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17. Juni 2015

Jennifer Estep: Frostkuss
Mythos Academy (1)

Category: Rezensionen – Darkstar – 12:00

FrostkussEs gibt zahlreiche Urban Fantasy-Reihen für Jugendliche, in denen ein junges Mädchen von seiner mythischen Herkunft erfährt, in einem Internat lebt und zur Kämpferin für das Gute wird. In der folgenden Rezension erfahrt ihr, warum ihr “Frostkuss” trotzdem eine Chance geben solltet und was an der “Mythos Academy” so toll ist.

Worum es geht

Gwen Frost ist neu an der Mythos Academy, ein Internat, dessen Schüler die Nachkommen sagenhafter Krieger sind – und zwar Krieger aus sämtlichen Mythologien der Menschheit: Neben den griechischen Spartanern und den germanischen Walküren sind das die antiken Amazonen, nordische Wikinger, mitteleuropäische Kelten und sogar fernöstliche Ninjas. Sie alle haben nicht nur übermenschliche Kräfte, sondern auch übernatürliche Fähigkeiten – und die meisten von ihnen sind reich und schön.

Nicht so Gwen, die aus bestenfalls mittelständischen Verhältnissen stammt, gern in ihren großen Kapuzenpullis versinkt und sich überhaupt fragt, was sie auf Mythos überhaupt soll. Klar, sie hat die Gypsie-Gabe der Psychometrie: d. h. sie kann durch die Berührung eines Gegenstandes oder eines Menschen sämtliche daran gekoppelten Erinnerungen und Gefühle erspüren. Aber sie stammt offensichtlich nicht von irgendwelchen uralten Göttern ab und glaubt eigentlich auch nicht so recht an den ganzen mythologischen Kram.

Bis sie eines Abends in der Schulbibliothek über die Leiche der Walküre Jasmine Ashton stolpert, der unangefochtenen Schulkönigin, und selbst von einem Unbekannten angegriffen wird. Als sie wieder zu sich kommt, ist ihr geheimnisvoller Gegner verschwunden – ebenso wie die in der Bibliothek ausgestellte, legendäre “Schale der Tränen”, ein mächtiges magisches Artefakt, mit dem der finstere Gott Loki einst seine Jünger befehligte. Weil sich zu Gwens großem Schock sonst kaum jemand um Jasmines Ermordung schert, macht sie das, was auch ihre verstorbene Mutter, eine Polizistin, gemacht hätte: Sie ermittelt auf eigene Faust …

Warum es funktioniert

1) Gwen Frost

Gwen ist eine tolle Protagonistin. Sie hat vor kurzem erst ihre Mutter verloren und trauert noch um sie, ist aber keine weinerliche Mimose. Sie ist eine Einzelgängerin, freundet sich aber im Verlauf der Handlung mit einigen Mitschülern an, ohne dass dies forciert oder Gwen verzweifelt wirkt. Sie ist weder auf den Mund, noch auf den Kopf gefallen und vor allem lässt sie sich nicht von einem gutaussehenden Jungen einfach um den Finger wickeln.

Ihre Großmutter arbeitet als Hellseherin in der Stadt in der Nähe der Mythos Academy, und Gwen besucht sie an den Nachmittagen ab und an. Sie hat das Herz am rechten Fleck, ist nicht perfekt und macht auch Fehler. Eine Protagonistin, die sicher noch wachsen kann und damit eine ideale Heldin für eine solche Reihe.

2) Die Mythos-Akademie

Hier und da habe ich gelesen, Jennifer Estep hätte sich zu sehr an Vorbildern wie “Hogwarts” und Co. bedient, aber das find ich nicht. Das Internat ist eine traditionelle Kulisse für Jugendromane und funktioniert auch hier richtig gut. Vor allem, weil die Schüler nicht alle brav und lieb sind, sondern nach Schulschluss auch mal feiern gehen und – wie Gwen es ausdrückt – “zwischen den Bücherregalen in der Bibliothek übereinander herfallen”.

Auf dem Stundenplan stehen neben den üblichen Fächern auch Kampftraining und Mythengeschichte und das Gelände wirkt weitläufig und herrschaftlich.

