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27. Mai 2015

Vonda N. McIntyre:
Das Lied von Mond und Sonne

Category: Hörbücher,Rezensionen – Darkstar – 18:00

Das Lied von Mond und SonneFrankreich im 17. Jahrhundert:

Am Hof des Sonnenkönigs lebt die junge Waise Marie-Josephe de la Croix als Hofdame. Ihr Bruder Yves kehrt von einer gefährlichen Schiffsreise zurück, in deren Verlauf er zwei seltsame Kreaturen – Seeungeheuer – gefangen hat. Ludwig XIV. ist begeistert. Zwar ist er immer noch ein stattlicher Mann, aber kränklich – und einer alten Sage zufolge soll ihm das Verspeisen des Organs eines Seeungeheuers die Jugend zurück bringen.

Marie-Josephe sieht sich wie ihr Bruder als Wissenschaftlerin. Auch wenn das in ihrer Zeit für eine Dame nicht als schicklich gilt, beschäftigt sie sich mit Philosophie und Naturkunde und ihr Herz schlägt für Malerei ebenso wie für Mathematik. Nur mit der strengen Hofettikette Versailles tut sie sich mitunter schwer. So überredet sie ihren Bruder Yves, sie bei seinen Studien am Seeungeheuer assistieren zu lassen. So wird sie zur Pflegerin und Hüterin jener seltsamen Kreatur aus den Tiefen des Meeres. Und bald wächst in ihr der Verdacht, dass das Seeungeheuer mehr ist als ein Tier – ein Tier, das bald zur Schlachtbank geführt werden soll. Marie-Josephe beginnt zu kämpfen.

Vonda N. McIntyres Roman “Das Lied von Mond und Sonne” erschien 1999 bereits einmal auf Deutsch unter dem Titel “Am Hofe des Sonnenkönigs” – eine Ausgabe, die heute aber nur noch antiquarisch erhältlich ist. So ist es schön, dass Bastei Lübbe sich dazu entschlossen hat, das Buch noch einmal neu aufzulegen, und Audible darüber hinaus noch eine ungekürzte Hörbuchfassung liefert.

Der Roman besticht weniger durch einen ausgeklügelten Spannungsbogen, als vielmehr durch seine Atmosphäre und die Charakterzeichnungen. Vonda N. McIntyre nimmt sich viel Zeit, ein opulentes Bild vom Versailles des 17. Jahrhunderts: dem Königshof, reich ausstaffiert, wo das Auge des Betrachters verweilt, in den verborgenen Ecken aber verseucht von Ungeziffer; Schein und Sein gehen hier Hand in Hand und das nette höfische Geplänkel ist ein dünner Deckmantel für die Intrigen, die man gegeneinander spinnt. Marie fühlt sich dort mitunter ebenso fremd wie das gefangene Seeungeheuer. Nach und nach nimmt sie jedoch ihr Schicksal in die eigene Hand; trotz ihrer hohen Intelligenz lernt sie dazu und steht für das ein, was ihr wichtig ist. Das bedeutet auch, sich gegen ihren Bruder und ihre von Männern dominierte Umgebung zu behaupten.

Darüber hinaus überzeugt McIntyre mit einer wunderbar atmosphärischen Sprache, die zum Setting passt, ohne aufgesetzt zu wirken. Die Sprachmelodie ist Gott sei Dank auch in der Übersetzung nicht verloren gegangen. Eingelesen wird “Das Lied von Mond und Sonne” von Elisabeth Günther, die einigen sicher als Synchronsprecherin bekannt ist (z. B. in der Rolle von “Catelyn Stark” in der dt. Fassung von “Game of Thrones”). Ihre ruhige, gefühlvolle Art zu Lesen passt sehr gut zu der historisch-phantastischen Geschichte.

Mit “Das Lied von Mond und Sonne” gewann Vonda N. McIntyre Ende der 90er Jahre den begehrten Nebula-Award, zudem wurde der Stoff im vergangenen Jahr mit Pierce Brosnan als Sonnenkönig verfilmt. Kinostart in den Staaten sollte eigentlich April 2015 sein, dieser wurde jetzt aber auf ein noch unbekanntes Datum nach hinten verschoben.

Um so besser, so bleibt uns Zeit, uns erstmal der Vorlage zu widmen – der Roman umfasst über 600 Seiten, was zu einer Hörbuch-Laufzeit von über 18 Stunden führt. Wer ausschließlich spannende Pageturner mag, kommt hier nicht auf seine Kosten. Wer aber Geschichten mag, die nicht durch die Handlung preschen und sich für Setting und Charaktere Zeit lassen, und die sich vor allem auf die Atmosphäre und das Ensemble konzentrieren, wird hier bestens bedient. “Das Lied von Mond und Sonne” ist ein wunderbarer historisch-phantastischer Roman für Fans dieses Genres.

Eine Hörprobe gibt’s hier.

Das Hörbuch bei Audible downloaden: hier!

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