Auf dem Blog (und sonstwo) habe ich bereits öfter für Lynn Flewellings wirklich herausragende Fantasy-Trilogie um eine Königin, die durch einen dunklen Zauber im Glauben und Gestalt eines Jungen aufwächst, die Werbetrommel gerührt.
Für mich persönlich zählt der Dreiteiler zu den besten und berührendsten Sagas, die ich je gelesen habe. Und man kann sie auch als Transgender-Geschichte lesen – auch wenn dieser offensichtliche Sachverhalt mir zunächst gar nicht kam. Denn Flewellings Trilogie ist vor allem eine dunkle High Fantasy-Geschichte voller Geister, gefährlicher Magie — und großartiger Charaktere:
Ein Fluch liegt auf dem Land Skala, seit König Erius unrechtmäßig die Krone an sich gerissen hat.
Nur die Ankunft einer prophezeiten Königin aus der alten Adelslinie kann das Land erlösen, heißt es. Rücksichtslos lässt Erius deshalb sämtliche weibliche Verwandten ermorden und schreckt dabei selbst nicht vor den Kindern seiner eigenen Schwester zurück. Um deren neugeborene Tochter zu schützen und so die Erfüllung der Prophezeiung herbeizuführen, wagt eine Gruppe Zauberer deshalb das Undenkbare:
Sie ermorden den Zwillingsbruder des jungen Mädchens gleich nach der Geburt und hüllen es mit einem düsteren Ritual in dessen Gestalt. Doch etwas geht dabei schief: Die Seele des ermordeten Säuglings findet keine Ruhe und wandelt als dämonischer Geist an der Seite seiner Schwester, ohne dass diese ahnt, was tatsächlich geschehen ist oder dass sie in Wirklichkeit eine Frau ist.
Schwere Jahre liegen vor dem Kind, dem Gefahr droht durch einen tyrannischen Königs, einen gefährlichen Geist und einer Mutter, die über die schrecklichen Ereignisse der Geburt ihrer Kinder den Verstand verloren hat. Das schwierigste für Tobin ist es allerdings, Freunde zu finden, die sie verstehen – und herauszufinden, wer sie ist.
Die Tamir-Triad, bestehend aus den Bänden “Der verwunschene Zwilling”, “Die verborgene Kriegerin” und “Die prophezeite Königin” (bzw. “The Bone Doll’s Twin”, “Hidden Warrior” und “Oracles Queen”), ist für mich ein kleines Meisterwerk. Ich würde mir wünschen, die Reihe würde mehr Leser finden. Denn solch düstere Fantasy mit so grandios gezeichneten Charakteren und Tiefgang findet man eigentlich viel zu selten. Die Handlung trifft den Hörer direkt ins Herz und trotz des emotionalen Tiefgangs der Erzählung vergisst Lynn Flewelling nie, in erster Linie eine mitreissende Geschichte zu erzählen.
Ob man in Tobins Geschichte nun als Transgender-Metapher liest oder als Weg eines jungen Menschen, zu sich selbst zu finden, bleibt jedem selbst überlassen. Kalt wird die Geschichte wohl keinen lassen, der sich darauf einlässt. Ist eine Mutter, die durch die Ermordung ihres neugeborenen Sohnes in den Wahnsinn getrieben wurde, tatsächlich böse? Kann eine Zauberin, die zur Erfüllung hehrer Ziele zu kompromisslosen Methoden treibt, ruhigen Gewissens weiterleben? Was passiert, wenn ein junger Mensch aus gesellschaftlichen Konventionen ausbricht auf seiner Suche nach der eigenen Identität? Wie tief geht Freundschaft wirklich? Wie viel ist ein Mensch bereit zu verzeihen? Was kann er verkraften? Das sind die Leitmotive eines fesselnden Romans, der seinesgleiches sucht.
Und damit ist die Trilogie ein wirklich würdiger Kandidat für den “Gay Friday”.
Sind die Bände eigentlich in sich abgeschlossen oder sollte man auf jeden Fall alle drei lesen, wenn man nicht mit einem Cliffhanger zurückgelassen werden will?
Liebe Grüße
Bine
Kommentar by Bine — 20. Juli 2014 @ 18:16
Die Bände sind *nicht* in sich abgeschlossen. Vor allem Band 1 endet mit einem ganz fiesen Cliffhanger.
Kommentar by Darkstar — 20. Juli 2014 @ 20:46