3) Die Serien-Mythologie

Die Autorin vermischt munter die unterschiedlichsten Sagenkreise; das gelingt ihr aber auf eine Art, die nicht aufgesetzt wird. Antagonist der Reihe versprechen die Anhänger des dunklen Gottes Loki zu werden, die sogenannten “Schnitter des Chaos”. In Band 1 der Reihe geht es aber zu 90% um die Aufklärung des Mordes an Jasmine – warum sich sonst niemand dafür interessiert, wie sie wirklich umgekommen ist, wird übrigens auch plausibel erklärt.

Natürlich steckt hinter Gwens Gypsie-Gabe mehr, als Gwen das zunächst vermutet, aber das ist für eine solche Reihe klassisch und völlig in Ordnung. Schön ist, dass Estep darauf verzichtet, die scheinbar sonst obligatorische Liebesgeschichte in den Mittelpunkt der Handlung zu rücken. Ja, Gwen begegnet (recht spät) im Verlauf des Buches einem jungen Mitschüler, der sich vermutlich später als für sie interessant herausstellen wird, darauf bzw. an ihn verschwenden aber weder Handlung noch Gwen viele Gedanken. Fand ich super. Die Nebenfiguren erscheinen mir auch sehr vielversprechend, allen voran die zickige Walküre Daphne Cruz – zunächst der Typ “Cordelia” aus “Buffy”, zeigt sich sehr schnell, dass auch ihr Charakter vielschichtiger ist als man das zunächst annehmen möchte.

4) Jennifer Esteps Stil

Es gelingt Jennifer Estep, die jugendliche Gwen in der Ich-Perspektive sprechen zu lassen, ohne das das aufgesetzt klingt. Gwen spricht und verhält sich wie eine Jugendliche, spricht auch mal schnoddrig vom “nuttigen Outfit der Ballkönigin” und das überzeugt. Zudem hält sie sich nicht mit zu viel Geplänkel auf, sondern findet das richtige Maß zwischen Handlung vorantreiben und beim Charakter und der Stimmung verweilend.

Da ist es nicht so schlimm, dass man schon etwas vor Gwen ahnt, wer hinter den Vorkommnissen um Jasmines Tod und dem Diebstahl der Schale steckt. Die Protagonistin dabei zu beobachten, wie sie schließlich die richtigen Schlüsse zieht und wie sie sich gegen ihren Gegner behauptet, macht trotzdem Spaß.

Zum Einordnen vielleicht noch folgende Vergleiche:

“Mythos Academy” – zumindest dieser erste Band – ist deutlich mehr “Urban Fantasy” als etwa Josephine Angelinis “Göttlich”-Reihe oder Richelle Meads “Vampire Academy” (beides meiner Meinung nach eher “Romantasy”) und ein bisschen erwachsener als die “Percy Jackson”-Bücher.

5) Die Lesung durch Ann Vielhaben

Ann Vielhabens Stimme passt wie die Faust auf’s Auge zu Gwen und zu Jennifer Esteps Stil. Sie ist Gwen Frost in dieser Lesung, und sie findet immer genau die richtige Betonung: von genervt über nachdenklich, von verwirrt bis gehetzt – da sitzt jeder Satz und Vielhabens Stimme klingt jung genug, um überzeugend eine minderjährige Schülerin zu geben. Perfekte Wahl, würd ich sagen

Fazit:

Frostkuss“, Band 1 von Jennifer Esteps “Mythos Academy”-Reihe macht einfach Spaß: Spannend, frech, spritzig und stimmungsvoll hebt sich die Jugend-Urban Fantasy wohltuend aus der Flut der oft sehr die romantische Komponente betonenden Veröffentlichungen heraus. Bleibt zu hoffen, dass Estep das Niveau von Band 1 in den Fortsetzungen halten kann. Ich jedenfalls bin sehr neugierig!

Falls ihr das Genre “Urban Fantasy im Jugendbuchbereich” mögt, solltet ihr wirklich reinlesen.

Eine Hörprobe findet ihr hier!

Die “Mythos Academy”-Hörbücher bei Audible kaufen: hier!

 

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