Darkstars Fantasy News


22. November 2015

Interview mit Susanne Gerdom
zu “Clockwork Cologne” und ihrer “Magnus”-Reihe

Category: Interviews – Darkstar – 13:00

“Clockwork Cologne vereint Steampunk/Steamfantasy und Krimi, Magie und Technik, persönliche Schicksale und Verbrechen, Pulp und Fiction, Spannung und Abenteuer. In der Fortsetzungsreihe werden Verschwörungen aufgedeckt, mysteriöse Fälle gelöst, neblige Spuren verfolgt.” Das Versprechen die Autorinnen von “Clockwork Cologne” auf der Website ihres Shared Universe-Projekts.

Eine dieser Autorinnen ist die von mir hochgeschätzte Susanne Gerdom, die mir (unter anderem) mit “Der Nebelkönig” und “Aethermagie” bereits zahlreiche vergnügliche Lesestunden geschenkt hat.

Wie mit Simone Keil und Selma J. Spieweg hat sie eine Reihe innerhalb des Clockwork Cologne-Projekts gestartet. Ihr Magnus Seymour ist ein sehr zwielichtiger Geselle, der nach mehreren Jahren im Nahen Osten, wo er in höchst geheimer Mission unterwegs gewesen ist, blausüchtig und abgebrannt nach Cöln zurück gekehrt ist. Auf der Suche nach einer alten Freundin, die ihm den Tod wünscht, deren Hilfe er aber dringend benötigt, findet er neue Feinde, unvermutete Verbündete und verliert beinahe sein Leben.

Im Interview hat mir Susanne verraten, wie die Idee zu “Clockwork Cologne” entstanden ist, wann mit dem dritten Magnus-Band zu rechnen ist, ob Simone Keil, Selma J. Spieweg und sie Crossover-Romane planen und woran sie sonst gerade arbeitet:

Interview mit Susanne Gerdom zu ihrer Magnus Seymour-Reihe

Liebe Susanne, welche Farbe und welche drei Schlagworte drücken die Atmosphäre der Magnus-Reihe Deiner Meinung nach am besten aus?

Ein sehr dunkles Gelborange.

Gefahr, Resignation, Neugier

Verrate uns bitte etwas über die Hauptfigur der Reihe.

Magnus Seymour. Nicht mein erster, aber irgendwie mein liebster Antiheld.

Er ist ein gespaltener Typ, einerseits mutig und loyal, zu tiefer Freundschaft fähig, durchaus mit Grundsätzen gesegnet, aber andererseits ist er haltlos und schwach, doppelzüngig, bindungsscheu, ein Gauner, Falschspieler und Betrüger.

Er bewegt sich auf gesellschaftlichem Parkett ebenso sicher und selbstbewusst, wie er sich in Opiumhöhlen und unter kriminellem Gesindel behauptet.

Also eine Figur, die sich stark von den jugendlichen Protagonisten zahlreicher vorangegangene Romane unterscheidet. Brauchtest Du eine Abwechslung von den braven Zaubergehilfinnen und Küchenmädchen?

Das hat durchaus eine Rolle gespielt.

Ich liebe es, Jugendbücher zu schreiben (meine ProtagonistInnen sind, auch wenn es sich letztlich um Erwachsenenliteratur handelt) in der Mehrzahl noch sehr jung, auf der Suche nach sich selbst und ihrem Platz im Leben.

Magnus ist da ein völlig anderes Kaliber und ich habe es extrem genossen, mich mal eine Weile mit einem Erwachsenen herumzutreiben. (Das hat zur Folge, dass ich jetzt einen kompletten Fünfteiler mit ausschließlich erwachsenem Cast geplant und zum Teil schon geschrieben habe – obwohl Magnus immer noch auf seinen dritten Teil wartet. Dumm gelaufen. ^^)

Welche Nebenfigur ist Dir besonders ans Herz gewachsen?

Aaargh. Frag mich nie nach meinen Nebenfiguren. Ich bin manchmal noch mehr in die verschossen als in meine Protagonisten. ^^

Das ist schwer. Ich glaube aber, den Pokal gewinnt Ji Hang, der chinesische Butler und Profikiller, den zweiten Platz teilen sich Josefine Kühn, ehemalige Puffmutter, und Arges, der Pirat. Und dann kommen alle anderen. ^^

Clockwork Cologne ist etwas Besonderes: eine Alternate History, Steampunk und ein Gemeinschaftsprojekt mit zwei weiteren Autorinnen. Wie ist die Idee dazu entstanden und was hat Dich an diesem Projekt gereizt?

