Mit “Durandal” erscheint im Splitter-Verlag ein weiteres frankobelgisches Comic-Epos, das auf einem alten Mythos beruht. Während Serien wie “Götterdämmerung” oder “Lancelot” allerdings sehr bekannte Stoffe wie die Sage um die Nibelungen bzw. um König Artus neu interpretieren, widmet sich “Durandal” dem in Deutschland eher unbekannten Rolandslied.
Der Autor Nicolas Jarry (“Götterdämmerung”, “Der Thönerne Thron”) setzt – zumindest in diesem ersten Band – aber noch vor der Kernhandlung des altfranzösischen Versepos’ an. So erzählt “Die Bretonische Mark” nicht nur die Herkunftsgeschichte Rolands, sondern beginnt auch damit, den mystischen Ursprung des mächtigen Schwerts zu ergründen, das dem Zyklus seinen Namen gegeben hat.
Die Bretagne gegen Ende des 8. Jahrhunderts: Das Land ist von Kriegen und Scharmützeln gezeichnet. Zwar gelingt es Karl dem Großen, im Kampf gegen die Sachsen einen wichtigen Sieg davon zu tragen, doch während der Schlacht fällt sein Ratgeber und väterlicher Freund Ambrosius. Er ist Rolands Vater und das machtvolle Schwert Durandal, das er führt, soll dessen Erbe sein. Doch diesem Wunsch widersetzt sich Rolands Mutter. Sie glaubt, dass das Schwert verflucht ist und allen Männern, die es schwingen, Unglück bringen wird. Sie zwingt ihren halbwüchsigen Sohn, auf das Kreuz Jesu Christi zu schwören, dass er selbst das Schwert niemals führen wird, und übergibt die sagenumwobene Klinge an die geheimnisvolle Kriegerin Edda, die Durandal mit sich nimmt. Doch Roland kann sein Erbe nicht vergessen. Als sein Vater in der Schlacht fällt, macht er sich auf die Suche nach dem Schwert und der Fremden, die es einst mit sich nahm …
Sagenumwobene Schwerter, ein von Kriegsunruhen gezeichnetes Land im Mittelalter, Wikingerschiffe auf stürmischer See, blutige Schlachten und wunderschöne Frauen – das sind die Zutaten, aus denen die klassischen Heldensagen gebraut wurden, und sie sind es auch, die Texter Nicolas Jarry hier gekonnt kombiniert. Laut Verlag ist “Durandal” auf vier Bände angelegt. Einige Kommentare Jarrys, die man im Bonusmaterial des Hardcovers findet, deuten jedoch darauf hin, dass diese vier Bände nur einen von mehreren geplanten Teil-Zyklen seiner Interpretation des Rolandliedes sind. In diesem ersten Mehrteiler, so der Autor, will er das Geheimnis ergründen, dass Durandal umgibt. Woher kommt das Schwert, welches Mysterium umgibt es – und wie lautete sein ursprünglicher Name? Interessante Ideen, mit denen der erste Band bereits spielt, auch wenn er hier noch nicht aus dem Vollen schöpft.
Das Album etabliert zu Beginn zunächst die unruhigen Kriegszeiten in Frankreich und konzentriert sich dann auf zwei Haupthandlungsstränge, von denen einer in der Bretagne spielt und ein zweiter in Island. In ersterem steht Roland und seine Familie im Vordergrund. Wir begegnen dem Helden erstmals als Kind, ehe die Handlung einen Satz nach vorne macht und Roland als halbwüchsigen jungen Helden etabliert, der mit der Politik seiner Eltern, die die lokale Vormachtstellung in der Bretagne genießen, nicht ganz einverstanden ist. Er wächst zu einem jungen Krieger heran und vertritt den christlichen Glauben. Sein Konterpart ist die Kriegerin Edda, Mitglied eines alten heidnischen Frauenordens im rauen Island, der stark an die germanischen Walküren erinnert. Unter der Führung der Mutter Prophetin leben sie gemeinsam in einer trutzigen, zugigen Feste und bilden sich und ihre Schülerinnen in der Kampfkunst, dem alten Wissen und der Runenkunde aus. Es war Eddas Auftrag, Durandal vom Festland wegzuholen und an einem geheimen Ort zu verstecken, bis es von einem Helden wieder eingefordert wird. Doch nicht alle Ordensschwestern teilen diese Auffassung und zwischen ihnen entbrennt ein Machtkampf, in dem Roland eine große Rolle spielen könnte.
Das Schwert Durandal augenscheinlich mit der germanischen Mythologie zu verknüpfen, ist ein cleverer Schachzug, denn dadurch bekommt die kämpferische Handlung eine magische Note. Diese bietet auch jenen Lesern etwas, die mit der erdigen, kämpferischen Storyline in der Bretagne weniger anfangen können. Letztere zieht sich mitunter hier und da etwas in die Länge.
Darüber trösten aber die stimmungsvollen, klaren Zeichnungen von Gwendal Lemercier hinweg. Diese scheinen zwar mit Computer koloriert zu sein; das verantwortliche Studio ging dabei jedoch sorgsam zu Werk. So unterstreicht die Farbgebung in den meisten Fällen den positiven Gesamteindruck und wirkt nicht billig. Der Comicband setzt auf erdige, mitunter leuchtende Farben, was die historisch-phantastische Atmosphäre der Handlung widerspiegelt.
Insgesamt weißt der erste Band des Vierteilers zwar ein paar kleine Schwächen in der Erzählung auf, aber die starken Szenen in der Handlung wecken die Hoffnung, dass sich “Durandal” noch steigern kann: Vielversprechend!
Eine Leseprobe findet man auf der Website des Splitter-Verlags.
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Diese Rezension erscheint auch bei Media Mania.
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