masken” bei Amazon bestellen: hier!
Eine Leseprobe findet ihr auf der Verlagswebsite zum Buch: hier!
Tolle Interview und wunderschönes Buch :)
Kommentar by Sandra — 9. Mai 2012 @ 07:39
Tolles Interview.
Macht neugierig auf die Autorin, obwohl ich im ersten moment mit dem Titel Masken nicht so viel anfangen konnte. Liegt aber wahrscheinlich an meiner ersten Assoziation mit ‘Maskenbällen’ und die finde ich furchtbar.
Und Mara Langes Auswahl für die Kaffeerunde fiktiver Figuren ist herrlich schräg.
Kommentar by Anja Helmers (@Kinassero) — 9. Mai 2012 @ 12:53
Ein wirklich sehr informatives Interview! Um das Buch schleich ich schon eine Zeit rum, die Leseprobe hatte mir von Anfang an sehr gut gefallen.
Liebe Grüße
Bine (die zweite ;-) )
Kommentar by Sabine — 9. Mai 2012 @ 13:39
Ich bin noch nicht so weit, aber bisher gefällt mir das Buch auch wirklich gut.
@Bine (die zweite).
Hiermit ernenne ich dich offiziell zu Bine II. ;-)
Man beachte die royale Schreibweise ,-)))
Kommentar by Darkstar — 9. Mai 2012 @ 14:26
Wundervoll, ich fühle mich jetzt aber wirklich gebauchpinselt :-) Danke für die Ehre :-)
Liebste Grüße
Bine II
:-)
Kommentar by Bine II — 10. Mai 2012 @ 11:12
[…] Mein Interview mit Mara Lang aus dem letzten Jahr findet ihr: hier! […]
Pingback by Darkstars Fantasy News » Neues von Mara Lang: Der Puls von Jandur | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy - ein Fantasy Blog — 18. August 2013 @ 10:01