Die Idee ist in einem Brainstorming via Facebook entstanden.

Eine Handvoll Qindie-Autorinnen hatte Lust, ein Projekt gemeinsam zu schreiben – wie es sich dann herausstellte, war die Gruppe zu groß (sechs oder sieben), um zielführend an einem gemeinsamen Projekt arbeiten zu können. Da gingen die Vorstellungen letztlich auch zu weit auseinander.

Ich stand nachher mit einem Wust von Material da, aus dem wir die Essenz gefiltert haben: Ein fiktives alternatives Cöln als Ort des Geschehens. Warum immer London, Paris oder Prag? Köln mit seinem Dom (zur Clockwork-Zeit natürlich eine Ruine) ist doch für deutschsprachige Autorinnen ein perfekter Schauplatz!

Wir haben dann entschieden, dass jede, die noch Lust auf das Projekt hat, erst einmal alleine loslegt. Das waren dann im Endeffekt nur noch Simone Keil und ich.

Witzig: Wir haben zwischendurch Figuren ausgetauscht, auch mal ein bisschen bei der anderen mitgeschrieben. Aber um auch was fertig zu kriegen, hat jede sich auf ihren Teil konzentriert: Magnus Seymour, Guy Lacroix, und später noch Boris und Olga von Selma J. Spieweg.

Jacqueline (Selma) kam als Nachzüglerin hinzu und hat es als einzige schon geschafft, Verknüpfungen zwischen den bereits existierenden Bänden zu schaffen!

Wie bist Du bzw. seid ihr beim Erschaffen der Orte der Clockworld-Welt vorgegangen? Habt ihr euch von realen Orten inspirieren lassen und die durch die dampfmagische Aetherbrille betrachtet?

Ja, klar. Cöln. Eine der früheren Mitspielerinnen ist aus Köln, sie hat uns alte Stadtpläne besorgt, mit denen wir alle arbeiten. Es gibt ja einiges an Material, das man gut nutzen kann.

Aber wir arbeiten nicht historisch. Die alternative Welt, in der Clockwork Cologne spielt, unterscheidet sich sehr stark von unserer Historie. Nach dem großen Quanten-GAU in England ist ein großer Teil des europäischen Kontinents verstrahlt, Großbritannien existiert nicht mehr, die Queen ist ins Exil nach Nordamerika gegangen (in die Kolonien, die sich nie von England befreit haben). Der Rhein ist inzwischen das »Rheinische Binnenmeer« und so weiter.

Mit Deinem Zweiteiler Aethermagie/Aethersturm hast Du Dich bereits vor Deiner Magnus-Reihe der Steamfantasy zugewandt. Was fasziniert Dich am meisten an dieser Spielart des Genres?

AethermagieIch mag seit jeher die Gothic-Literatur des neunzehnten Jahrhunderts, diese unvergleichliche Mischung aus Schauerromantik, schwülstiger Atmosphäre, morbiden Szenarien und kaputten Figuren. Das kombiniert mit SF-Elementen, aber eben Retro-SF, Technik, die noch Charme besitzt und allem, was in der Fantasy eben NICHT naturnah und saubergeschrubbt daherkommt – das ist für mich der wahre Reiz am Steampunk.

Mein Augenmerk gilt dabei deutlich weniger den magietechnischen Apparaturen als vielmehr den skurrilen Typen und Settings, die diese Art von alternativer Geschichte hergibt. Penny Dreadful trifft Pulp trifft Conan Doyle, Stoker, Shelley, Collins und wie sie alle heißen.

Steampunk ist so ein »anything goes«-Ding. Es gibt so gut wie kein Szenario, keine Geschichte, keine Personenkonstellation und kein Thema, das innerhalb dieses Subgenres nicht denkbar wäre.

Verrätst Du uns, wie viele Bände der Magnus-Reihe Du planst und ob bzw. wann ein dritter Teil erscheinen wird?

Angelegt ist es im Groben auf drei Teile (ich hoffe, es bleibt dabei, meine Bücher neigen zu spontaner Selbstvermehrung).

