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15. Juli 2009

Kate Forsyth: Der Turm der Raben

Category: Rezensionen,Romane – Darkstar – 18:11

Der Turm der RabenStark zurückgezogen von der Außenwelt lebt in einer unwirtlichen Berglandschaft ein Stamm von Satyricons: Zauberwesen, halb Mensch, halb Tier; ein kriegerisches Volk, das vom Gesetz des Stärkeren regiert wird. Da ihr Vater ein Mensch war ist die Tochter der Anführerin, die sich im Verlauf des Romans den Namen Rhiannon zulegt, ganz anders als ihre Stammesgefährten. Sie besitzt weder die Hörner, noch die Hufe, die Satyricons normalerweise auszeichnen. Das macht sie zur Ausgestoßenen und sie weiß, ihre Mutter wird sie nicht mehr lange beschützen können. Als ihr deshalb eines Tages eines der legendären geflügelten Pferde über den Weg läuft, ergreift die junge Frau die Gelegenheit beim Schopf: Sie schwingt sich auf den Rücken der schwarzen Stute und fliegt mit ihr davon. Auf ihrer Reise begegnet sie der Jongleurin Nina, die mit ihrer Familie und einer handvoll Hexenlehrlinge in die Hauptstadt des Reiches zieht. Rhiannon schließt sich dem fahrenden Tross an – und wird dadurch in ein gefährliches Abenteuer verwickelt. Denn die Route führt sie durch das Gebiet um den sagenumwobenen Turm der Raben. Unheimliches geschieht im Schatten dieses Turms: Kleine Jungen verschwinden, es spukt und Tote erheben sich aus ihren Gräbern, um rastlos unter den Lebenden zu wandeln …

Mit Der Turm der Raben kehrt die australische Autorin Kate Forsyth in ihre Hexenwelt Eileannan zurück – sehr zu meiner großen Überraschung übrigens, denn davon ist im Klappentext gar nicht die Rede. Im gleichen Universum wie Rhiannons Geschichte war bereits die Saga um Die Hexen von Eileannan angesiedelt, die vor ein paar Jahren auf Deutsch erschienen, inzwischen jedoch nur noch antiquarisch erhältlich ist. Allerdings ist es gar nicht notwendig, die Bücher dieses anderen Zyklus zu kennen, um der Handlung von Der Turm der Raben folgen zu können. Forsyth siedelt ihre Geschichte nämlich über zwanzig Jahre später an: die Rebellion der Hexen ist schon lange vorbei, aus den Jugendlichen von damals sind erwachsene Frauen und Männer geworden. Das ermöglicht der Autorin, eine neue, großteils von der damaligen Handlung losgelöste Geschichte zu erzählen und gleichzeitig ihre Stammleser mit Details und Informationen darüber zu verköstigen, was aus den Protagonisten von einst geworden ist. Als Hauptfigur hat sie sich für eine sympathische Heranwachsende entschieden, die nicht ohne Fehl ist. Rhiannon ist ein Kind der Wildnis, aufgewachsen in einem völlig anderen Kulturkreis als ihre Gefährten, denen sie sich anschließt. Das sorgt für viel Reibungspotential. Rhiannon wirkt authentisch, wenn auch die Geschwindigkeit, mit der sie sich ihrem neuen Umfeld anpasst, mitunter etwas unglaubwürdig wirkt.

Das fällt aber nicht besonders negativ ins Gewicht. Der große Vorzug des Romans ist ohnehin die Atmosphäre, die ihn durchdringt. Kate Forsyth gelingt es scheinbar mühelos, ein plastisches Bild ihrer magischen Welt zu zeichnen. Die phantastischen Bauwerke, die reißenden Wasserfälle, die Zauberwesen und der düstere Turm der Raben werden beim Lesen vor dem inneren Auge deutlich sichtbar. Das macht den Turm der Raben zu einem perfekten Buch, um sich darin zu verlieren. Action-Liebhaber dürfen sich hiermit allerdings gewarnt fühlen: Auf den ersten zweihundert Seiten plätschert die Handlung eher behäbig vor sich hin, ohne das besonders viel passiert. Forsyth nimmt sich viel Zeit, ihre Welt und ihre Figuren in zahlreichen Details vorzustellen. Auch wenn ihr das wunderbar gelingt ist dieses Tempo nicht jedermans Sache. Die Dynamik ändert sich erst ab der zweiten Hälfte des Romans, wenn die Handlung zu einer düsteren Spukgeschichte mutiert. Ein verfluchter Landstrich, düstere Träume, Geistererscheinungen, moderige Gemäuer und zwielichtige Gestalten bevölkern die Geschichte von da an und lassen den so gemächlich gestarteten Roman zu einem Pageturner werden. Wie Rhiannon will der Leser wissen, was hinter den traumatischen Vorkommnissen steckt, die rund um den Turm der Raben vor sich gehen.

Auch wenn Der Turm der Raben erst den Auftakt zu einer Trilogie um Rhiannon bildet – übrigens ebenfalls etwas, was der Verlagstext verschweigt -, steht die Geschichte für sich und kann trotz des einen oder anderen losen Endes als in sich abgeschlossen betrachtet werden. Ich persönlich bin dem Stil der Australierin sehr schnell erlegen. Wer magische, schön erzählte Geschichten mag, einem düsteren Gespensterplot etwas abgewinnen kann und auch für ein bisschen Romantik zu haben ist, der ist mit dem Buch gut beraten.

Fakten:

Titel: Der Turm der Raben
Reihe: Rhiannons Ride (1 von 3)
Autorin: Kate Forsyth
Originaltitel: The Tower of Ravens
Übersetzung: Karin König
Verlag: Blanvalet
Aufmachung: Taschenbuch, 573 Seiten
Preis: 8,95

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4 Comments »

  1. […] 3: “Turm der Raben” von Kate […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Darkstars Highlights 2009 | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 5. Januar 2010 @ 21:20

  2. […] Zugegeben, das erste Drittel zieht sich extrem – wer deshalb in Halloween-Stimmung ist, sollte deshalb schon ein paar Tage vorher mit dem Lesen beginnen; düster-spannend wird es erst nach rund 250 Seiten. Meine Rezension findet ihr hier. […]

    Pingback by Darkstars Fantasy News » Halloween-Unterhaltung (Lese-Tipps) | News & Interviews aus der wunderbaren Welt der Fantasy — 25. Oktober 2010 @ 07:50

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  4. […] Rezension zu “Der Turm der Raben”: hier! Tags: Bitter Greens, Eileannan, Fairy Tale Fantasy, Kate Forsyth, Märchen, Rapunzel « […]

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