Rapunzel ist eine Computerhackerin. Ihre langen Haare verfangen sich gern mal in den Rollen ihres Bürostuhls. Sie ist einsam, hoffnungslos romantisch und unter der Dusche trällert sie Opern.
In Marissa Meyers aufregender Science Fiction-Märchenwelt ist sie auch nicht in einem Turm eingesperrt, sondern in einem Satelliten, der im Orbit des Mondes seine Bahnen zieht. Und in “Wie Sterne so golden“, dem dritten Teil von Meyers “Luna-Chroniken”, machen sich Aschenputtel und Rotkäppchen mit einem Raumschiff auf, sie zu retten.
Wie sehr ich Marissa Meyers clevere Adaption der klassischen Stoffe mag, ist inzwischen ja kein Geheimnis mehr. Sowohl “Wie Monde so silbern” als auch “Wie Blut so rot” mochte ich extrem gern, und deshalb war ich auf Band 3 mega gespannt. Zumal Cress – Meyers Rapunzel – mir in ihrem ersten kurzen Auftauchen in Band 1 schon sehr sympathisch war.
In “Wie Sterne so golden” stürzt sich die Autorin auch gleich mitten rein in die Handlung. Wir lernen Cress näher kennen, die – das erfahren wir jetzt – ihre Programmierfähigkeiten heimlich dazu nutzt, dass weder die Menschen der Erde noch die Lunarier die auf der Flucht befindliche Cinder orten können. Durch die langen Jahre in Einsamkeit scheu und verträumt und völlig weltfremd schwärmt sie für den gutaussehenden Carswell Thorne, jenen jungen Mann, mit dessen gestohlenem Raumschiff Cinder und Scarlet unterwegs sind. Als die Kontakt mit ihr aufnehmen und ihr anbieten, sie aus dem Satelliten zu befreien, schwebt Cress auf Wolke Sieben. Doch die Mission geht gewaltig schief. Kurz vor Cinder & Co. trifft Cress’ Wärterin Sybil ein. Sie bereitet dem nichtsahnenden Rettungstrupp ein unliebsames Willkommen …
Es ist erneut erstaunlich, wie scheinbar mühelos es Marissa Meyer gelingt, einen klassischen Märchenplot (hier: Rapunzel) sehr frei in eine SciFi-Geschichte zu adaptieren. Diverse klassische Momente des Originals baut sie, wenn auch stark verfremdet, in ihre Erzählung ein. Aber “Wie Sterne so golden” ist mehr als eine Rapunzel-Nacherzählung.
Denn etwas mehr als die Hälfte des Romans widmet sich stark der Vorantreibung des Bände-übergreifenden Plots um Cinders Versuch, Levana, die grausame Königin des Mondes, zu entmachten. Nach dem ersten Drittel des Buches trennen sich die Wege der Charaktere: Ein Charakter der Crew wird gar nach Luna verschleppt, wo er die Bekanntschaft mit Levanas Stieftochter, Prinzessin Winter (Schneewittchen) macht, die die Heldin des vierten und letzten Buches sein wird. Das, was wir in “Wie Monde so golden” von ihr sehen, macht höchst neugierig darauf, Winter näher kennenzulernen.
Cress und Carswell stranden derweil in der Wüste, und Cinder macht sich mit ihrem verbliebenen Trupp auf die Suche nach Doktor Erland, ihrem einzigen Verbündeten, der mehr über ihre eigene Herkunft und Vergangenheit weiß als sie selbst. Und sie sucht nach einem Weg, die ihres geliebten Prinzen Ki mit ihrer Erzfeindin zu verhindern, die in kürze stattfinden soll. Doch lohnt es sich dafür, ihr Versteckspiel aufzugeben?
Wie bereits bei den beiden Vorgängern erweist sich Vanida Karun als wunderbare Sprecherin für die Hörbuchversion dieser Saga. Sie hält die Waage zwischen märchenhaften Elementen und Science Fiction-Plot und findet für alle Charaktere wunderbare Stimmen, ohne es dabei zu übertreiben. Deshalb, und weil die Handlung sich so stark auf die übergeordnete Storyline um Levana und die Erbin von Luna konzentriert, macht “Wie Sterne so golden” so viel Spaß. Die Situation spitzt sich langsam zu und Cinder schaltet vom Flucht- in den Angriffsmodus.
Das dürfte spannend werden im sehnlich erwarteten Finale der “Luna Chroniken”. (Ich lehne mich mal nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich vermute, dass es auf Deutsch “Wie Schnee so weiß” heißen wird, oder was denkt ihr?) Bis es aber soweit ist, geht noch etwas Zeit ins Land. Der Roman soll erst im Herbst 2015 in den USA erscheinen. Die Wartezeit wird nur versüßt durch das für Januar 2015 angekündigte Prequel “Fairest – Levana’s Story”. Bleibt zu hoffen, dass dieses auch auf Deutsch erscheint!
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Zu einer Hörprobe: da entlang!
Meine Rezensionen zu den ersten beiden Bänden der Reihe: hier!
Ein Interview mit Marissa Meyer zu den “Luna Chroniken” findet ihr hier!