Eigentlich wollte ich Magnus 3 (Das schwarze Luftschiff) in diesem Jahr schaffen, aber es hat einfach nicht geklappt. Ich ringe gerade mit mir, ob ich den NaNoWriMo dafür nutzen soll, andererseits stecke ich gerade in einem etwas zähen Projekt, das ich nicht bis dahin fertig haben werde. Mal sehen, ob die Neigung gewinnt oder die Pflicht siegt.

[Anmerkung Darkstar: Das Interview wurde bereits vor einigen Wochen, also vor dem NaNoWriMo geführt]

Planen Simone Keil, Selma J. Spieweg und Du, auch mal ein direktes Crossover?

Ja.

Wir bringen jetzt unsere jeweiligen Reihen zu einem (vorläufigen) Abschluss und gehen dann endlich das immer gewünschte Gemeinschaftsprojekt an.

Mal sehen, wie lange das dauert, bis es steht. ^^

Was macht Dir beim Schreiben der Magnus-Romane den meisten Spaß – und was stellt die größte Herausforderung dar?

Spaß macht mir, dass ich im Prinzip einfach nur laufen lasse. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie die Geschichte enden wird und bin überaus bereit, mich überraschen zu lassen.

Das ist gleichzeitig auch die größte Herausforderung. Ich liebe mein Bühnenpersonal, aber auch das neigt dazu, sich zu vermehren, und ich habe mittlerweile mehrere Nebenfiguren am Start, die durchaus das Potenzial hätten, selbst Protagonisten zu sein. Mal sehen, wie ich die gebändigt bekomme.

Ein Ausblick auf 2016: Dann soll in einem Publikumsverlag auch wieder ein Jugendbuch aus Deiner Feder erscheinen. Was darfst bzw. magst Du uns schon darüber verraten?

Das Haus am AbgrundAch, mein »Belle et Bête«-Variante: “Das Haus der Tausend Spiegel“. Das ist schon so lange geschrieben, dass ich kaum noch weiß, worum es da geht. Das Buch spielt in Antwerpen, natürlich wieder alternative Realität – also hier und heute mit Hexen. ^^

Annik, meine Hauptfigur, steht vor einem Studium der Buchmagie, muss dafür aber eine Aufnahmeprüfung der besonderen Art überstehen. Sie wird zu einem geheimnisvollen Herrenhaus inmitten eines riesigen Parks geschickt und soll herausfinden, worin dessen Rätsel besteht.

Der Hausherr ist ein mysteriöser und furchterregender Mann, Gabriel van Leuven. Außer ihm lebt in dem Haus noch Daniel, ein junger Mann, der sein Gesicht nicht zeigt, und das Kind, für das Annik zuständig ist: Elias. Ein sechsjähriger Junge, der nicht spricht und in einem großen Schrankkoffer lebt, den er nie verlässt.

Und es gibt Spiegelsäle, in denen seltsame Dinge passieren, Labyrinthe aus Spiegeln, Rosen, die alles überwuchern, sich verändernde Realitäten …

Ich mag das Buch und bin sehr gespannt, ob das andere auch finden.

Im nächsten Jahr erscheint auch noch ein Romantasy-Serienroman bei cbt, “Bernsteinzauber“. Da geht es um einen Meermann und eine fiktive Nordseeinsel.

Ganz was anderes, aber das Schreiben hat mir einen Riesenspaß gemacht.

Wenn Du an einem Ort des Clockwork Cologne-Universums eine Woche Urlaub machen dürftest bzw. müsstest: Wo würdest Du Dich einquartieren und welche drei Gegenstände würdest Du mitnehmen?

Oje. Urlaub in Cöln? Das wird haarig.

Ich würde mich bei Josefine Kühn einquartieren. Ehemalige Bordellbetreiberin, eine Seele von Frau … Mann … Mensch.

Und mitnehmen würde ich Sagrotan, Wasser in Flaschen und Müsliriegel. ^^

Oder besser noch eine gut funktionierende Bewaffnung.

Eine Kevlar-Weste?

Sauerstoff.

Mein Bett und meine Katzen!

Vielen Dank!

Die Website zum Projekt “Clockwork Cologne” findet ihr: hier!

Und wenn ihr jetzt hoffentlich neugierig auf Clockwork Cologne seid:

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