“Was soll das heißen?” Elena deutete auf dei Gestirne, die hoch über ihnen am Himmel standen. “Wir können doch alle sehen, dass sie gewandert sind!”
Geloras schrumpfte ein wenig unter ihrem zornigen Blick. “Die Hofastronomen sind sich einig, dass der Lauf der Gestirne unverändert ist. Angst spiegelte sich in seiner Miene. “Es ist unsere Position, die sich verändert. Die Acht Königreiche. Wir bewegen uns.”
Einst herrschten fünf überirdische Mächte über alles. Doch dann offenbahrte eine davon ihre wahre, dunkle Natur und das fragile Gleichgewicht zwischen den Urgewalten zerbrach. Mit vereinten Kräften konnten die vier lichten Mächte ihren dunklen Bruder in den Tiefen des Meeres verbannen, während sie selbst die Welt neu schufen. Ihr alter Streit ist inzwischen längst zu einer harmlosen Sage verblasst …
Doch jetzt, Jahrhunderte später, hat etwas die fünfte Macht wieder erweckt. In seiner Drachengestalt regt sich das Finstere im Schoß der Erde und schickt sich an, emporzusteigen und die Welt seinen Zorn und Hass spüren zu lassen.
Es sind rätselhafte Vorkommnisse, die von seinem Wiedererwachen künden, und niemand vermag sie zunächst richtig zu deuten: Friedvolle Nachbarn entbrennen plötzlich in Streit zueinander, uralte Magie scheint zu flackern und zu erlöschen, und aus dem Meer tauchen grauenvolle Monster auf, die die Küstenstreifen unsicher machen und das Fischervolk überfallen.
Das Schicksal der Welt ruht auf den Schultern zweier unterschiedlicher Menschen: Aidan ist ein Meisterbarde, der mit seinem besten Freund an der Küste entlang zieht und versucht, vor den Schatten der eigenen Vergangenheit zu entfliehen. Elena ist die junge Herrscherin über ein magisch verborgenen Inselreichs, das mit voller Wucht von der Macht des Bösen getroffen wird und die daraufhin auf dem Festland nach Unterstützung sucht. Als sich ihre Pfade kreuzen, beschließen sie, der Finsternis gemeinsam entgegenzutreten …
Seit dem Erfolg von “Das Lied von Eis und Feuer” tendieren High Fantasy-Autoren dazu, ihre Geschichten aus dem Blickwinkel möglichst vieler Point of View-Figuren zu erzählen. Da ist es direkt wohltuend, dass sich Christoph Hardebusch (“Die Trolle“, “Smart Magic“) auf zwei Hauptfiguren beschränkt: Aidan und Elena. Das tut dem epischen Flair aber keinen Abbruch. Seite an Seite mit dem Barden und der Königin bewegen wir uns durch eine Welt, die vom Untergang bedroht wird – und in der die Macht der Musik manchmal stärker ist als die des Schwertes.
Auch wenn “Feuerstimmen” Teil eines “Multimedia-Crossover-Projekts” ist, so steht der High Fantasy-Roman völlig auf eigenen Füßen. Die Idee zur Geschichte hat der Autor gemeinsam mit der Band Van Canto entwickelt; die haben mit “Voices of Fire” ein Album zum Buch abgeliefert – das man hören kann, aber nicht muss, um der Geschichte zu folgen.
Sehr angenehm fielen mir bei “Feuerstimmen” zwei Dinge auf:
Zum einen finde ich es großartig, dass Männer und Frauen in dieser Welt absolut gleichberechtigt sind, bis zur Berufswahl: Niemand zieht die Augenbrauen hoch, weil Elena von einer Leibwächterin beschützt wird, und nicht von einem Mann. Das sollte heute selbstverständlich sein, ist es aber leider nicht.
Zum anderen fand ich es toll, dass es Christoph Hardebusch schafft, seine Geschichte auf rund 500 Seiten auch zu beenden und “Feuerstimmen” sich nicht als ein weiterer der allzu beliebten Trilogie-Auftakts herausgestellt hat. Dabei ist es nicht so, als ob nicht Figuren und Welt genügend Facetten hätten, als dass der Autor sie in weiteren Romanen nicht nochmal aufgreifen könnte. Die Geschichte, die in “Feuerstimmen” beginnt, wird aber vollkommen erzählt und es bleiben beim Leser keien Fragen offen.
Wer epische High Fantasy mag, die zwar vom klassichen Kampf des Lichts gegen die Finsternis handelt, in deren Mittelpunkt aber nicht ein riesiger Cast, sondern eine überschaubare Anzahl sympathischer, gut ausgearbeiteter Figuren steht, sollte in “Feuerstimmen” unbedingt hineinlesen!
Neugierig geworden?
